Nachbarschaft neu gedacht
Kim Berenice GeserNachbarschaftshilfe war während Covid und zu Beginn des Ukrainekriegs ein gelebtes Konzept. Wie ist das ausserhalb von Krisensituationen? Erfährt die junge Plattform «lokal engagiert» Zuspruch?
Felix Baumgartner: Ja, die Rückmeldungen sind durchaus positiv. Mehrere Personen erstellten einen eigenen Eintrag oder antworteten auf bestehende Suchanfragen.
Noe Rottmann: Aber um ihr ganzes Potenzial zu entfalten, muss die Plattform bei den Arbonerinnen und Arbonern bekannter werden. Je stärker sie genutzt wird, desto grösser ist die Chance, dass die Nutzenden passende Angebote finden.
Und wie wollen Sie diese Reichweite vergrössern?
Rottmann: Mit einer Kampagne auf verschiedenen Kanälen. Dieses Jahr beispielsweise erscheint monatlich ein Inserat im «felix.» mit den aktuellsten Einträgen auf der Plattform. Gleichzeitig bewerben wir die Plattform auf den Sozialen Medien und bei anderen Anlässen wie zum Beispiel dem Arboner Wochenmarkt.
Aktuell sind zehn Einträge auf der Plattform aufgeschaltet, alle von Menschen oder Organisationen, die nach Unterstützung suchen, keine von solchen, die Hilfe anbieten. Gab es denn schon Erfolgsgeschichten?
Baumgartner: Ja. Es gab bereits sechs Vermittlungen zwischen Personen, die sich engagieren möchten und Gruppierungen, die Engagierte suchen.
Rottmann: Dass noch niemand einen Eintrag erstellt hat, in welchem er oder sie Unterstützung anbietet, überrascht auch uns. Wir gehen aber davon aus, dass sich dies ändert, wenn die Plattform bekannter wird. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass es zahlreiche engagierte Personen in Arbon gibt. Und die nachbarschaftliche Hilfe ist jederzeit wertvoll.
Mal abgesehen vom Bekanntheitsgrad, woran liegt es, dass Hilfe eher gesucht als angeboten wird?
Baumgartner: Potenzielle Freiwillige möchten oft genau wissen, was sie erwartet und welche Aufgaben sie übernehmen sollen. Zudem könnte ich mir vorstellen, dass teilweise eine gewisse Zurückhaltung vorhanden ist, das eigene Wissen und Können einzubringen, um andere zu unterstützen. Es geht uns jedoch nicht darum, professionelle Hilfsangebote zu ersetzen, sondern ergänzende Hilfestellungen im Alltag und wertvolle zwischenmenschliche Kontakte auf Augenhöhe zu vermitteln.
Vielleicht braucht es auch Inspiration: Was kann denn alles angeboten werden?
Rottmann: Das können kleine Alltagshilfen wie Einkaufen sein, aber auch Unterstützung bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche, Übersetzungen, Kontakte, um die Sprachkenntnisse zu stärken, Hausaufgabenhilfe oder die Mitarbeit in Vereinen.
Baumgartner: Berücksichtigt man die beträchtliche Anzahl Zuzüge, sind wir überzeugt: Die Plattform und die Stärkung des freiwilligen Engagements sind enorm wertvoll.
War dies der Grund, weshalb «lokal engagiert» ins Leben gerufen wurde?
Baumgartner: Unter anderem. Freiwilliges Engagement fördert den Zusammenhalt der Bevölkerung und trägt zur Identifikation mit dem Wohnort bei. Durch das Engagement entsteht ein Netzwerk in der Nachbarschaft. Dieses hilft in schwierigen Situationen alltägliche Herausforderungen einfacher zu bewältigen.
Rottmann: Wir wollen den Menschen und Vereinen in Arbon eine lokale, sichere und digitale Plattform bieten, über welche sie sich einfach finden.
Werden die Einsätze entlohnt?
Baumgartner: Nein. Die Plattform soll nachbarschaftliche Kontakte oder gemeinwohl-orientierte Projekte stärken und in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft das Miteinander fördern.
Rottmann: Der Antrieb in der Freiwilligenarbeit – welche übrigens das Rückgrat der Zivilgesellschaft ist – basiert auf Überzeugung, Solidarität und Sinnhaftigkeit.
Die Plattform «lokal engagiert» ist über www.arbon.ch/lokalengagiert zu finden. Damit Interessierte informiert bleiben, kann die Liste der Einträge auf der Plattform abonniert werden.