Mit Notbudget ins neue Jahr
Kim Berenice GeserSechs von acht Arboner Parteien, zwei Drittel des Stadtparlaments und der Stadtrat haben sich für die Annahme des Budgets 2026 stark gemacht. Ohne Erfolg. Die Arboner Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben die Vorlage vergangenen Sonntag abgelehnt – bei einer Stimmbeteiligung von 38,42 Prozent. Für eine Arboner Budget-Abstimmung kann das schon fast als hoch eingestuft werden. In den letzten fünf Jahren lockte der städtische Finanzhaushalt einzig 2021 mehr Menschen an die Urne. Damals wurde eine Steuerfuss-Senkung von vier Prozent beantragt. Die Stimmbeteiligung lag bei 50,4 Prozent, die Annahme war mehr als deutlich. Anders sieht es beim Abstimmungsergebnis von vergangener Woche aus: Lediglich 108 Stimmen machten den Unterschied. 1652 Personen legten ein Nein in die Urne, 1544 ein Ja. Das entspricht einem Nein-Stimmenanteil von 51,69 Prozent. Stadtpräsident René Walther nennt es ein Zufallsergebnis.
Arrogant und unsensibel
«Es ist ein sehr knappes Resultat», sagt Walther zwei Tage nach der Abstimmung. «Hätten nur 50 Personen anders abgestimmt, sähe die Situation heute womöglich anders aus.» Diese Aussage erbost Konrad Brühwiler. Er ist Co-Präsident des Nein-Komitees, das sich, wie auch die Bürger Fraktion Arbon, im Vorfeld für eine Ablehnung des Budgets 2026 einsetzte. Das Komitee, bestehend aus Vertretern der SVP und einem FDP-Politiker, ist der Ansicht, dass Arbon das Schlusslicht im kantonalen Steuervergleich endlich abgeben muss. Nach mehreren positiven Rechnungsjahren und wachsendem Eigenkapital sei es an der Zeit, der Bevölkerung etwas zurückzugeben, so die Forderung.
Für Brühwiler und seine Mitstreiter hat das Nein Signalwirkung. «Das Abstimmungsresultat zeigt, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine Kursänderung hin zu sichtbarer Sparsamkeit und Effizienz will», so das Fazit. Von einem Zufallsergebnis zu sprechen, ist für den SVP-Politiker ein Affront. «Von kritischer Seite wurde bereits im Juli der Ruf nach einer Steuerfusssenkung laut und wir haben diesen in der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission wie auch an der Budget-Debatte im Parlament wiederholt.» Weil ihr Anliegen ungehört blieb, steht für ihn ausser Frage: «Zwei Drittel des Parlaments und der Gesamtstadtrat haben diesen Scherbenhaufen zu verantworten.» Das Nein-Komitee wirft Stadtrat und Parlament fehlende Sensibilität und Arroganz gegenüber den Anliegen der Bevölkerung vor. Man erwarte nun ein ausgeglichenes Budget, dass die Mindereinnahmen durch die Steuersenkung einspart, so Brühwiler. Um dies zu erreichen, sollen auch die ursprünglich geplanten Stellenerhöhungen noch einmal unter die Lupe genommen werden. Der Stadtrat beantragt per 2026 eine Etaterhöhung von total 615 Stellenprozent, was an der Budget-Debatte vom September ohne nennenswerte Diskussionen vom Parlament abgenickt wurde.
Nicht alles steht still
René Walther sieht im Nein zum Budget kein Misstrauensvotum gegen den Stadtrat. «Wir haben sachlich und nüchtern dargelegt, was es für eine seriöse Finanzplanung braucht.» Er verweist auf die nach wie vor hohe Verschuldung von 40 Mio. Franken, den baldigen Wegfall der Liegenschaftensteuer von rund 1 Mio. Franken sowie steigende Beiträge an die Prämienverbilligung. Allein deshalb sei die Steuersenkung nicht angedacht gewesen, so Walther. Auch das Ja-Komitee warnte wiederholt vor deren Folgen. Statt auf eine kurzfristige Senkung zu setzen, riefen sie dazu auf, die langfristige Planung nicht ausser Acht zu lassen. Diese sieht in den kommenden Jahren notwendige Investitionen in Höhe von über 60 Mio. Franken vor. Die Abstimmungsschlappe vom Sonntag hat nun zur Folge, dass die Stadt mit einem Notbudget ins neue Jahr startet. Das bedeutet, es dürfen nur gebundene Ausgaben getätigt werden. Darunter fallen beispielsweise Lohnzahlungen oder die gesetzliche Sozialhilfe, aber auch bereits bewilligte Projekte wie der Pumptrack in Frasnacht oder die laufende Sanierung des Schlossturms. Auch die Aufwertung der Altstadt wird kommenden Frühling zur Abstimmung gebracht werden können. Wie es mit jenen Projekten aussieht, bei denen verbindliche Entscheide noch ausstehen, befindet sich aktuell in Abklärung. Der Stadtrat will im Januar informieren. «Wir werden alles daran setzen, so viel wie möglich laufen zu lassen», versichert der Stadtpräsident. Ob es zur Steuersenkung kommt und wie hoch diese ausfallen könnte, darüber kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden. Das Budget 2026 wird nun nämlich noch einmal den gesamten politischen Prozess durchlaufen, ehe es voraussichtlich in einem halben Jahr erneut zur Abstimmung kommt.