Ein Projekt wie Zahnweh
Kim Berenice GeserIn beinahe natürlichen Bahnen fliesst die Steinach durch das gleichnamige Dorf. Links und rechts beschatten Bäume das Flussbecken. Kiesbänke bieten wichtigen Lebensraum für Flora und Fauna und die Seeforelle kann ungehindert in ihr Laichgebiet im Steinachtobel vordringen. Dieses idyllische Bild, das Peter Rey vom Fachbereich Ökologie der Hydra AG am Informationsabend der Gemeinde Steinach zu ihrem Generationenprojekt zeichnet, ist keinesfalls eine Utopie. Im Gegenteil: Es ist das angestrebte Ziel des Gemeinderates. Denn nicht nur die Ökologie der Steinach ist im heutigen Zustand stark beeinträchtigt, am 150–jährigen Bauwerk nagt zudem der Zahn der Zeit. Ganz zu schweigen vom Hochwasserschutz, der nicht ausreichend gewährleistet ist. Diesen zu verbessern, so dass er küftig auch bei einem hundertjährigen Hochwasser gegeben ist, gehört mit zu den obersten Prioritäten bei der Sanierung des Baches.
Familiengärten ziehen um
Mit dem geplanten Renaturierungsprojekt würde die ökologische Aufwertung mit dem Hochwasserschutz Hand in Hand gehen. Grosse Veränderungen gegenüber dem Projektstand von vor dem Mitwirkungsverfahren im letzten Jahr (“felix.” Nr.13/23) gab es diese Woche nicht zu erfahren. Die Hauptmassnahme im Siedlungsgebiet bleibt die Gerinneverbreiterung, um die Abflusskapazität bei Hochwasser zu erhöhen. Im Gegensatz zum letzten Informationsanlass steht nun allerdings fest, dass für den Gallussteg ein Ersatzneubau geplant ist, die Familiengärten auf die Parzelle Nr. 143 neben der ARA Morgental verlegt werden und die Reaktivierung des Altlaufes auf Höhe des Schützenhauses mit einer statt zwei Flussschlaufen geplant ist. Teil des Gesamtprojekts ist auch der Ersatz der SBB–Brücke. Diese bildet ein Nadelöhr auf dem sanierungsbedürftigen Streckenabschnitt, das mit spezifischen Baumassnahmen verbessert werden muss. Hierfür findet ein Schulterschluss von Gemeinde und SBB statt. Die SBB plant aktuell den Neubau ihrer Brücke und wird sich entsprechend auch an den Kosten dafür beteiligen.
Kosten sind erheblich höher
Die Kosten sind es indes auch, die sich am meisten vom Vorprojekt unterscheiden. Während im Vorprojekt noch von 17 Mio. Franken die Rede war, sprach die Gemeinde diese Woche von einem Betrag zwischen 30 und 33 Mio. Franken. Dies sei jedoch wenig überraschend, erklärt Gemeindepräsident Michael Aebisegger den Anwesenden. Denn im Vorprojekt seien wesentliche Kostentreiber wie die Verlegung der Familiengärten, der Neubau der SBB–Brücke und der Ersatz von Werkleitungen noch nicht enthalten gewesen. Er relativiert die Zahl auch sogleich: Die Gemeinde wird nach aktuellen Schätzungen «nur» Kosten in Höhe von 10 bis 12 Mio. Franken tragen. Zwei Drittel der Investitionskosten übernehmen Bund und Kanton. Die detaillierten Kosten sowie deren Aufteilung will die Gemeinde spätestens bis zum Versand der Botschaft zur Kreditabstimmung bekannt geben. Die Abstimmung ist auf den 9. Juni festgelegt. Auf die Frage aus dem Publikum, was passiere, wenn die Bevölkerung den Millionen–Kredit ablehne, antwortet Aebisegger: «Das kann niemand wirklich beantworten.» Er für seinen Teil werde in einem solchen Fall sämtliche Projektunterlagen aus 15 Jahren Planung in eine Kiste packen und dem Kanton übergeben. Der Gemeindepräsident zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass es nicht so weit kommt. Dieses Projekt sei wie Zahnweh, man könne es zwar kurzzeitig ignorieren, auf längere Sicht werde es aber nur schlimmer und kostenintensiver. Das Generationenprojekt erfordere Zugeständnisse von allen. «Wenn alle ein wenig unzufrieden sind, ist es ein guter Kompromiss», konstatiert er.