Ein klimataugliches Festival
Kim Berenice GeserCyrill Stadler, das SummerDays Festival hat seit seinen Anfängen 2009 ein Depot-System. Welchen Einfluss hatte dies auf die Abfallmenge?
Das Pfandsystem auf Becher und PET hat sich beim SummerDays Festival sehr gut etabliert. Da wir schon seit den Anfängen des Festivals in Arbon auf dieses Pfandsystem setzen, können wir nicht aussagen, ob die Abfallmenge abgenommen hat. Wir wissen aber, dass die Rücklaufquote aus dem Pfandsystem in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Um auch visuell noch eine Verbesserung zu erreichen, prüfen wir ab 2025 mit einem Mehrwegbechersystem zu arbeiten.
Wie viele Tonnen Abfall fallen pro «SummerDays» an?
Beim SummerDays Festival 2023 fielen gesamthaft 19,26 Tonnen Abfall an. Das sind 0,8 Kilogramm pro Besucher und Tag. Im Vergleich dazu: Der Siedlungsabfall in der Schweiz liegt mit 1,9 Kilo pro Einwohnendem und Tag damit über dem Wert des SummerDays Festivals.
Welche Kosten fallen pro Festival für die Abfallbeseitigung an?
In erster Linie investieren wir lieber Geld in die Vermeidung von Abfall. Die Entsorgung macht einen bescheidenen Budgetposten aus. Der Abfall ist auch nicht der schädlichste Faktor in der Umweltbilanz einer Grossveranstaltung. Am meisten Energie wird für die An- und Abreise der Besuchenden verbraucht. Hier setzen wir an. Die Besuchenden legen für die Hin- und Rückreise eine Gesamtstrecke von 1,5 Mio. Kilometer zurück, davon 915 000 Kilometer mit dem ÖV und 620 000 Kilometer mit dem PW. Das Festival-OK und die Crew legen nur gerade rund 34 000 Kilometer zurück, das ist der viel kleinere Hebel, um anzusetzen. Wenn mehr Besuchende mit dem ÖV anreisen, haben wir am meisten für eine bessere Umweltbilanz erreicht.
Am «SummerDays» treten aber auch Stars aus aller Welt auf. Deren An- und Rückreise kann ein Vielfaches länger und emissionsreicher sein. Ganz zu schweigen vom Material für Bühnenshows, etc. Kompensiert das «SummerDays» diese Emissionen?
Die Reisekilometer der Künstlerinnen und Künstler machen im Verhältnis zu den Besuchenden einen geringeren Anteil aus. Wie gesagt: Wir leisten mit der Verlagerung der An- und Abreise der Besuchenden auf den ÖV den viel grösseren Beitrag.
Welche Bestrebungen unternimmt die Festivalleitung sonst noch, um das «SummerDays» klimatauglicher zu gestalten?
Das Festival setzt seit Beginn auf verschiedene Massnahmen im Umweltbereich und einige sind im Laufe der Jahre hinzugekommen. Das Festival nutzt nur Netzstrom und stellt nicht mit Dieselgeneratoren selbst Strom her, die Anreise mit dem ÖV wird seit dem Anfang aktiv gefördert, neu ab 2024 ist die Anreise und Heimreise mit dem ÖV für Besuchende und unsere Crew kostenlos. Hier sind wir in der Schweiz einzigartig und Pionier zusammen mit unserem Schwesternfestival, dem OpenAir St. Gallen.
Inwiefern werden auch die Festivalpartner in die Pflicht genommen, um die Umweltverträglichkeit des «SummerDays» zu verbessern?
Wir machen den Partnerinnen und Partnern bewusste Auflagen im Bereich der Nachhaltigkeit. Bei den Essensangeboten achten wir auf regionale Produkte. Fleisch muss zwingend aus der Schweiz kommen. Die Stände sind angehalten auch vegane und vegetarische Gerichte anzubieten. Zusätzlich beachten wir, dass unsere Lieferanten hauptsächlich aus der Region kommen. Beispielsweise beziehen wir die Festivalbühne und die VIPund Rollstuhltribüne von der Firma Nüssli in Hüttwilen. Hier gäbe es von weiter entfernt gelegenen Lieferanten günstigere Angebote.
Wie sieht es umgekehrt aus: Stellen Sponsoren wie beispielsweise die Migros Anforderungen an die Veranstalter im Bezug auf Umweltfreundlichkeit?
Wir übertreffen die Anforderungen unserer Sponsoren, arbeiten mit diesen für das Festival sehr wichtigen Stützen sehr eng zusammen und überlegen uns auch mit den Partnerinnen und Partnern neue und wirkungsvolle Massnahmen.
Wie viel lässt sich das «SummerDays» seine Nachhaltigkeitsbestrebungen kosten?
Es ist ein stolzer Betrag in unserer Budgetierung. Insbesondere die kostenlose An- und Rückreise der Besuchenden mit dem ÖV wird einen grossen Betrag ausmachen. Hier haben wir jedoch noch keine Erfahrungswerte. Viel wichtiger erscheint uns jedoch, dass wir alle diese Massnahmen machen. Die Besuchenden werden in der Zukunft bei einem Kaufentscheid darauf achten.
Machen wir zum Schluss einen kurzen Exkurs zum Cashless-System: Die Bändel mit RFID-Chips werden jedes Jahr neu produziert. Gäbe es da nicht umweltfreundlichere Lösungen?
Der Zutrittsbändel ist nötig auch ohne das bargeldlose Zahlungssystem. Mit dem Chip am Bändel nutzen wir aber die Zusatzmöglichkeit, die Bezahlvorgänge am Festival schnell abzuwickeln. Die Belieferung der Stände mit Bargeld würde zudem nach unserer Schätzung den grösseren ökologischen Fussabdruck hinterlassen. Am letzten Festival, welches wir mit Bargeld durchgeführt hatten, mussten wir rund eine Tonne Münz anliefern und wieder abholen lassen. Auf die gesamte Abfallmenge machen die Chiptags und Wristbands mit weniger als einem Prozent einen sehr geringen Anteil aus. Wir überlegen uns hier aber auch eine Weiterentwicklung des Systems mit der Nutzung der NFC Technologie der Mobiltelefone als Chipersatz.