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Keine ruhige Kugel schieben

Der Boccia Club Arbon will sein Überleben sichern – mit Pizza, PV-Anlagen und einem Schnupperkurs.

Laura Gansner

Zigarrenrauch weht einem beim Betreten der Veranda des Boccia Clubs Arbon entgegen, vermischt mit Stimmengewirr, welches sich hebt und senkt, je nach dem, welche Karten beim Nachmittags-Jass auf den Tisch gelegt werden. Mario Bonetti setzt sich einen Tisch neben die Männergruppe und spienzelt zu ihnen hinüber: «Manchmal geht es bei uns ein wenig laut zu und her.» Nicht nur, wenn sich die Vereinsmitglieder für einen Jass zusammensetzen, sondern auch in der Boccia Halle selbst, verrät der Vereinssekretär: «Das Spiel ist schon eine emotionale Angelegenheit.» Jeden Dienstagnachmittag treffen sich die Mitglieder des Vereins auf den zwei Bahnen in der Boccia-Halle, um gemeinsam Kugeln zu werfen und über die korrekte Technik zu fachsimpeln. «Interessierte sind immer willkommen», versichert Bonetti. «Immer» meint er wörtlich, denn nicht nur für einen Einblick ins Training, auch für den Nachmittags-Jass, einen Kaffee oder eine Pizza – belegt mit Gemüse aus dem Garten hinter der Halle – stehen die Türen des Boccia Clubs Arbon Nicht-Mitgliedern jederzeit offen. Nur wissen davon noch zu wenige, erzählt Bonetti, während er von der Veranda durch das Vereinslokal zu den zwei Boccia-Bahnen führt. Das soll sich nun ändern.

«Für einen guten Kugelwurf braucht es viel Feingefühl», weiss Vereinssekretär Mario Bonetti.
«Für einen guten Kugelwurf braucht es viel Feingefühl», weiss Vereinssekretär Mario Bonetti.
© Laura Gansner

Ein wenig Kultur retten

Mario Bonetti holt eine Boccia-Kugel hervor, dreht sie in seinen Händen: «Ich bin selbst kein grosser Boccisti.» Das Boccia-Spiel verbinde ihn jedoch mit seinem Herkunftsland Italien, wie viele der Vereinsmitglieder. Sein Engagement für den Verein rühre vor allem daher, dieses Stück Kultur zu erhalten: «Es wäre unglaublich schade, wenn wir das zugrunde gehen lassen.» Die Ursprünge des 1945 gegründeten Vereins gehen auf die Italienischen Gastarbeiter zurück, die bei der Saurer AG gearbeitet haben. «Sie haben diese Erinnerung an ihr Zuhause hierhin gebracht.» Zurück im Jetzt ist der Club mit den bekannten Vereins-Problemen des Mitgliederschwunds und der Überalterung konfrontiert. «Viele meinen, früher sei alles besser gewesen. Ich meine, dann müssen wir uns eben darum bemühen, dass es wieder so wird wie früher.» Der Vorstand des Vereins habe sich deshalb entschieden, mehr auf sich aufmerksam zu machen – unter anderem mit einer Teilnahme am FerienSpass Arbon und einem dreitägigen Schnupperkurs. Aber damit nicht genug, auch finanziell versucht der Verein neue Ansätze zu finden. So wurde dieses Jahr eine 140 Quadratmeter grosse PV-Anlage auf dem Dach der Halle montiert, deren Strom für den eigenen Betrieb benutzt wie auch ins Stromnetz eingespeist wird. Um diese Anschaffung zu finanzieren, hat der Verein unter anderem die freien Flächen an der Wand der Boccia-Halle als Werbefläche an das regionale Gewerbe verkauft. Bonetti blickt nicht ohne Stolz auf die nun behangene Wand: «Ich wünsche mir für unseren Verein, dass wir weitere Mitglieder finden, die uns mit neuen Ideen voran bringen.»

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