Nach China und noch viel weiter
Laura GansnerAurora Bitzis erste grosse Sportliebe war der Fussball. Doch nach sechs Jahren reichte es der damals 12-Jährigen mit dem «Tschutten». Dem Sport an sich wollte sie deshalb aber nicht den Rücken kehren. «Ich wollte mir etwas Neues suchen», erinnert sich die Roggwilerin. Wie es der Zufall wollte, wurde Bitzi im Arboner Sekundarschulzentrum Stacherholz in jene Klasse eingeteilt, in welcher die Mehrheit im Rahmen der Begabtenförderung die Thurgauer Sporttagesschule (TST) Handball absolvierten. «Ich dachte mir, das probiere ich auch mal aus.» Wie sich herausstellte, machte ihr Handball nicht nur Spass; sie war auch richtig gut darin. So gut, dass sie schlussendlich selbst die TST Handball absolvierte, unterdessen beim LC Brühl in der zweithöchsten Spielklasse im Schweizer Handball als Stammspielerin und in der höchsten Spielklasse im Ersatzkader antritt. In diesem Sommer wurde das Nachwuchstalent als Spielerin der Schweizer U18-Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft in China rekrutiert.
Hitzeschock und Kamerablitze
«Die ganze Erfahrung war aus mehreren Gründen sehr speziell für mich», berichtet Aurora Bitzi nach ihrer Rückkehr aus China. Einerseits stellte ihre Teilnahme an der U18 Handball Weltmeisterschaft für sie die erste an einem internationalen Wettbewerb dar. Besonders aufregend war es, dass sie ständig umgeben war von lauter Handball-Begeisterten, wie sie es selbst ist. Zwar hätten nicht alle gleich gut Englisch gesprochen, aber: «Über Handball zu sprechen funktionierte immer irgendwie, denn der Sport hat fast schon seine eigene Sprache.»
Andererseits wurde ihre Weltmeisterschafts-Teilnahme durch den Austragungsort China geprägt – spezifisch die Stadt Chuzhou im Osten des Landes, wo knapp mehr als 4 Millionen Menschen leben. «Es herrschte eine Hitze, die wir uns so nicht gewöhnt sind», erzählt Bitzi als erstes. Die Hallen seien zwar klimatisiert gewesen, doch sobald man aus dem Haus getreten sei, habe man getropft. Und wurde dabei auch noch fotografiert. «Egal, wo wir waren und ob wir gerade unsere Trainingsanzüge oder Freizeitkleider anhatten, ständig wurden Kameras auf uns gerichtet.» Eine befremdliche Erfahrung für die Nachwuchssportlerin, wie man der Art und Weise ihrer Erzählung anhört. Doch die Freude am Handball wurde dadurch nicht getrübt – wenn auch die Roggwilerin mit dem Endresultat der Schweizer Nationalmannschaft nicht ganz zufrieden ist.
Alles eine Frage des Teams
Die Handballerinnen der Schweizer U18-Nationalmannschaft spielten sich auf den 14. Platz von insgesamt 32. Damit erzielten sie das bisher beste Resultat in der Geschichte des U18-Nationalteams. Doch Aurora Bitzi ist überzeugt, dass eine bessere Platzierung erreichbar gewesen wäre. Schliesslich erzielte die Mannschaft zum Beispiel gegen das deutsche Nationalteam ein Unentschieden (25:25); die deutschen Handballerinnen spielten sich danach auf den 5. Platz in der Gesamtplatzierung. «Wir hätten auch unter den Top 10 sein können, wenn wir nicht bei ein paar entscheidenden Spielen gepatzt hätten.»
Bitzi selbst wird dieses Resultat für das Team der U18-Mannschaft jedoch nicht mehr erreichen können, da sie das zulässige Alter unterdessen überschritten hat. Ihre Hoffnung ist es, zukünftig für Spiele der U20-National-Mannschaft aufgeboten zu werden. «Und in der nächsten Saison beim LC Brühl für die 1. Mannschaft spielen zu dürfen.» In dieser Zeit wird sie voraussichtlich auch ihre Lehre als Polygrafin abschliessen. Zur Zeit befindet sie sich im 4. Lehrjahr. Dass sie beides – den Spitzensport und ihre Ausbildung – unter einen Hut bringt, verdankt sie auch der Unterstützung ihres Lehrbetriebs, betont Bitzi. «Wenn ich für Trainingslager oder ähnliches frei brauche, dann ist das nie ein Problem, solange die schulische und betriebliche Leistung stimmt.» Dass ihr Handball in absehbarer Zukunft verleiden könnte, ist aus keiner ihrer Antworten herauszuhören, im Gegenteil. Sie ist begeistert von der Geschwindigkeit der Sportart, dem Zusammenspiel in der Mannschaft und ihrem Team ganz grundsätzlich. «Der Zusammenhalt im Team gibt mir sehr viel, das macht die Freude am Sport umso grösser.»