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Hier sass der Wirt noch mit am Tisch

Sechs Jahre in der «Blume» Steinach, elf Jahre im «Frohsinn» in Arbon und insgesamt über vier Jahrzehnte in der Gastronomie: Das Ehepaar Monika und Erwin Schönauer blickt auf eine lange Wirtekarriere zurück. Am Freitag, 21. Oktober, verabschieden sich die beiden in die wohlverdiente Pension.

Kim Berenice Geser

«I nehm no eis.» Es ist halb elf Uhr an einem gewöhnlichen Dienstagmorgen. Der runde Stammtisch in der «Blume» Steinach direkt neben dem Eingang ist bis auf den letzten Platz besetzt. Wenn man dem Schild auf dem Tisch Glauben schenken darf, versammeln sich hier regelmässig «Jäger, Fischer und andere Lügner». Wohin wird es diese treiben, wenn die «Blume» am Freitag in einer Woche zum letzten Mal öffnet? «Das diskutieren wir auch gerade», meint einer der Stammgäste. Einen Ersatz zu finden, werde nicht so leicht, da ist sich die Gruppe einig. Vor allem, weil man in erster Linie wegen des Wirtepaars komme und nicht wegen des Lokals – obwohl das Essen also durchaus sehr zu empfehlen sei. «Hier sitzt der Wirt eben auch mal noch an den Tisch und hält einen Schwatz», meint einer aus der Runde. Das sei längst nicht mehr Usus. Man kennt sich hier. Denn die «Blume» ist mehr als ein Restaurant. Sie ist ein sozialer Treffpunkt. Der richtige Zeitpunkt aufzuhören Das empfinden auch Monika und Erwin Schönauer so. «Am meisten werde ich die Gäste vermissen», gibt der Wirt unumwunden zu. Kein Wunder, sind sie doch quasi der erweiterte Freundeskreis. «Als Gastwirt hast du kaum Zeit für ein Vereinsleben oder Hobbies», erklärt Monika Schönauer. Stattdessen findet ein Grossteil des eigenen Soziallebens zwischen Bierzapfhahn und Stammtisch statt. Sentimental werden die beiden auf den Abschied hin dennoch nicht. Natürlich gehe man mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Aber das Wirtepaar freut sich auf die Zeit danach. Die beiden pandemiegeprägten Jahre zehrten an den Kräften und Nerven. Zwar laufe der Laden inzwischen wieder wie am Schnürchen. Angesichts der steigenden Stromkosten und dem in der Branche grassierenden Personalmangel besteht für Schönauers aber kein Bedürfnis, den Pachtvertrag noch einmal zu verlängern. Stattdessen nehmen sie die Erinnerungen an ihre Metzgete, das hauseigene Oktoberfest, die gut besuchten Muttertage und alle ausgebuchten Silversterparties mit und behalten ihre Zeit in Steinach in guter Erinnerung. Mit dem Velo in den Norden Monika Schönauer, die eigentlich schon seit einem Jahr pensioniert ist, bringt ein weiteres Bier an den Stammtisch. Was werden die beiden tun, wenn Erwin Schönauer nun auch die Schürze an den Haken hängt? «Nichts», lacht der Gastwirt auf. «Das erste Mal seit über 40 Jahren.» Und dann wollen die beiden noch mit den Velos nach Norwegen fahren. «Gell, das machen wir Monika?» – «Ja, das machen wir.» Wer das Lokal übernimmt, ist derzeit noch unklar. Geht es nach dem Stammtisch, sollte es jemand sein, der ein ähnliches Konzept hat – eine «Stammbeiz» für das Dorf eben.

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