zum Inhalt springen

·

Zur Artikelübersicht

270 Kinder an 130 Brettern

Dieses Wochenende wird Freidorf zur Schach-Hochburg. Wer jetzt aber russische Schachweltmeister erwartet, ist falsch gewickelt.

Kim Berenice Geser

270 Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 16 Jahren werden sich ab heute Freitag drei Tage lang in der Mehrzweckhalle Freidorf in einer der komplexesten Sportarten der Welt messen. Das Ziel des Qualifikationsturniers: sich einen Platz an den Schweizer Jugend-Einzelmeisterschaften im Schach 2024 zu sichern. Teilnehmen werden Kinder und Jugendliche aus der ganzen Schweiz. Ausgetragen wird der Anlass vom Schachklub St. Gallen. Dieser hat in den letzten drei Jahren intensiv in die Nachwuchsförderung investiert und will mit dem Qualifikationsturnier nun einen ersten Meilenstein in diesem Engagement setzen. «Wir haben durchaus ein paar Mitglieder dabei, von denen wir uns eine Qualifikation erhoffen», verrät Dimitri Kindle. Der 34-Jährige ist seit drei Jahren Präsident des Vereins und spielt selbst seit seiner Kindheit Schach. Dass die Sportart zurzeit wieder einen deutlichen Aufschwung erlebt, führt er auf mehrere Faktoren zurück. Die Pandemie habe einen wesentlichen Beitrag geleistet. «Man war mehr zuhause und hat das Spielen wieder für sich entdeckt.» Auch die Netflixserie «Queens Gambit», in welcher die Protagonistin Beth Harmon sich in Schachkreisen ganz nach oben an die Spitze spielt, habe zu einem regelrechten Boom geführt. Und nicht zuletzt tragen die Digitalisierung und die Online-Spielmöglichkeiten zum Hoch bei.

Alter und Glück spielen keine Rolle

Trotz oder gerade wegen seiner Komplexität – bereits nach einem ersten Zug können 400 verschiedene Stellungen entstehen – ist Schach Kindles Ansicht nach das ideale Spiel für Kinder. «Es hat so viele verschiedene Komponenten. Die Kinder lernen neben Gewinnen und Verlieren noch so viel mehr.» Dazu gehöre beispielsweise das Träumen. «Du musst deine Vision erträumen, wissen, wo du hin willst, aber auch antizipieren können, wovon dein Gegner träumt.» Dann ist da die bereits angesprochene mathematische Komponente, in denen Spieler mögliche Varianten berechnen. Und zum Schluss braucht es eine Prise Fleiss. «Wer gut werden will, muss seine Spiele analysieren und Eröffnungs- sowie Endspieltheorie studieren.» Das Alter spiele dabei überhaupt keine Rolle. Ebensowenig wie Glück. «Das ist nicht wie im Poker, wo neben dem Können auch gute Karten eine Rolle spielen. Im Schach liegen sämtliche Informationen beiden Spielenden jederzeit offen.»

Auch hier wird geschummelt

Die 270 Kinder und Jugendlichen werden in Freidorf an mehr als 130 Schachbrettern Partien im Rapid-Schach (Partien à 10 bis maximal 30 Minuten) und solchen im Standard absolvieren. Den Gewinnenden in den Kategorien U14 und U16 winken, nebst der Aussicht auf eine Meisterschaftsqualifikation, Preisgelder bis zu 150 Franken. Zuschauer sind während der Spiele nicht erlaubt. «Auch die Eltern erhalten keinen Zugang zur Halle während der Spiele», führt Dimitri Kindle aus. Dies einerseits wegen dem mangelnden Platz, aber vor allem auch, um schummeln zu vermeiden. «Das viel grössere Problem in diesem Fall sind aber nicht die Eltern sondern das Handy», weiss Kindle. Solche sind am Turnier nicht zugelassen und im Verdachtsfall können Stichproben mit Bodyscannern durchgeführt werden. «Ich gehe aber nicht davon aus, dass wir davon Gebrauch machen müssen.» Wer dennoch Schachluft schnuppern will, kann dies das ganze Wochenende über im Festzelt tun. «Dort hat es auch genügend Schachbretter, um selbst zu spielen oder Partien zu analysieren und zu fachsimpeln», sagt Kindle augenzwinkernd.

Anzeigen