Er hat Innovation im Blut
Kim Berenice GeserHansueli Bruderer, Sie sind Arboner des Jahres 2025. Wie fühlen Sie sich mit diesem Titel?
Geehrt und wertgeschätzt. Die Wertschätzung gilt aber, das ist mir wichtig zu betonen, der TGA und dem ganzen Projektteam SCCL.
Geehrt wurden Sie für Ihr Lebenswerk, vor allem aber für das Projekt des selbstfahrenden Busses Artour. Wenn man so will, sind Sie dessen geistiger Vater. Was bedeutet Ihnen «Artour» persönlich?
Für mich ist er Ausdruck für die Freude an fortschrittlicher Spitzentechnologie.
Nach den Testfahrten transportiert «Artour» seit Mitte Oktober auch Passagiere durch die Altstadt – ein Meilenstein.
Das war ein wichtiger Schritt für uns, um der Stadt mit diesem Projekt auch einen Mehrwert zu bringen, nämlich eine Linie, die es bisher noch nicht gab und die auch genutzt wird. Wir haben beispielsweise Mitarbeitende der MS Direct, die schon regelmässig zusteigen.
Allerdings wird seit der Inbetriebnahme des Busses auch immer wieder Kritik laut. Er halte den Verkehr auf, sei teuer und unnütz. Wie reagieren Sie darauf?
Ich nehme diese Rückmeldungen sachbezogen entgegen, ohne schockiert zu sein. Wir haben mit Kritik gerechnet. Wir machen hier etwas ganz Neues, etwas, was es so noch nicht gab. Es gibt nirgendwo auf der Welt einen automatisierten Linienbus dieser Grösse, der Passagiere fahrplanmässig im regulären Strassenverkehr einer Innenstadt transportiert. Neues macht am Anfang in der Regel Angst. Ich werde beispielsweise oft gefragt, ob wir mit «Artour» nicht dazu beitragen, die Chauffeure wegzurationalisieren.
Was antworten Sie darauf?
Der öffentliche Verkehr leidet unter enormem Fachkräftemangel. Ohne Fahrer und Fahrerinnen aus EU-Ländern wäre unser öV nicht in der Lage, unseren hochstehenden Service zu bieten. Diesen Fachkräftemangel abzufedern, dazu können wir mit den Erkenntnissen aus unserem Projekt beitragen. Genauso wie dazu, den öV kostengünstiger zu machen. Sonst wird es keine zusätzlichen Ortsbusse mehr geben können. Denn Fakt ist: Je feingliedriger das Busnetz, umso mehr schlägt es zu Buche. Mit dem System von selbstfahrenden, fernüberwachten Bussen könnten wir beispielsweise in Zukunft wenig frequentierte Randzeiten abdecken und so Linien erhalten. Das ist auch das Ziel des Bundesamtes für Verkehr (BAV) , weshalb es das dreijährige Pilotprojekt mit einer halben Million Franken Fördergelder unterstützt. Das BAV und das Bundesamt für Strassen (ASTRA) wollen zudem die Akzeptanz für autonome Fahrsysteme erhöhen.
«Das wird der nächste grosse Effizienzschub im Linienverkehr»
Wie lautet denn Ihr Fazit nach den ersten Monaten?
Es ist uns gelungen, den Betrieb mit einem ganztägigen Fahrplan – von dem mir viele abgeraten haben – konsequent umzusetzen. Es gab nur ganz wenige Tage, an denen wir aufgrund von Tests oder Einbau einer zusätzlichen Kamera einen Ersatzbus eingesetzt haben. Ausserdem hatten wir keinen Unfall und keine Ausfälle. Von einer klaren Mehrheit der bereits über 1500 Fahrgäste gab es positive Feedbacks.
Gab es aufgrund der Rückmeldungen schon Anpassungen?
Ja, wir haben die Lautstärke der Aussenlautsprecher reduziert oder teilweise abgestellt, weil dies von Anwohnenden der Altstadt gewünscht wurde. Und wir optimieren laufend die Fahrweise so, dass «Artour» schrittweise so gut fährt, wie der beste Postauto-Chauffeur.
Die Vision des Projektteams ist es, mit diesem Pilot über die Landesgrenzen hinaus Geschichte zu schreiben. Ist das realistisch?
Das wird der nächste grosse Effizienzschub im Linienverkehr. Davon bin nicht nur ich überzeugt. Wir hatten seit Oktober bereits drei verschiedene Delegationen aus Tokio bei uns zu Gast. Die Chefin der Wiener Verkehrsbetriebe hat sich das Projekt angesehen, genauso wie sechs Schweizer Verkehrsbetriebe. Wir hatten ordentlich zu tun. Und ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Weil es das Gesetz in der Schweiz erlaubt, wird zum Beispiel Eurobus nach dem Testbetrieb zur Kosteneinsparung ferngesteuerte Busse zum Einsatz bringen wollen.
Hansueli Bruderer ist "Arboner des Jahres 2025"
Am Mittwoch, 17. Dezember fand im Schloss Arbon die feierliche Ehrung des „Arboners des Jahres 2025“ statt. Der Stadtrat durfte aus insgesamt 23 eingegangenen Vorschlägen den Preisträger wählen – ein erfreuliches Zeichen für das vielfältige Engagement in der Arboner Bevölkerung. Der Stadtrat dankt allen Personen, die Wahlvorschläge eingereicht haben.
Ausgezeichnet wurde dieses Mal Hansueli Bruderer. Er überzeugte insbesondere durch seine herausragende Initiative und seinen langjährigen Einsatz für das Projekt des selbstfahrenden Busses "Artour", welches Arbon im vergangenen Jahr weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt gemacht hat und einen innovativen Beitrag zur Weiterentwicklung der Mobilität leistet. Der Stadtrat gratuliert Hansueli Bruderer herzlich zu dieser verdienten Auszeichnung. Der Anerkennungspreis ist mit 1'000 Franken dotiert.
Die Wahl erfolgte erstmals nach neu definierten Kriterien. Bewertet wurden das Engagement für Arbon, der Beitrag zur Lebensqualität, die Aktualität und Nachhaltigkeit des Einsatzes, die positiven Auswirkungen auf die Gemeinschaft sowie die Vorbildwirkung und Inspirationskraft.
Aus dem Stadthaus