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Raum und Zeit vergessen

Wenn Andreas Jost vom Orgelspiel erzählt, wünscht man sich ein klein wenig in ein Kirchenschiff, um den Tönen zu lauschen, welche er der Königin der Instrumente entlockt. Am 12. Internationalen Orgelfestival Arbon ist genau dies möglich.

Laura Gansner

Nach Arbon hat es Andreas Jost im Rahmen seiner Konzerttätigkeiten schon zwei Mal geschafft, jedoch noch nie an die Bodenseeorgel der Evangelischen Kirche Arbon. Die Vorfreude sei nun umso grösser, erzählt er: «Die restaurierte Orgel hat einen spannenden Bauprozess hinter sich». Jost ist Organist am Grossmünster in Zürich sowie Professor für Orgelspiel an der Zürcher Hochschule der Künste – und diesjähriger Gast am «Internationalen Orgelfestival Arbon». Dass er selbst zum Orgelspiel gefunden hat, ist mehr Zufall als Schicksal, berichtet er. Er habe bis in die Oberstufe eigentlich Klavier gespielt, bis ihn eine Musiklehrerin angefragt hat, ob er nicht Interesse daran hätte, auf die Orgel umzusteigen. Hatte er – und dabei blieb er auch.

Orgel als Brücke zur Welt

Die Verbindung von Kirche und Orgel habe für den Organisten keine Rolle gespielt in seiner Entscheidung für das Instrument. Mehr als kirchlich sozialisiert sei er zwar nicht, aber der Vielfältigkeit der verschiedenen Gottesdienst-Formen könne er viel abgewinnen. So erwarten die Besuchenden bei einer Ordinierung ein anderes Orgelspiel als bei einer Hochzeit oder einer Abdankung. «Stets geht es darum, die verschiedenen Stimmungen mit passender Musikalität zu begleiten». Ausserdem sei es schon faszinierend, in solch geschichtsträchtigen und klanglich weiten Räumen zu spielen wie in Kirchen, so Jost. Das Orgelspiel müsse ja auch nicht immer in Verbindung zum Christentum stehen, auch wenn dies meist auf den Standort des Instruments zutreffe. «Die Kirche hat schliesslich nicht nur einen sozial-diakonischen, sondern auch einen gesellschaftlichen Auftrag», führt Jost aus. So könne im Orgelspiel das Weltliche auf das Sakrale treffen. Ein Beispiel dafür sei das «Internationale Orgelfestival Arbon», organisiert von der Evangelischen Kirche Arbon, aber in der Auswahl der Musikerinnen und Musiker sowie in deren Orgelprogramm komplett frei.

Andreas Jost hat sich das Orgelspiel zur Lebensaufgabe gemacht.
Andreas Jost hat sich das Orgelspiel zur Lebensaufgabe gemacht.
© z.V.g.

Im Konzert zur Ruhe finden

Diese «Carte Blanche» gefalle ihm, so Jost: «Wenn jede und jeder sein eigenes Programm zusammenstellt, kann die Orgel auf ganz unterschiedliche Arten erlebt werden». In der Vorbereitung einer solchen Aneinanderreihung von Kompositionen, die in einem sich wiederholenden Thema zueinanderpassen, könne man als Komponist immer wieder darin üben, was der Konzertbesucher oder die Konzertbesucherin am Ende mache: dem ruhigen Zuhören. «Wir neigen in dieser modernen Welt dazu, schnell von einer Beschäftigung zur nächsten zu rauschen.» Ein Konzertbesuch könne ein Gegenpol darstellen, ein Moment der Meditation, eine Verbindung zu Raum und Zeit, die einen zur Ruhe kommen lässt. Wer sich in diesen Zustand versetzen lassen möchte, kann sich am Sonntag, 27. August, um 19 Uhr den Auftakt zum diesjährigen Konzertzyklus des «Orgelfestivals» von den Klängen der Kanadierin Isabelle Demers berieseln lassen. Andreas Jost selbst spielt am Samstag, 2. September, um 19 Uhr. Am Sonntag, 3. September, um 11 Uhr gibt Simon Menges bei einer der beliebten Orgelführungen mit Kurzkonzert Einblicke in das grösste Instrument im Kanton Thurgau. Das Abschlusskonzert wird Simon Menges am Sonntag, 10. September, um 19 Uhr zusammen mit der ukrainischen Pianistin Nadia Bandura geben. Der Eintritt ist jeweils frei.

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