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Wieder auf das Bauchgefühl hören

Schmetterlinge im Bauch oder einen Stein im Magen – metaphorische Redewendungen deuten an, was Therapeutin Angelika Hollenstein in ihrem Praxisalltag immer wieder erlebt: Was in unserer Psyche geschieht, betrifft nicht selten unseren Verdauungstrakt.

Laura Gansner

Als Psychologische Beraterin ist Ihr Fachgebiet die Psyche. Ihre Ausbildung zur Diplomierten Körperzentrierten Psychologischen Beraterin verrät bereits, dass Sie aber auch den physischen Aspekt nicht aussen vor lassen. Wie kommt das in Ihren Sitzungen zum Tragen?

Angelika Hollenstein: Das lässt sich am besten am Bild eines Würfels erklären. Dieser ist für sich zwar eine Einheit, jedoch mit verschiedenen Seiten. Kommt jemand zu mir in die Behandlung, dann möchte ich diese unterschiedlichen Facetten einer Person betrachten, auch die körperliche. Dazu gehört das Verdauungssystem, denn der Darm ist direkt mit unserem Hirn und unseren Emotionen verbunden. Sein Einfluss auf unser Wohlbefinden ist nach aktuellem Stand der Forschung unbestritten.

Hat also einer Ihrer Klientinnen oder Klienten beispielsweise Verdauungsbeschwerden, dann ist das durchaus relevant für ihr therapeutisches Vorgehen?

Auf jeden Fall. Körperliche Beschwerden und Empfindungen sollten jederzeit benannt werden dürfen. Sie können viel über Emotionen verraten, die den Personen vielleicht gar nicht bewusst sind. So liegt vielen Menschen zum Beispiel Wut oder unterdrückte Trauer oft schwer im Magen. Bei Kindern werden Bauchschmerzen schneller in Zusammenhang mit psychischen Herausforderungen gebracht. Doch Erwachsene haben oft verlernt, diese körperlichen Symptome zu hören geschweige denn, sie in einem therapeutischen Verhältnis einzubringen.

Die Intuition ist uns auch als Bauchgefühl bekannt. Wie kann man mehr auf diese Körper-Geist-Verbindung hören lernen?

Da gibt es unterschiedliche Ansätze wie Atemübungen oder Meditation. Damit unsere Intuition überhaupt zu Wort kommen kann, müssen wir in einen Zustand der Entspannung kommen. Erst wenn wir dieser Raum geben, können wir die Signale unseres Körpers klar benennen und sie in einem nächsten Schritt einordnen, Schlüsse aus ihnen ziehen und einen liebevollen Umgang damit finden.

Psychische Probleme können zu Verdauungsproblemen führen. Funktioniert diese Verbindung auch anders herum?

Klar, Verdauungsbeschwerden können auch zu emotionalen Verstimmungen führen. Unser körperliches Wohlbefinden ist der Grundbaustein in der Bedürfnispyramide nach Maslow. Wenn es uns also körperlich nicht gut geht, ist es schwierig, auch noch auf unser psychisches Wohlbefinden zu achten. Dieser «Teufelskreislauf» kann aber durchbrochen werden, nicht nur durch psycho-therapeutische Ansätze. Setzen wir bei der körperlichen Seite an, so können ausreichend Bewegung und ausgewogene Ernährung unseren psychischen Zustand verbessern.

Zur Person

Angelika Hollenstein ist seit 2016 als psychologische Beraterin in Arbon und St. Gallen tätig. Eine ihrer zahlreichen Aus- und Weiterbildungen im therapeutischen Bereich ist jene zur Diplomierten Körperzentrierten Psychologischen Beraterin am Institut für Körperzentrierte Psychologie (IKP).

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