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Die dümmliche Mehrheit

Wenn sich SP und Grüne auf eine Seite mit der SVP schlagen, muss im Parlament ein Geschäft mit Sprengkraft diskutiert werden. So geschehen am Dienstag, als sich an der Bildung einer neuen Kommission die Geister schieden: Die einen halten sie für das Mittel zur Effizienzsteigerung, die andern für eine Infiltration der Legislative.

Kim Berenice Geser

Begonnen hat alles damit, dass das Parlamentsbüro die Bildung einer ständigen parlamentarischen Kommission «Raumplanung» beantragt hat. Eine solche sei nötig angesichts der anstehenden grossen Infrastrukturprojekte der kommenden Jahre, lautet die Begründung. Denn: Raumplanung ist ein komplexes Gebiet, das Fachwissen aus diversen Disziplinen erfordert, um eine fundierte politische Meinungsbildung zu ermöglichen. Um diesen Prozess zu beschleunigen und so «eine effiziente und effektive Zielerreichung und Umsetzung der Projekte» zu gewährleisten, will der Stadtrat das Parlament mittels neuer Kommission frühzeitig in Raumplanungs-Prozesse einbeziehen. Diese soll sich das nötige Basiswissen erarbeiten, um künftig sämtliche raumplanerischen Geschäfte, welche in die Kompetenz des Parlaments fallen, vorberaten zu können und als Schnittstelle zwischen Stadtrat und Fraktionen agieren. Ein Vorgehen, das unweigerlich die Frage aufwirft, ob der Stadtrat hier unter dem Deckmantel der Effizienzsteigerung plant, Einfluss auf das Parlament zu nehmen. 

Der lange Arm des Stadtrates

Diese Befürchtung teilten am Dienstag auch die Fraktionen Mitte/EVP und FDP/XMV. Auf den ersten Blick klängen die Argumente schlüssig, so Mischa Vonlanthen (Die Mitte). Auf den zweiten hingegen wirke es eher, als solle diese Kommission als verlängerter Arm des Stadtrates fungieren, um dessen Meinungen im Parlament «vorzuspuren» und die Diskussionen kurz zu halten.

«Wir sind doch nicht so leichtgläubig und lassen uns instrumentalisieren.»
Linda Heller

Silke Sutter Heer (FDP) blies im Namen ihrer Fraktion ins selbe Horn und warnte vor einer Infiltrierung der Legislative. Die Raumplanungs-Kommission sei nichts anderes, als neun Personen, die gebrieft vom Stadtrat ihren Parteien dessen Meinung einflössen würden. «Wir sind 30 Mitglieder, wir alle müssen wissen, worüber wir abstimmen», rief sie der Versammlung in Erinnerung und stellte die Frage in den Raum, ob denn der Rest des Parlaments künftig «die dümmliche Mehrheit» sei, wenn man nur neun von ihnen in Sachen Raumplanung ausbilde. In den beiden Fraktionen herrschte Einigkeit: Eine solche Kommission braucht es nicht. Der frühzeitige Einbezug der Legislative sei auch mit anderen Mitteln möglich. 

Wer ist hier so leichtgläubig?

Ganz anders tönte es von Seiten der SVP und der Fraktion SP/Grüne. Michael Zwahlen (SP) führt im Namen seiner Fraktion ins Feld, dass eine solche ständige Raumplanungs-Kommission längerfristig Ressourcen einspare, weil sich nicht mehr anlässlich jedes raumplanerischen Geschäfts eine neue vorberatende Kommission einzuarbeiten habe, sondern das Know-how und die Zusammenhänge bereits vorhanden und bekannt seien. Zur Befürchtung einer Einflussnahme durch den Stadtrat fügte Parteikollegin Linda Heller an: «Wir sind doch nicht so leichtgläubig und lassen uns instrumentalisieren.» Auch für eine Mehrheit der SVP war das Argument der Effizienz ausschlaggebend. Unter diesem Aspekt brachte sie auch den Antrag vor, die Kommission von neun auf fünf Personen zu beschränken, dem die Parlamentsmitglieder in der Folge zustimmten. Koni Brühwiler (SVP) forderte zudem, dass Sinn und Zweck der neuen Kommission alle vier Jahre periodisch zu prüfen seien und Geschäfte, die eine Volksabstimmung nach sich ziehen, sollten auch künftig von einer separaten Kommission geprüft werden. Nach einer hitzigen Debatte und der Beteuerung des Stadtpräsidenten, die Absichten in dieser Sache seien «hoch ehrenhaft», kam es zur Abstimmung: Mit 14 Ja- zu 12 Nein-Stimmen wurde die Bildung der Kommission angenommen. Pikant: Hätten die zwei absenten Mitglieder der FDP und der Mitte an der Sitzung teilgenommen, hätte das Resultat ein anderes sein können.

Protokoll der Sitzung des Stadtparlaments

An seiner 14. Sitzung der Legislatur 2023-2027 vom 10. Dezember hat das Arboner Stadtparlament folgende Traktanden behandelt:

Mitteilungen aus dem Parlamentsbüro
Reto Neuber, Die Mitte, hat seinen Rücktritt aus dem Stadtparlament per Ende Dezember 2024 bekanntgegeben.
Das Protokoll der 12. Parlamentssitzung dieser Legislatur ist genehmigt und online einsehbar. Das Protokoll der 13. Sitzung dieser Legislatur wird bis zur Parlamentssitzung vom 21. Januar 2025 genehmigt.
Die einfache Anfrage «Public Wlan» von Lukas Auer, SP, Reto Neuber, Die Mitte, und Reto Gmür, BFA, wurde mit dem Versand zur Sitzung beantwortet. Die einfache Anfrage gilt somit als erledigt.

Strategische Planung Stadt Arbon, Antrag zur Bildung einer ständigen parlamentarischen Raumplanungskommission
Das Stadtparlament stimmte nach Abänderung der Mitgliederanzahl dem Antrag des Büros zur Bildung einer ständigen parlamentarischen Raumplanungskommission, bestehend aus neu fünf Mitgliedern, und der Aufnahme in das Geschäftsreglement mit 14 Ja- zu 12 Nein- Stimmen und 1 Enthaltung zu.

Motion «Angemessene Sitzungsgelder für Parlamentsmitglieder» von Felix Heller, SP
Der Vorstoss wurde vom Stadtrat fristgerecht beantwortet. Nach der Begründung durch den stellvertretenden Motionär und anschliessenden Wortmeldungen aus den Fraktionen wurde die Motion mit 20 Ja-Stimmen zu 6 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung für erheblich erklärt. Die Motion wird auf Antrag des Parlaments an eine Kommission überwiesen.

Ergänzungswahlen Mitglieder Wahlbüro, Restlegislatur 2023–2027
Michelle Gygli hat den Rücktritt aus dem Wahlbüro eingereicht. Yvonne Cadisch wurde einstimmig als Nachfolgerin gewählt. Lisanne Meier hat den Rücktritt aus dem Wahlbüro eingereicht. Roberto Tomaselli wurde einstimmig als Nachfolger gewählt.

Informationen aus dem Stadtrat
Stadträtin Sandra Eichbaum informierte über eine neu getroffene Vereinbarung mit der Gemeinde Roggwil betreffend Aufteilung der Gesamtkosten für die Führung von Kindes- und Erwachsenenschutzmandaten. Ab 2026 erfolgt die Kostenaufteilung unter Berücksichtigung der Mandatszahlen.

Verabschiedungen
Folgende Parlaments- bzw. Stadtratsmitglieder wurden verabschiedet: Linda Heller, SP/Grüne, Parlamentsmitglied von 1. Juni 2019 bis 31. Dezember 2024 Reto Neuber, Die Mitte/EVP, Parlamentsmitglied von 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2024 Sandra Eichbaum, XMV, Mitglied Stadtrat von 1. Juni 2023 bis 31. Dezember 2024

Medienstelle Arbon

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