«Ich konnte das Zuhören bereits üben»
Kim Berenice GeserRené Walther, was sind Ihre Ziele für das kommende Amtsjahr?
Für einen effizienten und effektiven Ratsbetrieb zu sorgen und Aufmerksamkeit für Arbon und den Oberthurgau generieren.
Wie gedenken Sie letzteres zu bewerkstelligen?
Hierfür gibt es diverse Gelegenheiten. Als Präsident des Grossen Rates bin ich dafür verantwortlich, die Sitzungen des Büros zu organisieren; dazu gehören auch die Durchführungsorte. Unter meinem Vorgänger Peter Bühler waren wir bei diversen lokalen Medien zu Gast. Ich habe mich für den Besuch der verschiedenen Phytopharma-Firmen in der Region entschieden. Gerade der Oberthurgau ist in diesem Wirtschaftssektor überdurchschnittlich vertreten. Mit den Büro-Besuchen will ich den Fokus darauf rücken und diese Firmen auch Ratsmitgliedern aus anderen Regionen vorstellen. Und natürlich werde ich mich dafür einsetzen, dass Anlässe und Events wenn immer möglich in Arbon stattfinden.
Ein erster solcher Anlass war Ihre Wahlfeier, die auch Kosten verursacht hat. Wer bezahlt diese?
Der Kanton und die Stadt Arbon. Wie hoch die Ausgaben genau sind, kann ich heute noch nicht sagen. Ich würde aber behaupten, einmal alle 30 Jahre darf sich Arbon das leisten. Zumal ein Ratspräsidium positive Nebeneffekte für die gesamte Region hat. So ist es beispielsweise Usus, dass diverse Verbände und Institutionen ihre Versammlungen jeweils dort abhalten, wo der Grossratspräsident herkommt. Die Konferenz der Thurgauer Sportverbände ist eine solche. Diese Anlässe locken folglich zahlreiche Menschen in die Region und steigern die Wertschöpfung vor Ort.
Beim Präsidium handelt es sich nicht um ein Einzelamt, sondern um Teamwork.
Nebst dem Ratsbetrieb stehen Ihnen diverse repräsentative Aufgaben bevor. Wie bringen Sie all dies mit Ihrem Amt als Stadtpräsident unter einen Hut?
Das wird kein Problem sein. Faktisch handelt es sich hier um 18 zusätzliche Sitzungen im Jahr und einen Aufwand von total 50 bis 60 Stunden. Pro Monat sind das also rund fünf Stunden Mehraufwand. Dass dieser zu bewerkstelligen ist, habe ich bereits im vergangenen Jahr als Vize-Präsident bewiesen. Und an vielen Anlässen, die ich als Ratspräsident besuchen werde, nehme ich bereits jetzt als Stadtpräsident teil. Folglich wird auch der repräsentative Teil nicht viel schwerer ins Gewicht fallen als bisher. Zumal oft vergessen geht, dass man diese Aufgaben auch steuern kann.
Inwiefern?
Beim Präsidium handelt es sich nicht um ein Einzelamt, sondern um Teamwork. Ich habe einen Vize, einen Ratsschreiber und ein ganzes Büro, das mir zur Seite steht. So lassen sich die Aufgaben gut auf- und die Termine einteilen.
Sie sehen also keinen Zielkonflikt in der Ausübung beider Ämter?
Nein. Ich erachte diese Aufgabe als Anerkennung meines langjährigen politischen Wirkens. In dieser Position bin ich heute allerdings nur, weil mir die Wählerinnen und Wähler des Bezirks Arbon das Vertrauen geschenkt und mich wieder in den Grossen Rat gewählt haben. Für einen Neuling in der Region ist das keine Selbstverständlichkeit. Ich vertrete deshalb mit Stolz den Bezirk Arbon und den Thurgau, aber meine Priorität gilt weiterhin der Stadt Arbon. Weshalb ich beispielsweise bereits vor eineinhalb Jahren im Hinblick auf diese Wahl das Präsidium des Verbands der Thurgauer Gemeinden abgegeben habe, um genügend Ressourcen zur Verfügung zu haben.

Während Ihres Amtsjahres dürfen Sie im Grossen Rat politisch nicht aktiv sein, sprich keine Vorstösse oder Voten machen. Wird Ihnen das Stillsitzen schwerfallen?
Nein, ich konnte im vergangenen Jahr als Vize das Zuhören ja bereits üben (schmunzelt). In einer solchen Funktion ist das Rollenverständnis wichtig und ich bin mir meiner Rolle durchaus bewusst.
Ihr Vorgänger Peter Bühler hatte ein anspruchsvolles Amtsjahr mit dem Tod von Regierungsrätin Sonja Wiesmann und der Mammutsitzung zum Budget 2024. Was nehmen Sie aus dieser Zeit in Ihre Amtsperiode mit?
Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe. Doch im letzten Jahr durfte ich lernen, wie gut organisiert der Ratsbetrieb ist. Ich habe es eben schon gesagt: Hier steckt ein grossartiges Team dahinter, das wirklich gut zusammenarbeitet. Dieser engen Zusammenarbeit hinter den Kulissen war ich mir auch nach all den Jahren im Grossen Rat nicht bewusst. Ich weiss deshalb, dass sich selbst Sitzungen, an denen der Puls höher schlagen wird, gemeinsam mit dem Büro und der Staatskanzlei stemmen lassen.
Apropos hoher Pulsschlag: Peter Bühler sprach nach der Budgetsitzung von einem Auseinanderdriften von Exekutive und Legislative. Nehmen Sie das auch so wahr?
Im Kanton Thurgau herrschte jahrelang Schönwetterlage. Dass wir unter den aktuell schwierigen wirtschaftlichen Voraussetzungen jetzt wieder eine Streitkultur entwickeln müssen, ist klar. Ich empfinde das Verhältnis zwischen dem Regierungsrat und dem Grossen Rat dennoch nicht als schlecht. Allerdings erfordert die momentane Situation mehr Kommunikation und Achtsamkeit, denn es werden weiterhin schwierige Zeiten auf uns zukommen. Unser aller Fokus sollte dabei das Beste für den Kanton und die Bevölkerung sein.
Zum Schluss: Der Grossratspräsident darf traditionsgemäss aussuchen, welches Mitbringsel er bei Anlässen oder Einladungen verschenkt. Wofür haben Sie sich entschieden?
Für eine Geschenkbox mit den süssen «Arboner Knusperli» aus dem «Natürli», einem Getränk von «Möhl», Honig vom Imker Rudolf Feuerle und Kaffee von «Blum».
Die Bilder der Wahlfeier vom Mittwoch, 21. Mai, gibt es hier.