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Den Zement aus dem Beton bringen

Die Kurt Eberle AG aus Freidorf verdient ihr Geld mit dem Abbruch von Gebäuden und dem Recycling der Bausubstanz. Geschäftsinhaber Kurt Eberle erzählt von der Gefahr eines Rückschritts in der Baubranche.

Laura Gansner

Kurt Eberle, was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit?

Oft werden bei diesem Stichwort Themen wie Zero-Waste oder E-Mobilität genannt. Dieses grüne Denken hat auch Berechtigung. Aber jede «grüne Handlung» sollte zu seiner Zeit geschehen können. Es generiert keinen Mehrwert, wenn auf Zwang alles sofort «grün» sein soll. Nachhaltigkeit ist für mich deshalb der optimale Nutzen von Ressourcen und Wissen.

«Recycling und Wiederverwertung ist der Grundgedanke unserer Firmenphilosophie», ist auf der Webseite der Kurt Eberle AG zu lesen. Wie hat sich Nachhaltigkeit zum Schwerpunkt der Kurt Eberle AG entwickelt?

Unser Kerngeschäft ist das Recycling und der Rückbau, vor 50 Jahren war es noch der Abbruch. Beton wiederzuverwerten war damals noch kein Thema. Vor rund 35 Jahren hat sich dann mein Vater als damaliger Geschäftsführer einen Steinbrecher selbst gebaut, um aus Beton Kies zu machen. Zu Beginn hat er das noch aus Rentabilität gemacht, doch unterdessen ist auch der Nachhaltigkeitsgedanke Teil der Geschäftsstrategie.

«Da lässt sich die Frage in den Raum stellen, wie nachhaltig der Strombezug aus AKWs ist.»
Kurt Eberle

Aktuell besteht Ihr Maschinenpark aus Dieselfahrzeugen. Wie passt das zum Nachhaltigkeitsgedanken?

Die Dieselmaschinen sind bereits in unserem Besitz. Sie nicht mehr zu nutzen, obwohl sie noch funktionieren, wäre nicht gerade Ressourcen-schonend. Hinzu kommt, dass im Vergleich zu früher jede unserer Maschinen über einen Partikelfilter verfügt, leiser und Dieselsparender ist. Aber auf jeden Fall ist es das Ziel, bei einer Neuanschaffung auf modernere Maschinen zu setzen. Würden wir uns beispielsweise für E-Maschinen entscheiden, dann müsste dafür aber die notwendige Infrastruktur vorhanden sein. Bei einem Abbruch haben wir nämlich keinen Strom auf der Baustelle. Klar, man könnte ein Akku-Paket anstelle eines Diesel-Generators hinstellen. Aber da lässt sich auch die Frage in den Raum stellen, wie nachhaltig der Strombezug aus AKWs ist. Solange wir keinen eigenen Strom produzieren, macht diese Option für mich keinen Sinn.

Sie haben bereits erwähnt, dass die Kurt Eberle AG auf Recycling setzt; was sie abbrechen, soll zurück in Neubauten fliessen. Wie beliebt sind recycelte Materialien?

Eindeutig weniger beliebt als neue Materialien. Was erstaunt, bedenkt man, dass doch der Nachhaltigkeitsgedanke unterdessen omnipräsent scheint. Aber Auftraggeber sind bei diesem Thema oft abgeschreckt, weil sie bei recycelten Materialien eine verminderte Qualität erwarten. Dem ist nicht so, denn all unsere recycelten Materialien müssen genormt sein und sind dann gleichwertig wie neuer Beton. Es braucht da ein Umdenken in der Baubranche. Während es zum Beispiel im Kanton Zürich bereits Vorschrift ist, bei öffentlichen Bauten einen bestimmten Anteil an recycelten Materialien zu verwenden, ist das bei uns noch auf freiwilliger Basis. Das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau könnte da gezielt Einfluss nehmen. Schliesslich wird dort entschieden, welche Materialien wo verwendet werden dürfen.

Geschäftsleiter Kurt Eberle.
Geschäftsleiter Kurt Eberle.
© z.V.g.

Und das Amt für Umwelt entscheidet sich hierbei nicht für das recycelte Material?

Doch, aber auch das Amt für Umwelt kann nicht alles von einem Tag auf den anderen ändern. Sie haben an erster Stelle die Natur im Kopf. Und Kies aus der Kiesgrube ist in dem Sinn näher an der Natur als recycelter Kies, da dieses Stoffe aus der Betonproduktion beinhaltet. Grundsätzlich sollte es am Ende das Ziel sein, so viel Material wie möglich wieder zu verwenden und weitere Lösungen zu suchen, damit mehr rezykliertes Material eingebaut werden kann.

Wenn das Material nicht wiederverwendet wird, dann landet es auf Deponien.

Oder man verkauft es an Betonwerke, die keinen eigenen Abbruch haben. Jedoch steht man da auch in der Konkurrenz mit Kieswerken. Ausserdem kann das nicht ewig so weitergehen: Wenn Kieswerke weiter Kies ausheben und gleichzeitig aus recyceltem Material Kies hergestellt wird, dann kommt es zu einem Überschuss. Der Welt wird immer mehr Beton hinzugefügt. Das Ziel sollte es sein, möglichst viel von dem bereits vorhandenen Material zu verwenden. Denn tun wir das nicht, dann wird das eigentlich recycelbare Material wieder auf Deponien abgelagert. Das wäre definitiv ein Rückschritt. Viel besser wäre es, mit der Problemlösung schon zu Beginn des Kreislaufs anzusetzen und zum Beispiel in der Betonproduktion auf Zement zu verzichten. Dann wäre auch recyceltes Kies Zement-frei und damit umweltverträglicher.

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