Aufwertung 2.0 – oder der grösste gemeinsame Nenner
Kim Berenice Geser«Wir kommen wieder mit diesem Projekt!» So lautete das Versprechen des damaligen Stadtrats Peter Gubser nach der Abstimmungsschlappe im Frühherbst 2018, als das Projekt Lebensraum Altstadt beim Arboner Stimmvolk durchgefallen war. Sieben Jahre später zeigt sich: Gubser sollte recht behalten. Diese Woche stellten Stadtpräsident René Walther und Stadtrat Didi Feuerle sowie der neue Stadtplaner David Keller und ein Vertreter des Ingenieurbüros Wälli das neue Gesamtkonzept zur Aufwertung der Altstadt den Medien vor. Kommenden Donnerstag folgt die öffentliche Infoveranstaltung für die Bevölkerung (siehe Kasten unten). Wobei sich die vorgestellten Massnahmen hauptsächlich auf die Promenaden- und die Hauptstrasse beziehen und so neu gar nicht sind. René Walther betont: «Wir haben mit der Planung nicht auf der grünen Wiese begonnen, sondern Bestehendes einfliessen lassen.» So seien sämtliche vorhandenen Planungen der letzten Jahre – «inklusive der Skizzen von Heinz Nyffenegger» – in eine Gesamtbetrachtung integriert worden, welche auch kommende Projekte bereits berücksichtigt. Ebenso die Erkenntnisse aus der gescheiterten Abstimmung 2018. Damals lag der Fokus der Gegner stark auf den fehlenden finanziellen Mitteln in der Stadtkasse. Dieser Umstand hat sich nach mehreren positiven Rechnungsjahren grundlegend geändert. Dennoch wurde der Kostenfrage auch beim heutigen Projekt Rechnung getragen. Zwei weitere Stolpersteine der Vergangenheit, welche diesmal nicht zum Verhängnis werden sollen, sind die Kommunikation und das Verkehrsregime. «Das ist für uns nicht nur ein Strassenprojekt», hält Walther fest. Weshalb bereits im Zuge der Projektausarbeitung intensive Gespräche mit sämtlichen Interessensgruppen geführt wurden, darunter die Verkehrs-, die Grünraum- und die Ortsbildkommission, die Schulen und der Quartierverein Altstadt, sowie die Anwohnenden und Ladeninhaber der Altstadt. Im weiteren Projektverlauf wird ausserdem über eine eigene Webseite kontinuierlich informiert.
Stadt stellt neues Altstadtprojekt vor
Am Donnerstag, 21. August, werden die Verantwortlichen das neue Gestaltungsprojekt für die Arboner Altstadt vorstellen. Der öffentliche Anlass findet um 19 Uhr im Landenbergsaal des Schlosses Arbon statt. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, sich ein Bild vom neuen Vorhaben zu machen und Fragen zu stellen.
Pflastersteine und Grünräume
Dem Stolperstein Verkehrsregime wird elegant ausgewichen, indem dieses grundsätzlich beibehalten wird – im Projekt 2018 war noch ein Einbahnregime geplant. Diese Idee verfolgt man 2025 nicht weiter. Dafür ist ab dem Knoten Promenaden- und Hauptstrasse eine Begegnungszone, sprich Tempo 20 vorgesehen. Damit sollen Aufenthaltsqualität und Sicherheit erhöht werden, während gleichzeitig das Bedürfnis der Gewerbetreibenden nach Erreichbarkeit berücksichtigt wird. Weshalb auch die Anzahl der Parkplätze gesamthaft nur um einen reduziert wird.
Marktplatz: Vorher-Nachher
Des Weiteren werden die Verkehrsflächen zu Gunsten von mehr Grünraum und Begegnungsräumen minimiert. So werden beispielsweise die heute stellenweise sehr breiten Fahrbahnen schmaler, stattdessen entstehen dort neue Flächen zur Nutzung von Gastronomie, Gewerbe und Freizeit. Dennoch bleibt die Fahrbahn sowohl für die Busse als auch für Bootsanhänger weiterhin problemlos passierbar. Die Randsteine fallen weg und vor dem Römerhof, beim Marktplatz und dem Ludi Distel Platz wird der Strassenbelag durch Pflastersteine ersetzt – im übrigen Perimeter ist ein herkömmlicher, jedoch heller Strassenbelag vorgesehen.
Morsche Leitungen machen Druck
All diese Aufwertungsmassnahmen entstehen übrigens nicht aus einer Laune der Stadt heraus, sondern gründen in einem massgeblichen Aspekt, der bereits vor sieben Jahren die Ausgangslage für das damalige Projekt Lebensraum Altstadt war. Einem Aspekt, der seither noch an Dringlichkeit gewonnen hat. Die Rede ist vom unabdingbaren Sanierungsbedarf der Werkleitungen in der Altstadt. Teilweise sind diese weit über 80 Jahre alt und haben ihre Lebensdauer somit bereits mehrere Jahrzehnte überschritten. Dass die Arboner Altstadt in den kommenden Jahren zur Baustelle wird, ist folglich unausweichlich.
Römerhof: Vorher-Nachher
Die Frage, welche die Arboner Stimmbevölkerung mit dem vorliegenden Projekt nun ein zweites Mal beantworten darf, ist, ob sie diese Sanierung mit einer Aufwertung der Altstadt verbinden will oder nicht. Für den Stadtpräsidenten und seine Ratskollegen ist der Fall klar: «Den Boden aufreissen und in derselben Form wieder zumachen, ist Nonsens.» Auch finanziell. Denn die geplanten Aufwertungsmassnahmen sind Teil des Agglo-Programmes des Bundes und werden von diesem mit einem erheblichen Betrag mitfinanziert.
Altstadt der Möglichkeiten
Konkret belaufen sich die budgetierten Projektkosten für die Strassensanierung und -aufwertung auf total 4,81 Mio. Franken. Davon entfallen allein 3,05 Mio. Franken auf sogenannte zweckgebundene Ausgaben, sprich auf die Kosten der Instandstellung der Werkleitungen. Die Bewilligung dieser Gelder liegt in der Kompetenz des Stadtrates. Anders der Projektkredit für die Aufwertungsmassnahmen in Höhe der restlichen 1,76 Mio. Franken. Dieser muss vom Stimmvolk genehmigt werden. Wobei dies keineswegs der Betrag ist, welcher schlussendlich zu Lasten der Steuerzahlenden geht. Grund dafür sind die vorab genannten Bundesgelder aus dem Agglo-Programm. Der Stadtrat rechnet mit einem Beitrag des Bundes von 1,2 Mio Franken. Zusätzlich verfügt die Stadt aus der Zeit der NLK-Eröffnung noch über eine zweckgebundene Rücklage für die Aufwertung der Hauptstrasse von rund 200’000 Franken. Womit unter dem Strich noch 360’000 Franken bleiben. Zum Vergleich: 2018 hätte das Projekt gesamthaft 5,1 Mio. Franken gekostet. Davon wären 2,6 Mio. Franken auf die Stadt entfallen, den Rest hätte der Bund übernommen. Damit dies auch beim neuen Projekt der Fall ist, muss der Baubeginn 2027 erfolgen und die Arbeiten bis 2030 abgeschlossen sein. Ansonsten entfällt der Anspruch auf die Agglo-Gelder. Auf die Frage, warum 2025 gelingen soll, was 2018 scheiterte, antwortet Didi Feuerle: «Dieses Projekt ist der grösste gemeinsame Nenner.» Man habe sämtliche Bedürfnisse abgeholt und so viele wie möglich davon umgesetzt. Stadtplaner David Keller ergänzt: «Wir schaffen mit diesem Projekt eine Altstadt der Möglichkeiten.»
Der Zeitplan – Sanierung in vier Etappen
Nach der öffentlichen Präsentation kommende Woche, wird am 26. August im Stadtparlament eine 7-Kommission zur Vorberatung des Projekts gebildet. Noch diesen Winter soll das Parlament über den Baukredit befinden und seine Abstimmungsempfehlung äussern. Die Urnenabstimmung ist auf das Frühjahr 2026 angesetzt. Läuft alles nach Plan soll im Frühjahr 2027 mit dem Bau der Werkleitungen und im Sommer 2027 mit dem Bau der Aufwertungsmassnahmen begonnen werden. Dabei wird das Projekt in vier Etappen gegliedert. In der ersten Etappe (hier grün markiert) wird die Hauptstrasse saniert. Es folgen das Teilstück vor dem Römerhof (violett) und die Promenadenstrasse im Abschnitt entlang des Reben 4 (türkis). Die letzte Etappe ist das zweite Stück der Promenadenstrasse zwischen Kirche und altem Rathaus. Abschliessend kommt es in der übrigen Altstadt nur noch zu kleineren Anpassungen, die vor allem die Signalisation betreffen (pink). Der Abschluss der Arbeiten ist auf den Herbst 2030 terminiert.
