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Aus reiner Freude gegangen

Nach sieben Jahren beim «felix.» nahm Ueli Daepp den Jakobsweg unter die Füsse. Weshalb er sich für dieses Abenteuer entschieden hat, erzählt er im Interview.

Laura Gansner

Weshalb haben Sie sich für das «Wanderabenteuer Jakobsweg» entschieden?

Ueli Daepp: Ich habe mir in einer für mich strengen Zeit vorgenommen, dass ich mit 55 Jahren eine Pause machen möchte. Dann habe ich 30 Jahre im Journalismus, sieben davon beim «felix.» gearbeitet. Ich wollte der Frage nachgehen: Wer bin ich eigentlich, wenn ich nicht arbeite? Als ich darüber nachdachte, wie ich dann meine freie Zeit gestalten möchte, kam ich schnell auf den Jakobsweg. Den in der Schweiz liegenden Teil des Wanderwegs habe ich bereits Etappenweise absolviert, als meine Kinder noch klein waren. Ich erinnerte mich daran, wie sehr ich die Unabhängigkeit auf den Wanderungen geschätzt hatte. Ausserdem bringt einen das Wandern in eine besondere Verbindung mit sich selbst und der Natur.

Was braucht es, damit man die 2500 Kilometer durchhält?

Sofern von einem Durchhalten die Rede sein kann ... Naja, der Jakobsweg war keine absolute Grenzerfahrung für mich. Ich glaube, man braucht vor allem Zeit. Ich selbst war sehr flexibel in der Zeiteinteilung, so dass ich meine Etappen nicht stur geplant habe. Anfangs muss man sich auf jeden Fall an das ständige Laufen gewöhnen, aber nach drei Wochen ist man fit, nach fünf sogar topfit. Man muss also nicht mal super trainiert sein, man kommt da gut rein. Ausserdem braucht man gutes Schuhwerk, ich war absolut froh um meines. Und nicht nur die Freude am Wandern und der Natur darf nicht fehlen, auch der Umgang mit Einsamkeit will auf dem Jakobsweg gelernt sein.

Ueli Daepp nach seiner Ankunft vor der Kathedrale von Santiago de Compostela, die er nach 105 Tagen Fussmarsch erreichte.
Ueli Daepp nach seiner Ankunft vor der Kathedrale von Santiago de Compostela, die er nach 105 Tagen Fussmarsch erreichte.
© z.V.g.

War die Einsamkeit eine Herausforderung für Sie?

Ehrlich gesagt nicht besonders. Ich habe die Einsamkeit sogar genossen. Aber wer lieber in Gesellschaft ist, sollte jetzt nicht vor dem Jakobsweg zurückschrecken. Denn besonders in den Unterkünften, aber auch auf dem Weg selbst, trifft man immer wieder auf Mit-Wandernde, die dasselbe Ziel haben und mit denen man ein Stück Weg teilen kann.

Haben Sie auf dem Jakobsweg gefunden, was Sie gesucht haben?

Vorweg: Ich habe mich jetzt nicht auf den Weg gemacht, weil mich besonders schwere Sorgen geplagt haben. Ich bin aus reiner Freude gegangen, einfach, weil ich für einmal viel Zeit für mich haben und unabhängig sein wollte. Das konnte ich mir auf jeden Fall erfüllen, aber ich habe noch viel mehr gefunden. So habe ich mich selbst nochmals besser kennen gelernt, in meinen verborgensten Winkeln. Ausserdem haben sich für mich auf dem Weg viele Wünsche erfüllt, seien die noch so klein gewesen. Dadurch habe ich ein starkes Vertrauen bekommen, dass schon alles gut kommt.

Was darf Ihr Publikum von Ihrem bevorstehenden Vortrag erwarten?

Nicht die grosse Show. Ich möchte die Leute durch meine persönlichen Geschichten und ein paar Fotos einfach teilhaben lassen an meinem genialen Erlebnis.

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