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Gegen das Vergessen

Demenz ist eine belastende Diagnose, die sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen einiges abverlangt. Das «Café Vergissmeinnicht» in Arbon will dem entgegenwirken und monatlich einen Ort des Austausches und des gemütlichen Beisammenseins bieten.

Kim Berenice Geser

Bereits von draussen hört man den Gesang, der aus dem «Posthofkafi» auf die Strasse dringt. Im Inneren sitzt eine kleine Gruppe von acht Personen um einen herbstlich dekorierten Tisch und singt ein französisches Lied. Stolpert jemand über den Text, wird gelacht und weiter musiziert. Es ist eine aufgestellte Runde. Dieses Beisammensein in einem ungezwungenen Rahmen ist genau das, was das «Café Vergissmeinnicht» bezweckt. Das Angebot der Stiftung Alzheimer Thurgau richtet sich gezielt an Betroffene und ihre Angehörigen. «Demenz ist eine Krankheit, die Betroffenen aber vor allem auch ihre Angehörigen oft überfordert», erklärt Maria Jutz. Sie arbeitet auf der Demenzstation des Alters- und Pflegeheims Sonnhalden und hat das Angebot in Arbon ins Leben gerufen. «Demente Menschen brauchen intensive Betreuung.» Da bleibe den Angehörigen oft keine Zeit mehr für die eigenen Bedürfnisse. «Bei uns sollen sie für einmal die Verantwortung abgeben und sich austauschen können, während wir uns um die Betroffenen kümmern», erklärt Jutz. Drei bis vier Betreuungspersonen stehen pro «Café» zur Verfügung. Gemeinsam wird geplaudert, gesungen, gerätselt und in Erinnerungen geschwelgt.

Maria Jutz (mit Gitarre) musiziert gelegentlich mit den Besuchenden des «Café Vergissmeinnicht» – zum Spass und um das Gedächtnis zu trainieren.
Maria Jutz (mit Gitarre) musiziert gelegentlich mit den Besuchenden des «Café Vergissmeinnicht» – zum Spass und um das Gedächtnis zu trainieren.
© Kim Berenice Geser

Weiterhin Kontakte pflegen

«Ich bin sehr froh, dass es dieses Angebot gibt», sagt eine der Betroffenen. Es sei einer der wenigen Orte, an denen sie noch in sicherem Rahmen soziale Kontakte pflegen könne. Am Tisch wird zustimmend genickt. «Menschen mit Demenz können im Laufe der Erkrankung ungewohntes Verhalten entwickeln, sie werden beispielsweise ängstlich, apathisch oder reizbar», erklärt Jutz. Das könne zu unangenehmen Begegnungen in der Öffentlichkeit führen. Das schleichende Vergessen und die damit einhergehenden Symptome wie Orientierungsschwierigkeiten, Sprachschwierigkeiten oder eben Verhaltensauffälligkeiten habe deshalb oft soziale Isolation zur Folge. «Hier im geschützten Umfeld können sich alle Beteiligten entspannen.» Und auch einmal über etwas anderes als die Krankheit sprechen, fügt eine zweite Betroffene an, denn dies sei ein Buch mit nur zwei Kapiteln. Jutz stimmt zu: «Die Diagnose Demenz wirkt im ersten Moment wie ein Schreckgespenst.» Darum sei es umso wichtiger, weiterhin soziale Kontakte zu pflegen. «Denn auch Menschen mit Demenz sind viel mehr als nur ihre Krankheit.»

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