Über den Wolken…
Alice HoferAls «Flight Attendant» war es dem jungen Markus Lumpert irgendwann zu eintönig, weshalb er zum «Maître de Cabine» und später zum Gruppenleiter mutierte. Die Swissair war Ende der 1970er Jahre eine attraktive Arbeitgeberin, die sich vorbildlich und grosszügig um ihr Personal kümmerte: «Wir waren eine riesige Familie», erzählt Lumpert lobend, «man konnte sich intern ausgiebig weiterbilden». Ihnen wurden gutes Benehmen beigebracht, Umgangsformen mit der Klientel, technisches Verständnis für die Flugzeugtypen, Kriterien der Gastronomie in den verschiedenen Klassen, das Produktesortiment und so fort. Es war ein konstantes «Learning by Doing» mit gleichzeitigen Geographie- und Kulturlektionen. «Wir durften auch Wünsche anmelden bezüglich der Einsätze. Es gab Kurzstrecken innerhalb des europäischen Kontinents und internationale Langstrecken, die nur wöchentlich angeboten wurden.» Lumperts Lieblings-Destinationen lagen im fernen Osten, jedoch sein absoluter Favorit unter den Dienstplänen war Zürich-Anchorage-Tokio, «mit jeweils fünf Tagen Aufenthalt auf der Hin- und Rückreise. Da war man dann 16 Tage lang unterwegs», schwärmt er. «Die Fliegerei war sehr lehrreich, weil man damals noch Gelegenheit hatte, die Länder auch wirklich zu besuchen.» Heute sei man meistens nur von Hotel zu Hotel unterwegs.

Aus luftiger Höhe zurück zur Erde
Anfang der Neunziger Jahre hatte er genug von der Aerodynamik und wollte wieder festen Boden unter den Füssen. So ergatterte er den Chefposten für interne Kommunikation und gab später das Kundenmagazin «Gazette» heraus. Die Swissair war ein gut aufgestelltes Unternehmen, das von seinen Mitarbeitenden mit Stolz repräsentiert wurde. Um die Jahrtausendwende begann diese Fassade zu bröckeln. Als ihm angeboten wurde, einen verfrühten Abflug zu wagen, sagte Lumpert ja, sprang in die Ungewissheit und entkam gerade noch rechtzeitig dem darauffolgenden Desaster. «Nein, mein Fallschirm war nicht aus Gold», meint er heute ironisch, «nur aus Bronze». Doch ermöglichte er ihm zumindest den Atem, um sich in Ruhe auf eine nächste Lebensphase einstellen zu können. «Ich zog mich vorerst eine Weile nach Spanien in die Stille zurück», erzählt Lumpert, «danach absolvierte ich die SAWI Fachschule Biel und begann als Journalist zu arbeiten». Seine Wege führten ihn zu diversen Redaktionen und Verlagen. Einmal wurde er gefragt: «So, Sie sind also 18 Jahre lang geflogen – und was haben Sie denn gearbeitet?» In solchen Situationen hat Lumpert erkannt, welch grossen Wert der Humor im Leben hat, und dass man sich nicht immer erklären muss. Eine seiner früheren Vorgesetzten pflegte zu sagen: «Besetze deine Position, bevor es ein anderer macht», was er sich zu Herzen nahm. Und was möchte Markus Lumpert mit seiner Erfahrung heute der jungen Generation mit auf den Lebensweg geben? «Tue was du willst, aber tue es von Herzen und brenne dafür!»
Das Multi-Talent
Inzwischen hat der 73-jährige Markus Lumpert die Malerei entdeckt. Auch schrieb er die Biografie «Frida», seiner Grossmutter, und publizierte bereits drei Kinderbücher: «MUX Der Maulwurf». Seine Bilder sind in den kommenden Tagen Teil der «Arte Arbon» im Schloss. Die Vernissage der Kunstausstellung findet heute Freitag um 19 Uhr statt.
Menschen erzählen ihre Geschichten
In der Serie «Lebenslinien» laden wir die ältere Leserschaft (ab 65 Jahren) zum Gespräch ein. Erzählen Sie uns Ihre prägenden Erlebnisse, Einsichten und Weisheiten. «felix.»-Reporterin Alice Hofer besucht Sie gerne in Ihrem Daheim. Die Porträts erscheinen in lockerer Reihenfolge in dieser Rubrik. Wenn auch Sie etwas ausdem Nähkästchen plaudern wollen, melden Sie sich bei uns per Mail an hofer@mediarbon.ch oder telefonisch 071 440 18 30.