Zwei, die überzeugen können
Kim Berenice GeserHand aufs Herz: Wann war Ihr letzter freier Tag?
Ralph Wattinger: Was heisst frei? (lacht)
Christoph Anrig: Meiner war dieses Wochenende. Die Familie zwingt einen zum Glück immer wieder dazu, freie Tage einzubauen.
Wattinger: Dass wir uns das OK-Präsidium teilen, ist in diesem Fall sicher auch ein grosser Vorteil. Alleine hätte das keiner von uns machen wollen. So lassen sich die Aufgaben gut verteilen.
Dennoch gibt es kaum einen Anlass, an dem man Sie beide nicht für das tkt2024 weibeln sieht. Ganz zu schweigen von der Arbeit hinter den Kulissen, die bei einem solchen Grossanlass immens ist. Halten Sie noch durch bis im Juni?
Wattinger: Wenn du drinsteckst, überlegst du nicht, ob du noch Kraft hast. Du machst einfach weiter.
Anrig: Genau. Ich fühle mich aktuell, als ob ich einen Marathon laufen würde. Und da überlegst du dir auf Kilometer 30 auch nicht, ob du jetzt stoppst und in die Massage gehst.
Wattinger: Unser Vorteil ist, dass wir gemeinsam bereits mehrere Grossanlässe organisiert haben. Wir kennen die Situation und sind ein eingespieltes Team.
Anrig: Das gilt übrigens für die ganzen Turnvereine Roggwil und Arbon. Es ist ein Privileg, dieses Fest mit so gesunden Vereinen zu organisieren, in denen alle unglaublich engagiert bei der Sache sind.
Warum haben Sie sich vor zwei Jahren entschieden, das tkt2024 zu organisieren?
Wattinger: Für mich mussten damals drei Grundpfeiler stimmen, um Ja zu sagen: Es brauchte sechs bis acht Personen, welche die Schlüsselpositionen im OK besetzen und blind miteinander funktionieren. Die Stadt Arbon musste ihre Unterstützung zusichern, denn ohne sie ginge nichts. Und wir brauchten die Zusicherung sämtlicher Turnvereine von Roggwil und Arbon, das Fest mit uns stemmen zu wollen.
Alle drei Punkte sind eingetroffen. Dennoch: Was ist Ihre Motivation hinter der Bewerbung für das tkt2024?
Wattinger: Ich will dem aktiven Turnsport etwas zurückgeben, von dem ich selbst schon so lange profitiere.
Anrig: Für mich war es zusätzlich der Wunsch, noch einmal etwas Grosses zu machen. Diese Erlebnisse verbinden uns und unsere Freunde für Jahrzehnte. (kurze Pause) Und mich reizt die Herausforderung.
Wie viel Überredungskunst war notwendig, um die OK-Mitglieder und die Vereine zu gewinnen?
Anrig: Bei den Schlüsselpositionen, die Ralph vorhin angesprochen hat, brauchte es keine Überredung. Das war auch wichtig, die mussten von sich aus von Anfang an dabei sein. Und auch bei den Vereinen brauchte es nicht viel, um sie zu gewinnen.
Wattinger: Wir wussten, dass wir unsere Leute überzeugen können, weil wir begeistert waren vom Projekt. Und es immer noch sind.
Für Ihre Überzeugungskünste sprechen auch die Zahlen: Das tkt2024 ist mit 7500 Turnenden in 24 Kategorien dieses Jahr das grösste in der Schweiz. Erwartet werden rund 20 000 Besuchende. Und allein das OK umfasst 110 Personen. Sie führen quasi ein mittelgrosses KMU. Wie läuft die Zusammenarbeit in einem so grossen Team?
Wattinger: Mal besser und mal weniger gut, wie in jedem Unternehmen. Zurzeit sind wir gut unterwegs.
Anrig: Dank Online-Kolaborationstools funktioniert die Vernetzung und der Austausch heute auch viel einfacher, als das bei der letzten Durchführung in Arbon vor 20 Jahren der Fall war. Wir organisieren ausserdem regelmässig Events für das gesamte OK, um das Feuer für den Anlass bei den Beteiligten weiter zu entfachen.
Wattinger: An dieser Stelle ist es vielleicht noch wichtig anzumerken: Von den 110 Personen sind 80 Mitglieder des Trägervereins tkt2024, der extra zum Zweck der Durchführung des Kantonalen Turnfests gegründet wurde. Sie kommen überwiegend aus den Roggwiler und Arboner Turnvereinen. Die übrigen 30 Mitglieder stellt der Thurgauer Turnverband, der auch sämtliche Wettkampfleiter und Schiedsrichter stellt.
1500 Helfende benötigen Sie für die Durchführung des tkt2024. Der Blick auf das umfangreiche OK lässt vermuten, dass diese zu finden auch kein Problem sein dürfte.
Wattinger: Die Helfersuche ist gerade erst angelaufen. Der Anmeldeschluss fürs tkt2024 lief bis im Dezember. Ehe wir keine definitiven Teilnehmerzahlen hatten, konnten wir auch den Personalbedarf nicht ermitteln. Derzeit rechnen wir mit rund 18 000 Stunden, die an beiden Wochenenden zusammen zu leisten sind.
Anrig: Wir waren, wie Sie bereits gesagt haben, sehr präsent bei der Stadt, dem Gewerbe und den Vereinen. Das ist eine gute Basis, auf der wir aufbauen können. Aus Erfahrung wissen wir aber auch, dass die Helfersuche immer erst kurz vor dem Anlass zum «Knorz» wird, wenn es die letzten Posten zu besetzen gilt.
Sie machen sich also noch keine Sorgen, das nötige Personal zu finden?
Anrig: Keine Sorgen, nein. Aber wir haben sicher Respekt vor der Aufgabe. Gleichzeitig ist die Unterstützung für den Anlass so gross, dass wir sicher Lösungen finden.
Wattinger: Unser Ziel ist es, dass wir einen Drittel der Helfenden aus den eigenen Mitgliedern stellen können. Dann erhalten wir beim Auf- und Abbau sowie bei der Überwachung des Areals Unterstützung vom Zivildienst. Die restlichen Posten wollen wir mit Mitgliedern der Vereine aus der Region besetzen. Und selbstverständlich freuen wir uns auch über aussenstehende Helfende, die ein Teil dieses Gross-Events werden wollen.
Die Helfer sind das eine, das Geld das andere. Wie hoch ist das veranschlagte Budget des tkt2024?
Anrig: Wir rechnen mit einem Budget von über 2 Mio. Franken. Darin enthalten sind bereits die Gelder der öffentlichen Hand und der Beitrag aus dem Lotteriefonds.
Die grosse Unbekannte ist das Wetter. Dieses wird massgeblichen Einfluss auf die Besucherzahlen und entsprechend auch auf die Einnahmen haben.
Wattinger: Wir haben das OK des letzten Kantonalen Turnfests in Romanshorn an der ersten Sitzung gefragt: Was macht das Wetter aus? Die Antwort war hunderttausende von Franken.
Anrig: Für uns ist es deshalb unabdingbar, dass wir das Budget und die Ausgaben so im Griff haben, dass wir bei möglichem Schlechtwetter am Schluss eben rauskommen. Wir gehen keine unnötigen Risiken ein. Das sind wir auch unseren Partnern schuldig.
Wohin würden die Gewinne fliessen?
Wattinger: Das Turnfest selbst macht keinen Gewinn im eigentlichen Sinn. Der Erfolg kommt direkt den helfenden Vereinen zu Gute. Jede Person erhält pro geleisteter Arbeitsstunde 6 Franken Gewinnbeteiligung für ihren Verein gutgeschrieben. Dieser Betrag ist auch unsere finanzielle Spielmasse. Bei höheren Einnahmen steigt er, bei schlechten Umsätzen sinkt er.
Anrig: Das akzeptieren auch alle. Man hilft an einem solchen Fest nicht mit, wegen des Geldes, sondern weil man Freude an der Sache hat und ein Teil davon sein will.
Wattinger: Und es gilt: Alle Vereine werden gleich behandelt. Unsere erhalten nicht mehr als die auswärtigen. Nicht-Vereinsmitglieder, die am Fest helfen wollen, dürfen übrigens bestimmen, an welchen Verein sie ihren erarbeiteten Betrag spenden wollen.
Anrig: Das ist gelebte soziale Nachhaltigkeit.
Zu den Geldgebern: Wie läuft die Sponsorensuche?
Anrig: Wir sind gut unterwegs. Es fehlen noch einzelne Posten, aber es sieht positiv aus. Besonders positiv ist auch die Zusammenarbeit mit unseren Hauptsponsoren Coop, Thurgauer Kantonalbank, Kybun Joya und Arbon Energie.
Wattinger: Auch hier profitieren wir von unserer Aufbauarbeit und unserem jahrelangen Engagement in der Region. Man kennt uns. Und wir stellen fest, dass auch die Sponsoren dieses Fest bespielen wollen.
Zu den Co-Sponsoren gehört «Chopfab». Die Firma machte kürzlich Schlagzeilen, weil sie Zahlungsschwierigkeiten hat. Ein Co-Sponsoring ist mit 20 000 Franken dotiert. Welche Auswirkungen haben die News zur finanziellen Lage der Firma für das tkt2024?
Anrig: Wir stehen nach wie vor hinter dem Entscheid, «Chopfab» als Sponsor für das tkt2024 mit im Boot zu haben. Wir stehen im Gespräch und ihr Engagement ist gesichert. «Chopfab» leistet seinen Beitrag vor allem in Form von Infrastruktur, die die Firma uns zur Verfügung stellt. Wir beobachten die Situation aber natürlich und hätten im Notfall auch einen Plan B. Der ist aktuell aber kein Thema.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Behörden?
Wattinger: Die läuft gut. Anfangs zeigte sich die Stadt Arbon noch zurückhaltend bezüglich der Nutzung des Seeufers. Dieses wird in den Sommermonaten bereits mit dem «Arbon Classics», dem Seenachtsfest, dem Public Viewing und dem SummerDays Festival intensiv bespielt. Aber wir konnten überzeugend auftreten. Denn für uns war klar: Wenn wir einen Anlass wie das tkt2024 hierherholen, muss die Stadt voll dahinter stehen.
Anrig: Seit diesem ersten Gespräch ist aber alles im Fluss. Wir profitieren ja auch gegenseitig voneinander. Dieser Anlass ist ein Aushängeschild für die ganze Region. Es freut uns deshalb sehr, dass wir Arbon und Roggwil als Patronatspartner hinter uns haben.
Blicken wir in die Zukunft. Was erwartet die Besuchenden an den beiden Juni-Wochenenden?
Wattinger: Wir sind bunter und digitaler als die Vorgänger.
Das heisst?
Wattinger: Wir organisieren nicht nur ein Turnfest für die Sportlerinnen und Sportler, sondern für die ganze Region. Unser Angebot ist deshalb breit gefächert und reicht von den offiziellen Wettkämpfen über den Behindertensport, bis hin zum Jugendturntag und einem grossen lokalen Schulsporttag. Unser Ziel ist es, Kinder durch alle Schichten hindurch abzuholen und ihnen zu zeigen, dass der Sport Menschen verbindet.
Anrig: Dieselbe Absicht steckt hinter dem AktivFit-Event, der grössten Fitnesslektion am Bodensee. Hier können alle teilnehmen, die Lust auf Bewegung haben. Zusätzlich findet zwischen den beiden Turnfest-Wochenenden das Kids-Openair unter dem Patronat des tkt2024 statt. Ein buntes Programm also.
Wattinger: Und digital, weil wir dieses Jahr keinen hundert Seiten dicken Festivalführer haben, sondern eine eigene App, über die alle Infos abrufbar sind. Der Zahlbetrieb auf dem Festivalgelände ist zudem mehrheitlich bargeldlos. Unser Fest geht mit der Zeit. Vor sechs Jahren stand noch die Frage im Raum, ob man Twint nutzen solle oder nicht. Das ist heute gar keine Diskussion mehr.
Was ist Ihr persönliches ProgrammHighlight?
Wattinger: Das Bier am Sonntagabend, wenn alles vorbei ist (lacht). Und die Tagesfinale. An drei Wettkampftagen moderiert jeweils Linda Aeschlimann, die ehemalige FM1-Moderatorin, zusammen mit Experten die Tagesfinale für die Zuschauenden, so wie man das von grossen Sportanlässen aus dem Fernsehen kennt. Das gab es bisher an einem Turnfest noch nicht und soll auch jene Besuchenden abholen, die nicht Teil dieser Turnverein-Blase sind.
Anrig: Denn das Ziel am Ende des Tages ist, so viele Menschen wie möglich für den Turnsport zu begeistern und ein offenes Fest für die ganze Bevölkerung zu sein.