zum Inhalt springen

·

Zur Artikelübersicht

Sauberer als der Bodensee

Die ARA Morgental feiert morgen Samstag, 2. September, ihr 50-Jahr-Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür. Bei diesem Blick hinter die Kulissen wird klar, wie stark das Klärwerk im vergangenen halben Jahrhundert weiterentwickelt wurde. Und mit ihm auch der Beruf der Klärwerkfachleute.

Laura Gansner

Mit konzentriertem Blick beobachtet Klärwerkfachmann Christian Eberle die Schneckenpumpen im Einlaufhebewerk der ARA Morgental. Von sechs spiralf.rmigen Hebewerken laufen an diesem Tag nur zwei. Er deutet auf die gr.ssere der zwei
Pumpen: .Diese bef.rdert in einer Sekunde den Inhalt von zwei Badewannen hinauf.. Bei starkem Regenwetter s.he das nochmals anders aus. Denn wenn alle Pumpen auf Volltouren laufen, k.nnen ganze 3960 Liter Abwasser pro Sekunde angehoben werden. Dies entspricht etwa der Wassermenge aus 26,5 Badewannen. Ist das Wasser angehoben, geht es weiter zur ersten Reinigungsstufe , erz.hlt Christian Eberle (Reinigungsstufen, Kasten links). Er folgt dem Wasser vom Pumpwerk zur Rechenanlage, dem Sand- und Fettfang, vorbei an einem runden Becken, in dem eine blubbernde braune Masse von einem grossen Rührhacken in Bewegung gehalten wird. Darin: Frischschlamm. Auf gut Deutsch ‹Schissdreck›.,
schmunzelt Eberle. Dieser wird in der mechanischen Reinigung herausgefiltert. Nach der Sammlung der Masse im Frischschlammbeh.lter wird diese in einen der beiden Faultürme gepumpt. in welchen der Kl.rschlamm biologisch abgebaut wird. Durch diesen G.rungsprozess kann gleichzeitig Energie erzeugt werden, welche die ARA für den eigenen Betrieb nutzt (Energiegewinnung der ARA Morgental, Kasten rechts). W.hrend Christian Eberle erkl.rt – .Hier werden grobe Schmutzstoffe entfernt, da setzt sich Sand ab, dort schwimmt das .l auf. – wird klar: Die Abl.ufe der ARA würde der Kl.rwerkfachmann
wohl im Schlaf wiedergeben k.nnen. Das, obwohl der gelernte Elektromonteur sich für den Grossteil seiner beruflichen Laufbahn nicht mit Kl.ranlagen, sondern mit Druckern besch.ftigt hat.

Im Ozongenerator vor Kärwerkfachmann Christian Eberle wird Sauerstoff mit Elektrizität zu Ozon umgeformt, um Mikroverunreinigungen zu eliminieren.

Die vier Reinigungsstufen

Jeder Tropfen Wasser, der durch eine Abwasserreinigungsanlage (ARA) fliesst, muss so gereinigt werden, dass er guten Gewissens zurück in die Natur entlassen werden kann. Dafür durchläuft er folgende vier Reinigungsstufen:

Mechanische Reinigung

Mechanische Reinigung

Mithilfe einer Rechenanlage wird das Wasser von den gröbsten Schmutzstoffen befreit, wonach es in einem zweiten Schritt von Ölen, Fetten und Sand gereinigt und vorgeklärt wird.

Biologische und chemische Reinigung

Biologische und chemische Reinigung

In diesen zwei Stufen kommen Bakterien und Metallsalze zum Einsatz, um kleineren Schmutzstoffen wie Nitrat oder Phosphat an den Kragen zu gehen.

Kappung weckt Unmut

Kappung weckt Unmut

Elimination der Mikroverunreinigung (EMV) In der letzten Reinigungsstufe werden Schadstoffe wie Medikamentenrückstände oder Kosmetika eliminiert – durch Verklebung oder Aufspaltung der Moleküle.

Auf Umwegen ins Klärwerk

15 Jahre lange habe er im Aussendienst Drucker repariert, bis er eines Tages genug davon hatte, berichtet Christian Eberle. Damals war er 45 Jahre alt. Ich habe mir gesagt, jetzt habe ich noch die Chance einen neuen Weg einzuschlagen., erinnert er sich. Sein Sandkasten-Kollege, welcher damals Kl.rmeister bei der ARA Morgental war und noch immer ist, erz.hlte ihm von einer freien Stelle im Betrieb. Das ist nun sieben Jahre her. Unterdessen hat Eberle das eidgen.ssische Diplom zum Kl.rwerkfachmann erarbeitet. .Das muss man schon wollen, mit 50 nochmals hinsitzen und büffeln., schmunzelt er. Der Karriereweg von Christian Eberle ist kein untypischer für ARA-Mitarbeitende, wie aus einem Gespr.ch mit Roland Boller, Gesch.ftsführer der ARA Morgental hervorgeht. Ein paar Jahre Berufserfahrung in einem handwerklichen Beruf seien wünschenswert. Berufserfahrungvor allem deshalb, weil die Mitarbeitenden einer ARA unglaublich viel Verantwortung tragen, erkl.rt Boller: .Wer bei uns Pikettdienst hat, ist in diesen Momenten zust.ndig für Anlageverm.gen im Wert von 200 Mio. Franken.. Eine gewisse Berufsreife, um mit diesem Druck umgehen zu k.nnen, sei von Vorteil. Anders als über eine Erstausbildung auf einem anderen Beruf kommt man in der Schweiz sowieso nicht an die Anstellung in einer ARA, denn es existiert keine Berufslehre für die Arbeit als Kl.rwerkfachmann / -frau. Dies wird sich voraussichtlich auch nicht .ndern.

« Ich habe mir gesagt, jetzt habe ich noch die Chance einen neuen Weg einzuschlagen »
Christian Eberle

Ozon für den Umweltschutz

Aufgrund der zunehmenden Belastung des Abwassers durch Medikamente, Hormone oder Biozide müssen bis 2036 rund 100 ARAs schweizweit aufrüsten, um diese Spurenstoffe in Zukunft eliminieren zu k.nnen. Zu diesen z.hlt auch die ARA Morgental, welche ihre EMV-Anlage letztes Jahr in Betrieb nehmen konnte. Zwischen den zwei zurzeit bew.hrten Verfahren, der Behandlung mit Pulveraktivkohle und der Ozonung, hat man sich in Steinach für Letzteres entschieden. .Da auch Wasser aus dem St. Galler Kantonsspital durch unsere Anlage fliesst, haben wir einen hohen Gehalt an Spuren von Medikamenten, Bakterien und Viren., begründet Boller den Entscheid. Anders als bei der Aktivkohle-Behandlung würde das Ozonierungsverfahren die Schadstoffe .spalten, nicht nur zusammenkleben.. Das gesamte Verfahren ist auf einer Tafel in der
EMV-Anlage detailliert beschrieben und bebildert. Christian Eberle steht davor und zeigt auf die aufgelisteten Schadstoffe: .Laut Bund müssen wir 80 Prozent davon eliminieren, wir liegen aber zur Zeit eher bei einer Quote um die 90 Prozent.. Würden die Schadstoffe nicht herausgefiltert werden, landen diese in der Umwelt und beim Menschen. .Das wollen
wir natürlich verhindern., kommentiert Eberle bestimmt. .Abwasserreinigung hat eben auch immer etwas mit Umweltschutz zu tun., fügt er nach einer kurzen Pause hinzu und schliesst mit diesen Worten die Tür der EMV-Anlage, dieser letzten Station
des Wassers, bevor es in den Bodensee fliesst, hinter sich.

Der Tag der offenen Tür der ARA Morgental steht unter dem Motto .Von der Kl.ranlage zum Energiepark .. Auf dem Gel.nde der Kl.ranlage wird n.mlich nicht nur Abwasser gereinigt sondern mit unterschiedlichen Verfahren Strom erzeugt – von Photovoltaik- Anlagen über ein Blockheizkraftwerk bis zu Windturbinen ist in dem 2013 fertiggestellten Energiepark alles mit dabei. Seither wird st.ndig weiter daran gearbeitet, .das Energie-Management so zu verfeinern, dass wir den Strom sinnvoll nutzen k.nnen., erkl.rt Gesch.ftsführer Roland Boller. Die Herausforderung sei es, den Strom zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu produzieren – oder die Energie in einer Form zu erzeugen, die gespeichert werden kann. Deshalb wolle die ARA Morgental vermehrt auf Erdgas setzen, so Boller. Zu diesem Zweck ist bereits eine Gasaufbereitung in Planung.

Informationen zum Besuchstag

Am Samstag, 2. September, von 10 bis 16 Uhr öffnet die ARA Morgental ihre Tuüren zur Feier ihres 50-Jahr-Jubiläums. Besuchende können sich auf einem Parcours einen Eindruck davon verschaffen, was mit dem Wasser geschieht, welches sie tagtäglich im Abfluss verschwinden sehen.

Anzeigen