«Steinach schafft Präjudiz»
Kim Berenice GeserGisela Dudler, Sie sprachen sich wiederholt gegen die Vorlage zur Bachsanierung aus. Nicht aber, weil Sie dagegen sind, sondern weil Sie den Zeitpunkt der Abstimmung für falsch halten. Wie kommt das?
Steinach hat ein Defizit im Hochwasserschutz. Das muss angegangen werden und zwar auf dem schnellsten Weg mit einer Lösung die sowohl von der Bevölkerung als auch von den Umweltverbänden getragen wird. Eine Lösung, die keine Gerichtsverfahren beinhaltet.
Sie befürchten, dass die Umweltverbände, welche sich schon in einer frühen Projektphase aus der Begleitgruppe zurückgezogen haben, bei einem Ja den Rechtsweg beschreiten werden?
Genau. Wir stimmen jetzt über den Baukredit ab für ein Projekt, welches noch nicht abschliessend definiert ist. Das ist das Hauptproblem an der ganzen Geschichte. Die Umweltverbände begründeten ihren Rückzug aus der Begleitgruppe damit, dass sie die Stossrichtung des Projekts nicht mittragen können. Ihr Rückzug ist somit als klares Signal zu deuten, dass sie ihre Interessen auf dem Rechtsweg durchsetzen wollen. Dies bedeutet im Umkehrschluss höhere Kosten für die Gemeinde, weil Projektanpassungen nötig werden und zusätzliche Verfahrenskosten anfallen.
Laut Gemeindepräsident Michael Aebisegger sind diese Kosten marginal und bereits einkalkuliert. Er spricht von einem gerichtsfesten Projekt.
Ich weiss nicht, woher Michael Aebisegger diese Sicherheit nimmt. Bei der Steinach handelt es sich um einen Präjudiz-Fall. Es ist das erste Projekt auf kommunaler Ebene, welches in dieser Grössenordnung umgesetzt werden soll. Die Umweltverbände werden alles daran setzen, hier die Maximalforderung zu erreichen.
Und mit einem Nein glauben Sie, dem einen Riegel vorzuschieben?
Bekennen wir uns mit einem Ja zur Sanierung, öffnen wir den Umweltverbänden Tür und Tor für ihre Forderungen. Bei einem Nein zwingen wir sie, wieder mit uns an den Tisch zu setzen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Es muss eine Einigung vorliegen, bevor das Projekt zur Auflage kommt. Wir haben die Finanzen nur im Griff, wenn wir als Bevölkerung und nicht Gerichte das letzte Wort haben.
Ein risikoreiches Vorgehen. Denn auch mit einem Nein besteht keine Garantie, dass die Umweltverbände in einem zweiten Anlauf nicht genau gleich vorgehen und sich einer gemeinsamen Lösung gegenüber verschliessen.
Das ist richtig, aber wir haben dann eine andere Ausgangslage. Denn nichts zu tun, ist für alle Beteiligten keine Option. Das übergeordnete Interesse der Gemeinde ist der Hochwasserschutz, jenes der Umweltverbände die Renaturierung. Wenn das Projekt abgelehnt wird, gewinnt keiner von beiden und die Umweltverbände müssen erkennen, dass es ohne sie nicht geht.
Ihr Engagement ist auch persönlich geprägt. Sie hatten beim Bau Ihres Hauses viele Jahre mit den Umweltverbänden zu kämpfen. Hier handelt es sich jedoch um ein notwendiges Gemeindeprojekt und eines, das der Natur viel zurückgeben wird. Lässt sich Ihre Erfahrung wirklich mit der Steinachsanierung vergleichen?
Absolut. Wie unser Hausbau ist auch die Steinach ein Projekt, welches nach einer Gesetzesänderung umgesetzt werden soll. Hier werden deshalb sämtliche Grenzen dieser neuen Gesetzgebung ausgelotet. Ich will die Gemeinde davor schützen, dieselbe Erfahrung zu machen, wie wir sie machen mussten.
Sie argumentieren, dass mit einem Nein langwierige Gerichtsverfahren vermieden werden könnten. Gleichzeitig würde dadurch aber auch wieder viel Zeit und Geld verloren gehen. Die Gründe für das Nein müssten analysiert, das Projekt neu aufgerollt werden. Die bisher investierten rund 1,5 Mio. Franken müsste die Gemeinde selbst tragen. Wäre es nicht sinnvoller, jetzt zügig voranzuschreiten, statt das Risiko einzugehen, wieder bei Null anzufangen?
Die 1,5 Mio. Franken sind gut investiertes Geld. Das Dossier wird auch nicht in der Schublade landen, denn die Gemeinde ist dazu verpflichtet, den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Ja, es würde Zeit verloren gehen. Meines Erachtens aber nie so viel, wie dies bei einem möglichen Gerichtsverfahren der Fall sein könnte. Und ja, es wäre eine Herausforderung herauszufinden, welche Gründe hinter einem Nein stünden. Hier gälte es dann eben kreativ zu werden und zu evaluieren, wozu die Steinacher Stimmbevölkerung Ja sagen würde. Weil wir jetzt ein so sorgfältig vorbereitetes Projekt vorliegen haben, wüssten wir aber genau, wo es anzusetzen gälte.
Gehen Sie davon aus, dass Ihre Meinung die der Bevölkerung widerspiegelt?
Das wird sich am 9. Juni zeigen.