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«In Arbon wäre mehr nötig»

Nach welchen Kriterien die Stadt Arbon Arbeiten vergibt, sorgt unter Parlamentsmitgliedern regelmässig für Diskussionsbedarf. Jüngst griff eine Einfache Anfrage die Thematik wieder auf. Die Antwort des Stadtrates sorgt bei den Vorstössern für Unmut.

Kim Berenice Geser

Das Thema lässt ihnen keine Ruhe. Es war bereits die zweite Einfache Anfrage die Fabio Telatin und Lukas Auer (beide SP) bezüglich Ausschreibung und Vergabe von Arbeiten beim Stadtrat einreichten. Die erste bereits im Februar 2020, die zweite nun im November 2023. Dazwischen hatte Auer im Juni 2021 zusammen mit Mitunterzeichnenden aller Fraktionen eine Interpellation zur selben Thematik eingereicht. Die Absicht hinter den Vorstössen ist dieselbe: Die Parlamentarier fordern mehr Transparenz bei der städtischen Vergabe von Arbeiten. Konkret wollten die beiden Parlamentarier in ihrer jüngsten Anfrage wissen: wie der Ablauf und die Anforderungen für eine Offerte bei einem städtischen Auftrag sind; nach welchen Kriterien eine Vergabe erfolgt und ob der Stadtrat einen Kriterienkatalog erstellen und veröffentlichen wird, für Firmen, die bei der Stadt offerieren wollen.

Preis macht 60 Prozent aus

Die Antwort des Stadtrates beginnt gleich, wie jene auf die Einfache Anfrage von 2020: «Die Stadt Arbon unterliegt der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB).» Mit diesem werde das Verfahren zur Vergabe von öffentlichen Liefer-, Dienstleistungsund Bauaufträgen geregelt und transparent gestaltet. Und weiter: «Die Auftragsvergabe stützt sich hierbei auf die drei Prinzipien, Gleichbehandlung aller Anbieter, Verfahrenstransparenz und Rechtsmittel gegen Entscheide in Bezug auf das Ausschreibungs- und Zuschlagsprozedere.» Bezüglich der erfragten Vergabekriterien – Telatin und Auer listen hier unter anderem Kosten, Referenzen, GAV-Verstösse und Anzahl Lernende auf – gibt der Stadtrat an, dass diese unter anderem projektabhängig seien. Darüber hinaus verweist er auf die «ständige Liste» des Departements für Bau und Umwelt (DBU) des Kantons, auf die im Thurgau bezüglich Eignungskriterien zurückgegriffen wird. Wie der Webseite des DBU zu entnehmen ist, sind darin «qualifizierte Anbieterinnen und Anbieter des Bauhauptund Baunebengewerbes sowie von Dienstleistungen, die dem Baugewerbe nahe stehen» aufgeführt. Und es gilt: Auftraggebende sind bei der Vergabe von Bauleistungen im Einladungsverfahren sowie im selektiven oder offenen Verfahren verpflichtet, von den Anbietenden einen Nachweis über einen gültigen Eintrag in der «ständigen Liste» zu verlangen. Im Einladungsverfahren für beispielsweise einen Auftrag im Bauhauptgewerbe ist dies ab einer Summe von 300 000 Franken der Fall, im selektiven oder offenen Verfahren ab einer Summe von 500 000 Franken. Am Beispiel eines grösseren Tiefbauprojekts listet der Stadtrat in seiner Antwort folgende Zuschlagskriterien inkl. Gewichtung auf: Angebotspreis (60%), Qualität/Erfahrung (20%), Termine (15%) und Nachhaltigkeit (5%, davon 2% für Lernende). Dieses Beispiel wird jedoch sogleich relativiert, als es im nächsten Abschnitt der Antwort heisst: «Je nach Grösse und Art des Projekts muss die Gewichtung der einzelnen Zuschlagskriterien hinterfragt und wenn notwendig angepasst werden.» Diese Aussage lässt vor allem deshalb aufhorchen, weil eine Vielzahl der städtischen Aufträge die Schwellenwerte für Einladungs- und offene Verfahren nicht erreichen, also im freihändigen Verfahren ohne Ausschreibung vergeben werden können. Ist die Transparenz dann noch gewährleistet?

«Die Stadt muss ihre Vergabekriterien unbedingt offenlegen.»
Lukas Auer

Zu wenig transparent

Fragt man Auer und Telatin lautet die Antwort: Nein. «Der Stadtrat versteckt sich hinter den kantonalen Vorgaben», so Telatins Aussage. Dabei seien diese, wie im Falle der «ständigen Liste», je nach Vergabesumme nicht immer verbindlich. Ein eigener Kriterienkatalog sei deshalb unabdingbar. «In einer Stadt wie Arbon wäre mehr nötig.» Das sieht auch Auer so: «Die Stadt muss ihre Vergabekriterien unbedingt offenlegen.» Für den Gewerkschafter wäre ein städtischer Kriterienkatalog auch ein wichtiges Instrument, um sicherzustellen, dass die Stadt nur Unternehmen berücksichtigt, die ihre sozialen und finanziellen Verpflichtungen erfüllen. Die beiden Parlamentarier prüfen nun eine Motion. Für Stadtpräsident René Walther der falsche Schritt. Die rechtlichen Vorgaben auf kantonaler Ebene seien ausreichend, um ein transparentes Vergabeverfahren zu sichern. Er merkt zudem an, dass noch mehr Regulation den Verwaltungsaufwand zusätzlich vergrössern würde. Darüber hinaus gälte es zu beachten, dass vor allem auch die projektspezifischen Zuschlagskriterien einen standardisierten Katalog kaum möglich machen würden. «Absolute Transparenz und Fairness zu erreichen, ist nicht immer einfach», so sein Fazit.

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