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Parlament übt sich im Vertrauen

Nimmt das Arboner Stadtparlament seine Aufgabe als Kontrollorgan der Exekutive wahr? Diese Frage stellte sich vergangenen Dienstag nicht nur einzelnen Parlamentsmitgliedern.

Kim Berenice Geser

Beinahe gebetsmühlenartig bemängelte das Parlament auch heuer die hohe Summe der Nachtragskredite im Vorjahr. Welch Ironie, dass ein solcher gleich nach Genehmigung der Rechnung 2023 traktandiert war. Konkret ging es dabei um den Nachtragskredit in Höhe von 675 000 Franken für die Ausbaggerung der Hafeneinfahrt. Ein Kredit, der bis vor einer Woche noch um 200 000 Franken tiefer ausfiel. Entsprechend gross war die Verwirrung in der Presse-Ecke, als der zuständige Stadtrat die Diskussion zur Botschaft mit den Worten eröffnete: «Ich möchte mich entschuldigen für den Nachtragskredit zum Nachtragskredit. Das ist unschön.» Denn dort lagen noch die alten Unterlagen auf dem Tisch. Und auch die Parlamentsmitglieder selbst waren erst eine Woche vor der Sitzung mit den neuen Zahlen konfrontiert worden. Zustande kam dies, wie Bachofen erklärt, weil man im Zuge einer rollenden Planung und aufgrund der Dringlichkeit des Projekts bereits mit der Ausschreibung der Arbeiten begonnen hatte. Der erste Nachtragskredit vom April beinhaltet die ursprünglich für 2025 geplanten Investitionen von 200 000 Franken sowie noch einmal dieselbe Summe, weil man gegenüber dem Projektbeginn heute mit mehr Aushub rechnet und inzwischen auch weiss, dass dieser mehrheitlich entsorgt und nicht im See verkappt werden kann. Mit dem noch vor der Parlamentssitzung abgeschlossenen Ausschreibungsprozess zeigte sich jedoch: Die Schätzungen des von der Stadt hinzugezogenen Ingenieurbüros Staubli, Kurath & Partner AG aus Zürich lagen noch einmal 200 000 Franken unter dem günstigsten Angebot der Aquamarine Technologies AG von rund 874 000 Franken; die teuerste der drei Offerten beläuft sich gar auf 1,42 Mio. Franken.

Kommissionssitzung im Plenum

Die Diskrepanz zwischen der Schätzung der Experten und den tatsächlichen Offerten begründet Bachofen damit, dass sich das Ingenieurbüro verschätzt habe. So fällt die Baustelleneinrichtung circa zweieinhalb Mal teurer aus als angenommen und auch die Materialentsorgung wird kostspieliger als gedacht. Ergo entschied sich der Stadtrat, den Nachtragskredit kurz vor der Sitzung noch einmal zu erhöhen. Ein Vorgehen, das im Parlament auf Befremdung stiess. Silke Sutter Heer beantragte im Namen der Fraktion FDP/XMV nicht auf das Geschäft einzutreten und eine Kommission zu bilden. Das Parlament sei nicht der verlängerte Arm des Stadtrates, sondern eine eigene Gewalt, die ein Geschäft wie dieses mit einer Kommission auf Herz und Nieren prüfen müsse. «Eine zum xten Mal bemühte Dringlichkeit genügt nicht, um wichtige demokratische Prozesse auszuhebeln», lautete ihr Votum. Dem stimmten auch Teile der SP zu. Die Mitte/EVP und die SVP rügten zwar den Stadtrat, riefen jedoch, entgegen ihres parlamentarischen Auftrages, einmal mehr dazu auf, diesem zu vertrauen. So kam es, dass die in diesem Falle angebrachte Kommissionsarbeit im Plenum gemacht wurde. Denn Fragen warf der Nachtragskredit und sein Zustandekommen selbstverständlich dennoch auf. Chiara Eugster (SP) brachte das allgemeine Empfinden auf den Punkt, als sie vor der Abstimmung eine zehnminütige Pause beantragte, mit dem Kommentar, sie erachte die heutige Sitzung als schwierig und wolle die neu gewonnenen Erkenntnisse mit ihrer Fraktion besprechen. Nach einer einstündigen Diskussion kam es jedoch weder zur Kommissionsbildung noch zur Ablehnung des Kredits. Mit 19 Jazu 5 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen wurde vertraut statt kontrolliert. Bleibt zu hoffen, dass die Hafenausbaggerung nicht noch mehr Überraschungen aus der Tiefe holt.

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