Maloney ist mehr als als nur seine Stimme
Kim Berenice Geser«Sie hören die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney ...» Als Kind sass ich jeden Sonntagmorgen pünktlich um 11 Uhr vor dem Radio. Ich nehme an Sie auch?
Luca Ribler: Wie ein Wahnsinniger habe ich mir die Folgen angehört. Allerdings auf CD und nicht im Radio. Dazu habe ich jeden Sonntag Brot gebacken. Damals war ich 10, 12 Jahre alt. Heute frage ich mich, wie gut mein Brot damals war. (lacht)
Dabei sind die Fälle von Maloney selten ganz jugendfrei.
Stimmt. Wobei man als Kind ja auch nicht immer alles versteht. Und die Morde in den Maloney-Hörspielen werden nie wirklich schlimm dargestellt. Auch dem Drama, das ja eigentlich mit einem solchen Todesfall einhergeht, wird kein Raum gegeben. Das haben wir auch in der Fernseh-Adaption so beibehalten.
Die Fernsehserie behält diesen leicht absurden, bisweilen überzeichneten Erzählstil?
Absolut. Wir haben eine eigene Filmwelt aufgebaut, die nach den Maloney-Regeln funktioniert. Die Zuschauenden erwartet also nicht diese teilweise bedrückende Realität, wie man sie aus nordischen Krimis kennt, sondern eine Kunstwelt zwischen Retro und Moderne, die nichts wirklich Grausames oder Tragisches hat. Stattdessen bringen wir den zynischen, sarkastischen und bisweilen liebevollen Humor der Hörspiele auf die Leinwand – inklusive der überzeichneten, wahnsinnigen Klientinnen und Klienten.
Sie führen bei 5 der 10 Episoden Regie und waren bei allen Folgen «Headautor». Mal abgesehen von Ihren brotbackenden Kindheitserinnerungen: Warum wollten Sie diese Radioproduktion verfilmen?
Das war schon lange ein Wunschprojekt von mir. Bereits während des Studiums, nur dachte ich damals, mit meiner mangelnden Erfahrung wird mich das niemand machen lassen. Später lernte ich am Set der zwei Tatort-Produktionen, an denen ich zweite Regie war, den Produzenten Martin Joss kennen und erzählte ihm von meiner Idee. Er bekam sofort leuchtende Augen und verstand, was für ein tolles Projekt das werden könnte. Also machten wir uns ans Werk.
Maloney verdankt seine charakteristische Stimme seinem Sprecher Michael Schacht, der 2022 verstarb. Wie macht man aus einer Stimme, die die ganze Schweiz mit diesem Detektiv verbindet, eine Filmfigur?
Erstens, in dem man sich fragt, welche Charaktereigenschaften diese Figur eigentlich ausmachen. Denn ja, Michael Schachts Stimme ist wichtig, aber die Figur Maloney ist mehr als nur seine Stimme. Er ist ein Zyniker, der doch den Menschen hilft, skeptisch gegenüber der reichen Oberschicht, schlau und schlagfertig.
Und zweitens?
In dem man die Frage beantwortet, wer diese Figur mit Leben füllen kann.
Für Sie war das Marcus Signer, den die meisten aus «Wilder» oder «De Goalie bin ig» kennen. Warum?
Weil er als Schauspieler wie als Mensch schon viel erlebt hat. Er hat diesen Maloney-eigenen Sarkasmus, aber auch eine Wärme in seinem Spiel, die ideale Besetzung.
Aber Signer spricht Berndeutsch!
(lacht) Ja, und wir haben uns lange und reiflich überlegt, ob wir die Serie auf Hoch- oder Schweizerdeutsch drehen wollen. Wir haben auch beides mit den Schauspielern getestet. Am Ende war unter anderem Schachts Stimme ausschlaggebend. Indem wir die Fernseh-Adaption auf Schweizerdeutsch machen, schaffen wir Distanz zum Hörspiel. So kann die TV-Serie trotz der klaren Hörspielvorlage ein eigenes Produkt sein. Denn auf Hochdeutsch hört man im Hintergrund immer den Radio-Maloney.
Die ersten drei Folgen der 10-teiligen Serie laufen im Kino. Diesen Sonntag, 15. Dezember, werden Sie zusammen mit Stefan Kurt, der den Polizisten spielt, im «Kino Roxy» in Romanshorn zu Gast sein. Aber mal ehrlich, warum sollte man sich eine Fernsehserie im Kino ansehen?
In diesem Projekt steckt unglaublich viel visuelle Arbeit. Und diese Bildsprache ist am Fernsehbildschirm einfach nicht dasselbe Erlebnis. Ausserdem verraten Stefan und ich vor und nach dem Film noch einiges über die Produktion. Es ist also ein richtiger Event, den die Couch im Wohnzimmer nicht bieten kann.
Zur Person
Luca Ribler wurde 1989 in Arbon geboren. 2010 zog er für sein Filmstudium an der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste) nach Zürich. Wenig später gründete er eine Wohngemeinschaft mit einem Schulfreund aus Arbon. Die beiden wohnen noch heute zusammen, inzwischen ergänzen jedoch die jeweiligen Partnerinnen und der Nachwuchs die WG. Ribler ist seit 2016 selbstständiger Filmemacher und Drehbuchautor. Die Verfilmung der Hörspielreihe um den Privatdetektiv Philip Maloney ist ein langersehntes Projekt des Regisseurs. Während der Vorbereitungsphase hat er sich (fast) alle 404 Hörspiele aus 35 Jahre noch einmal angehört. Vom grossen Engagement auf der anderen Seite des Teichs träumt Ribler aktuell nicht, er fühlt sich wohl in der Schweizer Filmlandschaft. Wobei er laut eigener Aussagen wohl auch nicht nein sagen würde, käme ein Angebot für einen «Spiderman»- oder «Star Wars»-Film ins Haus geflattert. Was ihn jedoch reizen würde, wäre eine Produktion in Deutschland oder Österreich.