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Farinoli- statt Ochsenplatz

Was passiert, wenn man die Situation rund um den «Ochsen» in Roggwil einmal frei von Konventionen und Vorschriften betrachtet? Diese Frage stellte sich der Architekt Kevin Fitzi. Er entwirft ein Modell für Roggwils Zentrum, das neue Schwerpunkte setzt und den Denkmalschutz links liegen lässt.

Kim Berenice Geser

Vorab will gleich klargestellt sein: Kevin Fitzis Ideen für die Gestaltung des Roggwiler Zentrums sind aus eigener Initiative entstanden. Sie basieren weder auf einem Auftrag der Gemeinde oder Dritten noch haben sie eine Verbindlichkeit in irgendeiner Form. «Ich will einfach zeigen, was möglich ist», erklärt der 31-jährige Architekt. Mit seinen Ideen will er den Dialog im Dorf neu aufrollen und wieder in positivere Bahnen lenken. Zur Erinnerung: Im Dezember hatte die Roggwiler Bevölkerung den Kredit für die weitere Ausarbeitung des Projekts Zentrum in Höhe von 250 000 Franken abgelehnt. Das wundert Fitzi nicht. Die Pläne, welche die Gemeinde im Herbst 2022 präsentierte, empfindet er als «charakterlos», es fehle an Inspiration und dem Wissen ums Dorf. «Zwei Baukörper auf diesem Platz sind Unsinn.» Einerseits, weil die Parkplätze für den «Roggwiler Beck» überlebenswichtig seien. «Aber auch, weil der ‹Ochsenplatz› nun einmal ein Parkplatz ist.» Natürlich sei dies schade, aber es entspreche schlicht einem Bedürfnis im Dorf. Fitzi ist deshalb auch der Überzeugung, dass die gewünschte Begegnungszone andernorts realisiert werden sollte.

Ein Platz für die Bevölkerung

Seine Idee: Statt eines Ochsenplatzes soll es einen Farinoliplatz geben. «Wir sollten den Fokus auf das Gebiet in und um die Schlossgasse herum legen», ist sich der Architekt sicher. Dort würden Veranstaltungen wie der «slowUp» bereits heute beweisen, welche Wirkung mit einer Begegnungszone an dieser Lage erzielt werden könne.

Kevin Fitzis Visualisierung des Roggwiler Zentrums: Der angedachte Neubau anstelle von «Ochsen» und Farinolihaus ist eine moderne Interpretation des Fachwerkstils. Zwischen «Traube» und Neubau denkt er eine leicht abgesenkte, verkehrsfreie Begegnungszone an.
Kevin Fitzis Visualisierung des Roggwiler Zentrums: Der angedachte Neubau anstelle von «Ochsen» und Farinolihaus ist eine moderne Interpretation des Fachwerkstils. Zwischen «Traube» und Neubau denkt er eine leicht abgesenkte, verkehrsfreie Begegnungszone an.
© z.V.g.

In seiner Vision würde sowohl das Farinolihaus als auch der «Ochsen» weichen. Stattdessen entstünde ein Neubau – Fitzi denkt hier an eine moderne Version eines Fachwerkbaus, der von der benachbarten «Traube» inspiriert ist. Und zwischen «Tres Amigos» und Neubau visioniert er einen grossräumigen Platz. Im Obergeschoss des Neubaus könnte sich Fitzi den Einzug der Gemeinde vorstellen, im Erdgeschoss Gewerbe und Gastronomie. Die Erschliessung einer Tiefgarage denkt er über die Betenwilerstrasse an.

Denkmalschutz ist nicht der Feind

Dass er bei seinen Ideen unter anderem den Denkmalschutz aussen vorlässt, ist Fitzi bewusst. «Aber zu viele Fixpunkte schränken ein Brainstorming nur ein», konstatiert er schmunzelnd. Ihm sei natürlich klar, dass seiner Vision etliche politische und baurechtliche Hürden gegenüberstünden. Dennoch ist er der Ansicht, dass mehr möglich wäre, als bisher angedacht wurde. Auch bezüglich Denkmalschutz. «Dieser wird immer verteufelt, aber wenn er früh mit einbezogen wird, können tolle Lösungen entstehen.» Und selbstverständlich wäre auch eine Lösung mit Farinolihaus denkbar. Fitzi ist jedoch der Ansicht, dass Altes nicht um jeden Preis bewahrt werden sollte. «Roggwil lebt dank der Vereine, dank des innovativen Gewerbes, dank der Landwirtschaft. All das braucht Raum.»

Eine Horizonterweiterung

Fitzis Vision für Roggwils Zentrum ist auch schon zu Gemeindepräsident Gallus Hasler durchgedrungen. Dieser findet den Vorschlag durchaus spannend und nennt ihn eine «Horizonterweiterung». Ob er umsetzbar sei, sei hingegen die andere Frage. «Schliesslich müsste ein solches Projekt ISOS-kompatibel und mit den nötigen baurechtlichen Auflagen und dem Denkmalschutz vereinbar sein.» Auf den offiziellen Stand der Dinge angesprochen, sagt Hasler, die Arbeitsgruppe Zentrum sei aktuell dabei, die Projektunterlagen aufzuarbeiten. Diese sollen im Mai dem neu zusammengesetzten Gemeinderat übergeben werden. «Wie vom Stimmvolk gewünscht, wird dieser entscheiden, wie es mit dem Projekt weitergehen soll.»

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