Ein kalkulierter Rückzug
Kim Berenice GeserAn der Kandidatur des 20-jährigen Elia Eccher für den Arboner Stadtrat schieden sich die Geister. Die einen hielten ihn für zu jung und unerfahren, die andern begrüssten ebendies mit der Begründung nach frischem Wind und neuen Ideen in der Arboner Exekutive. Der Entscheid des jungen SP-Kandidaten, entgegen ersten Aussagen, nun doch nicht für den zweiten Wahlgang anzutreten, überrascht indes nicht. Mit der Ankündigung von Reto Neuber (Die Mitte), sich im zweiten Anlauf doch noch für die Wahlen zur Verfügung zu stellen (siehe «felix.» Nr. 35/24), erhielt Eccher eine ernstzunehmende Konkurrenz im jungen Lager. Eine Konkurrenz, die ihm berufliche wie politische Erfahrung voraus hat und eine Wahl Ecchers in weite Ferne rücken liess. Überraschend ist deshalb nur, dass sich dieser für seinen Entscheid gut drei Wochen Zeit liess.
Den SVP-Kandidaten verhindern
Grund für das Zuwarten seien die Herbstferien gewesen, gibt SP-Parteipräsident Felix Heller auf Anfrage Auskunft. Denn wie Elia Eccher in der Medienmitteilung zu seinem Rückzug schreibt, spiegle der Entscheid eine «strategische Anpassung wider, die in enger Abstimmung mit dem Parteivorstand getroffen wurde». Und ebendieser konnte aufgrund von Ferienabsenzen nicht früher zusammenkommen. Dass diese «strategische Anpassung» nötig wurde, um einen Wahlsieg von SVP-Kandidat Jörg Zimmermann zu verhindern, daraus kann Heller keinen Hehl machen. «Mit der Kandidatur von Reto Neuber hat sich die Ausgangslage für den zweiten Wahlkampf grundlegend verändert.» Die Wahlchancen von Elia Eccher seien damit massiv gesunken. «Es wäre ein aussichtsloses Unterfangen gewesen, ihn in den Stadtrat zu bringen.»
Was jedoch nicht bedeute, dass man Eccher fallengelassen habe, fügt Heller umgehend an. «Am Ende lag der Entscheid bei Elia. Wir hätten ihn auch im zweiten Wahlgang unterstützt.» So oder so ist Heller nach wie vor überzeugt, dass es richtig war, Eccher ins Rennen zu schicken. «Dank Elia und der SP kommt es überhaupt zu einem zweiten Wahlgang», betont der Parteipräsident. Denn ohne die 882 Stimmen, die der junge SP-Kandidat für sich verbuchen konnte, wäre Jörg Zimmermann wohl im ersten Anlauf gewählt worden. So verpasste er das Absolute Mehr um gerade einmal 150 entscheidende Stimmen. «Ich bin deshalb zufrieden mit dieser Entwicklung», sagt Heller und fügt an: «Für die SP war und ist Jörg Zimmermann nicht wählbar.» Reto Neuber hat günstigere Vorzeichen. Er darf sich, im Gegensatz zu Zimmermann, der Partei an deren Versammlung vom 9. November vorstellen. Ob er den Segen der SP erhält, entscheidet die Partei-Basis im Anschluss. Um gegen den SVP-Kandidaten eine Chance zu haben, wird er diesen nötig haben.
Überraschung und Unbehagen
Die beiden im Rennen verbleibenden Kandidaten reagieren unterschiedlich auf das ausgedünnte Konkurrenzfeld. Reto Neuber zeigt sich überrascht vom Entscheid Ecchers. Dieser sei aber wohl reiflich überlegt. Er fügt an: «Es freut mich besonders, dass sich auch andere junge Menschen für Politik interessieren - und ich bin überzeugt, dass wir ihn in Zukunft wieder auf der politischen Bühne sehen werden.» Er selbst bleibt angesichts dieser neuen Ausgangslage hochmotiviert, «dieses Amt als junge Stimme im Rat zu übernehmen», so Neuber. Jörg Zimmermann hingegen bereitet der Rückzug Unbehagen. Nicht jedoch wegen seiner Wahlchancen, sondern wegen der Sorglosigkeit, mit der für dieses Amt kandidiert werde. «Stadtrat sein bedeutet eine grosse Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler.» Träfe der Wahlslogan «engagiert und zielstrebig» zu, würde man als Kandidat mit dem zweitbesten Ergebnis bis zum Schluss durchziehen, so seine Überzeugung. Denn bei diesem Amt gehe es nicht um Prestige, sondern um Arbon. Seine Motivation sei nach wie vor ungebrochen.