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«Enttäuscht von Kommunikation»

Die Gemeinde Berg spricht bezüglich der alten Käserei von einer «tickenden Zeitbombe», die sie gerne verkaufen würden. An einer Informationsveranstaltung vergangenen Montagabend versuchte der Gemeinderat die Bevölkerung von seinem Vorhaben zu überzeugen. Dabei schlug ihm mehr Kritik als Zustimmung entgegen.

Laura Gansner

Sie seien heute Abend alle wegen der Demokratie hier, begrüsst der Berger Gemeindepräsident Peter Imthurn vergangenen Montagabend rund 60 Berger Bürgerinnen und Bürger in der Turnhalle des Schulhauses Brühl. Genau genommen haben sie sich hier versammelt, weil die Berger Bevölkerung dem Verkauf der Liegenschaft Käsereistrasse 5 mit einem fakultativen Referendum vorerst Einhalt geboten hat. Dieses wurde im Mai mit 90 gültigen Stimmen – 62 waren für das Zustandekommen des Referendums notwendig – auf der Berger Gemeinde eingereicht. Dies sei auch das gute Recht der Bügerinnen und Bürger, und deshalb «absolut korrekt», betont Imthurn, und fährt fort, über die «weitreichenden Konsequenzen» aufzuklären, würde der Verkauf nicht wie geplant zustande kommen. Geplant heisst: Bei einer Annahme der aus dem Referendum resultierenden Volksabstimmung wird die Liegenschaft Käsereistrasse 5 für 1,05 Mio. Franken an die Bauline GmbH verkauft. Lehnt die Berger Bevölkerung die Vorlage ab, müsste laut Gemeinderat die gemeindeeigene Liegenschaft innerhalb der nächsten zwei Jahre entweder im grossen Stil saniert oder abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Zwei Optionen, von denen der Gemeinderat abrät.

Flüchtlingsfamilie müsste gehen

Unter dem Strich wären sowohl Sanierung wie auch Neubau für die Gemeindekasse eine Belastung, erklärt Gemeinderatsmitglied Cyrill Meier. Bei der Diskussionseröffnung an der Informationsveranstaltung wird aber schnell klar, dass es den Gegnern des Verkaufs nicht in erster Linie um die Finanzen geht. Viel eher scheint es so, dass mit dem ergriffenen Referendum einem Frust Luft gemacht wird, der scheinbar von den Behördemitgliedern bisher nicht genügend gehört wurde. Dieser betrifft in erster Linie den Umgang mit den zwei Parteien, welche zur Zeit noch in der Käsereistrasse 5 wohnen. Dies ist unter anderem eine Flüchtlingsfamilie, die bei einem Verkauf – wie aber auch bei einer Sanierung oder einem Neubau durch die Gemeinde – in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren aus der Wohnung ausquartiert würde. Da es in Berg keine optimale Wohnfläche gäbe, würde die Familie extern platziert werden, so Gemeinderat Cyrill Meier. «Dieser Umgang mit den Asylsuchenden wie mit einer Schiebemasse mag mich», merkt eine Bürgerin an. Aber nicht nur diese Familie ist von den Plänen der Gemeinde betroffen.

Rund 60 Bergerinnen und Berger kamen zur Informationsveranstaltung.
Rund 60 Bergerinnen und Berger kamen zur Informationsveranstaltung. l
© Laura Gansner

Vorgehen der Gemeinde in Kritik

Auch die Familie von Adrian Feuerle müsste ihre Wohnung in der Käsereistrasse 5 nach 16 Jahren räumen. Feuerle selbst meldet sich aus dem Publikum und gibt sich als einer der Initianten des Referendums zu erkennen. Er stellt die Frage in den Raum, weshalb es nötig sei, dass die Mieter bei einer Sanierung ausziehen müssten. «Das haben wir aufgrund der Faktenlage entschieden», begründet Cyrill Meier. Die Sanierung betreffe vor allem aber eben nicht nur die gesamte Gebäudehülle und würde die Liegenschaft für eine rund sechsmonatige Bauphase unbewohnbar machen. Feuerle kritisiert, dass dies jetzt so Knall auf Fall geschehen müsse, schliesslich habe die Gemeinde seit er in der alten Käserei wohne kaum etwas in das Gebäude investiert. Meier begründet das Vorgehen der Gemeinde mit dem revidierten Energiegesetz von 2021, welches eine umfassende Sanierung überhaupt erst nötig mache. Zur Zeit befände sich nämlich noch eine Ölheizung aus dem Jahr 1986 in der Käsereistrasse. «Da hoffen wir jedes Jahr, dass sie im Herbst noch anspringt», meint Meier. Täte sie dies nicht mehr, müsste diese zwingendermassen ersetzt werden. «Am Ende bin ich vor allem enttäuscht von der Kommunikation seitens der Gemeinde», fasst Feuerle seinen Standpunkt zusammen. Dieser Kritik der verspäteten und «ungeschickten» Kommunikation der Gemeinde stimmen mehrere der über 20 Wortmeldungen an der Informationsveranstaltung bei. Ob dies das Aus für den Verkauf der Käsereistrasse zur Folge hat, wird sich an der Volksabstimmung am 22. Oktober zeigen, wenn die Vorlage vor die Berger Bevölkerung kommt.

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