1,1 Mio. für Mitspracherecht
Kim Berenice GeserEin Wohnhaus mit Gewerbeliegenschaft, ein Autounterstand und eine (noch) unbebaute Wiese, so präsentieren sich die beiden Parzellen, welche der Stadtrat über das Landkreditkonto erwerben möchte. Seine Kaufabsichten gab er letzte Woche in einer Mitteilung bekannt. Als Grund gab er an, den Standort so «zur Umsetzung seiner städtebaulichen Entwicklungsstrategie» sichern zu wollen. Angesichts der Tatsache, dass die beiden Grundstücke an der St. Gallerstrasse 31 und 33 eine gemeinsame Fläche von gerade mal 766 Quadratmetern aufweisen, lässt diese Begründung aufhorchen. Welche städtebauliche Entwicklung will der Stadtrat auf diesem verhältnismässig kleinen Grundstück realisieren? Auch der publizierte Kaufpreis sticht ins Auge und führt bereits zu Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Laut den Bodenpreis-Basisdaten 2024 des Kanton Thurgaus bestehen in Arbon für die Wohn- und Gewerbezone (in dieser befinden sich die beiden Parzellen) Richtwerte von minimal 675 bis maximal 833 Franken pro Quadratmeter. Die beiden Parzellen sollen jedoch für 1,1 Mio. Franken erworben werden. Dies entspricht einem Quadratmeterpreis von 1436 Franken. Wie begründet der Stadtrat diese markante Preisdifferenz? Und ist ein Kauf über das Landkreditkonto in diesem Fall überhaupt gerechtfertigt? Dem entsprechenden Reglement ist nämlich zu entnehmen, dass der Preis für Grundstücke sich nach den Preisen zu richten hat, «die unter ähnlichen Bedingungen in vergleichbarer Lage üblicherweise bezahlt werden».
Preis entspricht TKB-Schätzungen
Mit diesen Fragen konfrontiert, äussert sich Stadtpräsident René Walther zuerst zu den Kosten: «Der Vergleich mit den Bodenpreis-Basisdaten ist nicht ganz korrekt.» Dies deshalb, weil eine der beiden Parzellen bereits bebaut sei. Entsprechend erhöhe sich der Quadratmeterpreis. Die nun veranschlagte Kaufsumme entspreche überdies den Schätzungen des Grundstücks durch die Thurgauer Kantonalbank. Und auch das Kaufangebot eines Mitbieters sei ähnlich hoch ausgefallen. Man bewege sich also in der aktuell marktüblichen Preislage und bezahle nicht zu viel für dieses Grundstück. Dass die Stadt vor einem Jahr in die Kaufverhandlungen mit der heutigen Besitzerin, einer Erbengemeinschaft, eingestiegen sei, hänge unter anderem mit der geplanten Sanierung der St. Gallerstrasse zusammen, erläutert Walther.
Offiziell noch wenig Konkretes
Der Kanton Thurgau plant in den kommenden Jahren die vollständige Sanierung der St. Gallerstrasse. Ein erster Streckenabschnitt auf dem Roggwiler Gemeindegebiet wurde bereits umgesetzt. Diejenigen auf Arboner Boden sind noch in Planung. Eine entsprechende Botschaft soll demnächst in den Stadtrat und im Anschluss vors Parlament, wie René Walther mitteilt. «Im Zuge dieser Sanierung ist davon auszugehen, dass sämtliche seitlichen Parkiermöglichkeiten als erstes Defizit des Verkehrssicherheits-Konzeptes aufgehoben werden», führt er aus. Dies hätte direkte Auswirkungen auf das lokale Gewerbe entlang der St. Gallerstrasse, fallen damit doch auch die Parkplätze für die Kundschaft weg. Da es sich bei der St. Gallerstrasse um eine Kantonsstrasse handelt, habe der Stadtrat in dieser Sache kaum ein Mitspracherecht, so der Stadtpräsident. «Um Zeit zu gewinnen und uns mögliche Optionen offen zu halten, streben wir deshalb den Kauf dieser beiden Parzellen an.» Wie diese Optionen konkret aussehen könnten, dazu ist wenig in Erfahrung zu bringen. Denn ob und in welcher Form dort für einen Ersatz der wegfallenden Parkplätze gesorgt wird, dazu will sich Walther zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht äussern. Auch ob die Stadt selbst ein Projekt in Auftrag geben wird oder die Parzellen unter entsprechenden Auflagen weiterverkauft, ist noch nicht definiert. Walther hält jedoch fest, dass es das Ziel sei, mit diesem Kauf das Gewerbe zu unterstützen und im Optimalfall die Parkplatzsituation zu entschärfen. «Wichtig ist, dass wir bestimmen können, was dort künftig entsteht.»