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«Dickdarm-Krebs nimmt leider zu»

Asim Rraci ist Facharzt für Gastroenterologie im Magen-Darm-Zentrum in Goldach. Im Interview spricht er über die beunruhigende Zunahme von Dickdarm-Krebs und sinnvolle Vorsorgemöglichkeiten.

Kim Berenice Geser

Laktoseintoleranz, Glutenunverträglichkeit, etc. – es scheint, als ob immer mehr Menschen an Unverträglichkeiten leiden ...

Asim Rraci: Sie haben Recht, Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren zugenommen. Laut Statistiken leidet jeder Fünfte in der Schweiz an Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Wir sehen das täglich in unserer Praxis. Oft sind es Patienten die längere Zeit mit Beschwerden kämpfen müssen, bis die Diagnose festgestellt wird. Obwohl die Diagnostik bezüglich Laktoseintoleranz oder Glutenunverträglichkeit heutzutage ganz einfach und nicht invasiv ist.

Wie wirkt sich eine solche Unverträglichkeit auf den Darm aus?

Ist der Darm nicht fähig, bestimmte Nahrungsmittel zu verarbeiten oder überhaupt aufzunehmen, reagiert er darauf mit Beschwerden wie akutem Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen oder Erbrechen.

Ab wann empfehlen Sie Betroffenen ärztlichen Rat einzuholen?

Bei jedem chronischen Durchfall, sowie akutem oder chronischem Blut im Stuhl oder bei Bauchschmerzen sollte eine ärztliche Abklärung stattfinden.

Nebst den Lebensmittelunverträglichkeiten: Welche Darmkrankheiten haben in den letzten zehn Jahren zugenommen?

Leider vor allem die bösartige Krankheit wie der Dickdarm-Krebs bei welcher die Rate stark zunimmt. Heute wird er weltweit als die zweit bis dritt häufigste bösartige Krankheit eingestuft. Obwohl durch die diagnostischen Massnahmen und der Entwicklung der Therapie bei Früherkennung des Dickdarm-Krebses die Überlebenschancen viel besser geworden sind. Aber auch die chronische entzündliche Darmkrankheit wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa haben zugenommen.

«Bei allen unseren Organen zählen Stress und der Lebensstil zu den häufigsten Risikofaktoren.»
Asim Rraci

Soziale Medien, ständige Erreichbarkeit, der gesellschaftliche Druck zur Selbstverwirklichung – die Stressfaktoren in unserem Alltag nehmen zu. Besteht ein Zusammenhang im Wandel unseres Lebensstils und der Gesundheit unseres Darms?

Wie bei allen unseren Organen zählen Stress und der Lebensstil zu den häufigsten Risikofaktoren. Auf jeden Fall trifft heutzutage der Dickdarmkrebs leider nicht selten auch junge Patienten unter 50 Jahren. Hier sieht man einen Zusammenhang zwischen unserem Lebensstil und der Zunahme des Darmkrebses. An dieser Stelle müssen wir Ärzte und auch Sie als Journalisten unserer Gesellschaft mehr über die Vorsorgemöglichkeiten sensibilisieren.

Welche Vorsorgemöglichkeiten erachten Sie als sinnvoll?

Die sicherste diagnostische Methode für die Darmvorsorge ist die Darmspiegelung. Heutzutage wird die Darmspiegelung unter Narkose durchgeführt, so dass der Patient kaum etwas von der Untersuchung spürt. Und die Komplikationsrate ist gering, sogar unter einem Prozent.

Es werden heute aber auch vermehrt Stimmen laut, die sagen, die Darmspiegelung werde inflationär verordnet. Wann ist eine solche wirklich angebracht und wann nur Geldmacherei?

Es gibt klare Indikationen für die Darmspiegelung und ich glaube und hoffe, dass jeder Gastroenterologe nach der Empfehlung der Schweizerischen Gesellschaft arbeitet. Eine Darmspiegelung ist indiziert bei chronischem Durchfall, Blut im Stuhl, chronischer Verstopfung oder nur als Vorsorge für Darmkrebs. An dieser Stelle appelliere ich gerne an die Menschen, sich bei Beschwerden auf jeden Fall frühzeitig zu melden und am Darmkrebsvorsorge-Programm teilzunehmen. Jede Person ab 50 Jahren unabhängig von Beschwerden, sollte und kann eine Darmspiegelung bekommen. Bei Menschen, die eine familiäre Belastung bezüglich Darmkrebs haben, sollte die Vorsorge bereits mit 40 Jahren durchgeführt werden.

Und welche präventiven Massnahmen können ergriffen werden?

Natürlich empfehlen wir eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Obst und Ballaststoffen. Wenig geeignet sind einfache Zucker aus Weissmehl sowie raffinierter Zucker, gekoppelte und geräucherte Wurst, Fleischwaren, Nahrungszusatzstoffe wie Emulgatoren und eine fettreiche und kohlenhydratreiche Ernährung.

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