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Zwei neue Stadträte, eine neue Partei

Frauenrutsch, ein abgewählter Stadtrat und eine miese Stimmbeteiligung: Das waren die Gesamterneuerungswahlen in Arbon.

Kim Berenice Geser

Sieben neue Mitglieder zählt das Arboner Stadtparlament nach den Wahlen vergangenen Sonntag. Fünf davon sind Frauen. Damit steigt der Frauenanteil neu auf 40 Prozent (12 Sitze) und die Sitzverteilung zwischen den Geschlechtern ist deutlich ausgeglichener als in der laufenden Legislatur (26,6 Prozent Frauenanteil). Gleiches gilt auch für den Stadtrat, in den mit der Wahl von Sandra Eichbaum (XMV) nach zwölf Jahren wieder eine Frau einzieht. Weit weniger erfreulich präsentieren sich die Prozentzahlen bei der Stimmbeteiligung. Die von der Interpartei gewünschte Wahlbeteiligung von 35 bis 40 Prozent wurde bei Weitem verpasst. Bei den Stadtratswahlen lag sie bei 33,86 Prozent, bei den Parlamentswahlen gerade mal bei 29,94 Prozent.

Sandra Eichbaum zusammen mit ihrem Mann Nik Eichbaum.
Sandra Eichbaum zusammen mit ihrem Mann Nik Eichbaum.
© Kim Berenice Geser

Interparteipräsident Aurelio Petti spricht von einem miserablen Ergebnis. «Wir haben gehofft, dass wir mit ‹Smartvote› ein jüngeres Publikum ansprechen können.» Dies sei jedoch nicht nachhaltig geglückt. Zudem habe ihnen keine nationale Vorlage in die Hände gespielt. «Vielleicht ist aber auch die Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu wenig gross», werweist Petti. Was im Umkehrschluss heissen würde, dass die Bevölkerung mit der Arbeit ihrer Volksvertreter in den letzten vier Jahren grossmehrheitlich zufrieden war. «Ich habe fast das Gefühl, so lange es der Bevölkerung nicht weh tut, ist ihr die Politik egal.» Eine Haltung, die Petti persönlich nicht nachvollziehen kann. «Wählen zu können, ist ein Privileg. Wie kann man das nicht nutzen?» Mit dieser Einstellung ist er nicht alleine. Parteiübergreifend sorgt die tiefe Stimmbeteiligung für kopfschütteln. Sie sei bedenklich und mache betroffen, lassen die Parteipräsidentinnen und -präsidenten verlauten. Die Einführung von «Smartvote» hält ein Grossteil von ihnen für einen Schritt in die richtige Richtung. Es gälte die politische Partizipation attraktiver zu gestalten, hierfür sei «Smartvote» eine gute Plattform und trage zur Transparenz bei. Ob das Angebot auch in vier Jahren noch einmal zum Zuge kommt, wird sich zeigen. Die Stadt, welche «Smartvote» für diese Wahlen finanziert hat, will die Nutzung des Angebots erst auswerten.

Sitzgewinn für SP und Mitte

Die grossen Gewinnerinnen des vergangenen Arboner Wahlsonntags waren SP und Die Mitte. Die SP schaffte es, den Sitz, welchen sie während der laufenden Legislatur durch den Parteiwechsel von Lukas Auer gewonnen hatte, offiziell vom Stimmvolk bestätigen zu lassen. Sie geht mit acht Plätzen als Spitzenreiterin aus den Gesamterneuerungswahlen hervor und holt sich zudem mit Daniel Bachofen wieder einen Sitz im Stadtrat. Bachofen erzielte 1423 Stimmen bei total 9593 massgebenden Kandidatenstimmen und einem Absoluten Mehr von 1200 Stimmen.

Daniel Bachofen mit seiner Frau Birgit Spiegel.
Daniel Bachofen mit seiner Frau Birgit Spiegel.
© Kim Berenice Geser

Für SP-Parteipräsident Felix Heller kommt dieser Erfolg nicht von ungefähr. «Wir waren die aktivste Partei im Parlament in der letzten Legislatur und haben einen engagierten Wahlkampf mit einer starken Liste geführt.» Dies habe sich nun ausbezahlt. Der Mitte ist es indes gelungen, den sechsten Parlamentssitz, welchen sie durch den Abgang von Lukas Auer verloren hatte, zurückzugewinnen und Stadtrat Luzi Schmid mit dem zweitbesten Ergebnis der sieben Kandidierenden im Amt zu bestätigen (1611 Stimmen).

XMV schafft es ein weiteres Mal

Zu den Teil-Gewinnern zählen SVP, XMV und die Bürger Fraktion Arbon (BFA). Die SVP gewann einen sechsten Sitz im Parlament, erlitt aber im Stadtrat eine Wahlschlappe. Stadtrat Jörg Zimmermann wurde zwar gewählt, verpasst als überzähliger Kandidat aber den Einzug in die Exekutive. Er holte 1223 Stimmen und lag damit nur 36 Stimmen hinter Sandra Eichbaum (XMV, 1259 Stimmen).

Extra angereist: Der Thurgauer Nationalrat Kurt Egger (Grüne) gratulierte Didi Feuerle (r.) an der Wahlfeier am Sonntag persönlich zur glanzvollen Wiederwahl.
Extra angereist: Der Thurgauer Nationalrat Kurt Egger (Grüne) gratulierte Didi Feuerle (r.) an der Wahlfeier am Sonntag persönlich zur glanzvollen Wiederwahl.
© Kim Berenice Geser

Bei der XMV freut man sich trotz einem Sitzverlust über den Wahlausgang. Es sei bereits zum zweiten Mal in Serie gelungen, mit Neulingen auf dem Arboner Politparkett auf Anhieb einen Sitz im Stadtrat zu gewinnen. «Und dies endlich wieder einmal mit einer Frau, welche für diesen Posten hochqualifiziert ist», wie XMV-Vertreter André Mägert anfügt. Die BFA sicherte sich einen von drei angestrebten Sitzen und zieht mit Astrid Straub zum ersten Mal ins Arboner Stadtparlament ein. Diese hatte die Wahl in den Stadtrat mit 686 Stimmen deutlich verpasst. Mit wem die BFA künftig eine Fraktion gründen wird, evaluiert der Parteivorstand derzeit.

Die grosse Verliererin

Die Grüne Arbon verliert einen Sitz. Für Parteipräsidentin Cornelia Wetzel Togni ein verkraftbares Resultat. Die Partei war mit nur vier Kandidierenden ins Rennen gestiegen und konnte doch einen von zwei Sitzen halten. Für Wetzel ein Erfolg zu dem sich das «bravouröse» Wahlergebnis des Grünen Stadtrates Didi Feuerle gesellt, der mit 1815 Stimmen das beste Ergebnis im Stadtrat erzielte. Die EVP sicherte sich mit einer ebenfalls kurzen Liste ihren Sitz im Parlament, der nach dem Rücktritt von Arturo Testa neu an Judith Huber übergeht.

Ex-Stadtrat Koni Brühwiler zieht vier Jahre nach seiner Abwahl ins Parlament ein. Dort hatte er zuletzt 2011 Einsitz. Zusammen mit Stadtschreiberin Alexandra Wyprächtiger und dem abtretenden Stadtrat Michael Hohermuth (r.) stösst er auf die Wahl an.
Ex-Stadtrat Koni Brühwiler zieht vier Jahre nach seiner Abwahl ins Parlament ein. Dort hatte er zuletzt 2011 Einsitz. Zusammen mit Stadtschreiberin Alexandra Wyprächtiger und dem abtretenden Stadtrat Michael Hohermuth (r.) stösst er auf die Wahl an.
© Kim Berenice Geser

Verliererin dieser Wahlen ist die FDP. Ein «bedauerliches Proporzpech» nennt die Partei ihren Verlust von sechs auf neu fünf Sitze. Auch den zweiten Stadtratssitz, welchen aktuell noch der abtretende Michael Hohermuth inne hat, kann die FDP mit Kandidatin Christine Schuhwerk nicht halten, die nur 926 Stimmen erhält. Als umso erfreulicher erachtet Samra Ibric, Co-Präsidentin FDP, deshalb die deutliche Wiederwahl von Stadtpräsident René Walther mit 2293 Stimmen bei einem Absoluten Mehr von 1267 Stimmen.

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