Der Nachwuchsförderer
Kim Berenice GeserEs ist ruhig im RoboTech Labor im Keller des Berufsbildungszentrums (BZA) in Arbon. Niklaus «Niki» Vogel sitzt hinten rechts im Raum vor einem Computerbildschirm. Die Roboter stehen still. Nur die 3D-Drucker surren im Hintergrund leise, während sie Schicht für Schicht kleine Kunstwerke produzieren. Es ist Dienstagmorgen. Zwei Tage nachdem Vogel von der Stadt Arbon zum Arboner des Jahres 2023 ernannt wurde. Während man ihm an der Preisverleihung ansah, dass der Rummel um seine Person ihn etwas überwältigte, ist hier, in diesem Raum, auf einen Blick klar: Das ist sein Reich. Hier ist Vogel wie ein Fisch im Wasser. Und die Begeisterung, die er bei der Führung durch sein Labor ausstrahlt, ist ansteckend.
Die Leichtigkeit der Jugend
Trockene Theorie gibt es bei Vogel nicht. «Begreifen hat viel mit greifen zu tun», sagt der pensionierte Maschineningenieur und Berufsschullehrer augenzwinkernd. Er ist heute 69, kann und will das Unterrichten aber nicht lassen. Seit sechs Jahren gibt er im Rahmen der kantonalen Begabungs- und Begabtenförderung (BBF) im RoboTech Labor mehrere Kurse pro Semester, sogenannte Ateliers und Impulstage, in 3D-Druck, Robotik, Nanotechnologie, Bionik und KI-Technologie für Schülerinnen und Schüler der 3. bis 7. Klasse. Statt jedoch mit diesen Formeln zu büffeln, macht er die technischen Wissenschaften über die Praxis erlebbar. Sie lernen Mikroskope anzuwenden, Roboter zu bedienen und am Computer Ideen zu entwerfen, die der 3D-Drucker dann zu greifbarer Materie werden lässt. Für ihn muss Unterricht haptisch erfahrbar sein. «Dabei staune ich immer wieder, mit welcher Leichtigkeit die Kinder und Jugendlichen sich mit diesen Technologien auseinandersetzen.» Und er lerne täglich Neues von ihnen. «Es wäre vermessen von mir zu denken, ich wüsste alles.» Vogel sieht sich deshalb auch mehr wie ein Coach im Sport, der seinen Schützlingen die Möglichkeiten des Spiels aufzeigt. «Die Tore müssen sie schon selber schiessen.»
Schüler in der Chefetage
Dass Vogels Unterrichtsmethoden von Erfolg gekührt sind, bestätigt ein Blick in die hiesigen Technologieunternehmen: Die Laudatio auf den neuen Arboner des Jahres hielt Ramon Germann, ein ehemaliger Student Vogels, der heute in einer leitenden Funktion bei der Firma Variosystems in Steinach tätig ist. Weitere ehemalige Schützlinge arbeiten bei der Aerne Engineering AG oder bei der FPT Motorenforschung. «Niki war nicht nur ein Lehrer, sondern ein Unikat unter den Dozenten», sagte Germann am Sonntag im Zuge seiner Rede. Die einzigartige Herangehensweise Vogels habe nicht nur seine schulische Erfahrung massgeblich geprägt, sondern auch die vieler weiterer Schülerinnen und Schüler. In Zeiten des Fachkräftemangels brauche die Region Menschen wie Niklaus Vogel: «Sie braucht Macher und Menschen, die durch Niki die Chance bekommen haben zu verstehen, dass Technologie das Wirtschaftsrückgrat der Schweiz bildet.» Auf seine Rolle als Nachwuchsförderer angesprochen, sagt Vogel: «Das, was wir hier machen, ist langfristiges Recruiting.» Durch das hautnahe Erleben und den Erfolg im kleinen Rahmen des RoboTech Labors könne in den Schülerinnen und Schülern die Begeisterung für die moderne Technologien geweckt werden. Es ist folglich auch nicht erstaunlich, dass sein Netzwerk ihm zu Hilfe eilte, als Vogel sich mit dem Verlust des Herzstücks seines Labors konfrontiert sah. Mit dem Wegzug der Maschinenbauer vom BZA nach Frauenfeld, wanderte nämlich auch der Roboterteil des Labors ab. Statt die Hände in den Schoss zu legen und den Verlust zu betrauern, wurde Vogel aktiv. Gemeinsam mit seinem Sohn und dessen Frau gründete er die Firma Birdypol, um das Labor künftig privat zu finanzieren und gewann mit «Kybun Joya», «Variosystems» und «Aerne Engineering» lokale Sponsoren. Und was will er nun mit der neu gewonnenen Publizität als Arboner des Jahres machen? «Zeigen, dass Schule auch so funktioniert.» Er hofft auf zahlreiche Besuche von Arbonerinnen und Arbonern in seinem Labor, «damit sie sehen können, was Kinder heute locker mit Technologie machen.»