Der Wahlkampf zweier Ratskollegen
Kim Berenice GeserWas motiviert Sie zur Kandidatur für das Horner Gemeindepräsidium?
Kurtzemann: Ich stelle mich zur Verfügung, weil ich will, dass das Milizsystem in Horn bestehen bleibt. Und ich will Horn in einem interessanten Momentum in den kommenden Jahren mitgestalten.
Tettamanti: Mir liegt das Dorf, dessen Zukunft und seine Menschen am Herzen.
Warum würden Sie sich wählen?
Kurtzemann: Ich bin ein politischer Mensch. Politik ist Teil meines Lebens. Ich gestalte lieber mit, als mich zu beklagen. Zudem war ich sieben Jahre in der Schulbehörde. Ich traue mir zu, die Gemeinde Horn zu managen.
Tettamanti: Weil ich eine «Krampferin» bin. Ich bin seit zwanzig Jahren im Bereich Projektmanagement tätig. Und für mich sind die Aufgaben, die wir in einer Gemeinde zu bewältigen haben, damit vergleichbar. Wir haben Probleme, holen Anspruchsgruppen ab, suchen nach mehrheitsfähigen Lösungen und setzen so Projekte um. Hier bin ich stark, weil Projektmanagement mein tägliches Geschäft ist. Und es macht mir Freude. Es ist meine Passion, Projekte weiterzuentwickeln. Ich tue das gerne für dieses Dorf.
Wenn Sie per sofort etwas in Horn ändern könnten, was wäre das?
Tettamanti: Ich würde mit der Kinderbetreuung und der Infrastruktur für Jugendliche umfangreicher auftreten. Wobei ich dazu sagen muss, dass wir da ja bereits dran sind.
Kurtzemann: Ich würde den Jugendtreff mitten auf einem Feld aufbauen, wo es rundherum keine Nachbarn hat.
Und wo sehen Sie in Horn sonst noch Verbesserungspotenzial?
Kurtzemann: Thomas Fehr hat an der letzten Budgetversammlung – wohl mit einem Augenzwinkern – gesagt, dass im Sommer in Sachen Kommunikation alles besser wird. Tatsächlich ist es so, dass man Politik erklären und verkaufen muss. Da haben wir noch Potenzial.
Tettamanti: Ich sehe Verbesserungspotenzial in der aktiven Integration der Bevölkerung. Das könnten wir sofort angehen. An meinem Arbeitsort in St. Gallen sehe ich, wie intensiv die Bevölkerungspartizipation in der Stadt gelebt wird und wie wichtig diese ist. Auch im Bereich Soziale Medien haben wir noch Luft nach oben.
Kurtzemann: Und unsere Gemeindewebseite könnte ebenfalls eine Überarbeitung benötigen. Bei den Sozialen Medien bin ich der Ansicht, man sollte es nicht übertreiben. Es ist nicht Aufgabe einer Gemeinde, Inhalte für diese Plattformen zu produzieren. Auch wenn es natürlich ein Hilfsmittel für die Kommunikation sein kann.
Gerade im Bereich Kommunikation hat der Horner Gemeinderat den Ruf, nicht immer bürgernah zu sein. So wurde beispielsweise das neue Feuerwehrreglement wie bisher zwar regulär jedoch ohne weitere Informationen aufgelegt. Dies obwohl die darin enthaltenen Änderungen finanzielle Auswirkungen auf die Bevölkerung haben. Der Minimalbetrag der Feuewehrabgaben liegt neu bei 100, der Maximalbetrag bei 1000 Franken. Vorher war es jeweils die Hälfte. Da wäre eine umfassendere Kommunikation doch angesagt gewesen.
Tettamanti: Das hätte man machen können. Reglementsänderungen haben wir bisher einfach immer so gehandhabt. Ich möchte dazu aber noch ergänzen: Unser altes Reglement stammt aus dem Jahr 1994, ist also fast 30 Jahre alt. Und die Überarbeitung dieser Reglemente betrifft den ganzen Kanton. Denn die Ansprüche an eine Feuerwehr in Sachen Ausrüstung und Sicherheit sind heute viel grösser als noch vor 30 Jahren. Trotzdem bleibt der Prozentsatz auf die einfache Staatssteuer bei 15 Prozent, obwohl wir ihn auf 20 hätten anheben können. Es stimmt, für die Maximalverdiener verdoppelt sich somit der Beitrag. Für den Mittelstand ändert sich an der Höhe der Beiträge jedoch kaum etwas. Feuerwehrersatzabgaben bezahlt man bis ins Alter von 52 Jahren.
Kurtzemann: Wir haben die neuen Abgaben im Gemeinderat besprochen und persönlich finde ich sie auch nicht so «knusper». Aber die Feuerwehr hat nun einmal ein Spannungsfeld. Man muss Respekt haben für die Menschen, die sich dort engagieren. Diese sollten zeitgemässes Material haben, das ist auch eine Frage der Motivation – und letztendlich auch der Sicherheit. Auf der anderen Seite sollte eine Feuerwehr aber auch ihre Funktionalität haben. Es soll nicht zum Hobby werden, wo man einfach immer die neusten Anschaffungen wie Elektrofahrzeuge und ähnliches hat. Als Gemeinde müssen wir die Kosten innerhalb von diesem Spannungsfeld managen. Auch wenn ich es selbst störend finde, wenn die Bevölkerung nicht ausweichen kann und es von einem Tag auf den andern heisst, jetzt müsst ihr mehr bezahlen.
Das wäre ja genau Ihre Aufgabe als Rat gewesen, die Bevölkerung frühzeitig zu informieren.
Kurtzemann: Das ist so. Hier kommt aber noch eine andere Ebene ins Spiel. Die Gemeinden haben immer den «Schwarzen Peter». Wir erhalten Vorgaben vom Kanton, die mit Kosten verbunden sind. Gleichzeitig hat die Bevölkerung den Anspruch, dass die Behörden vorausschauend handeln. Nehmen wir das Beispiel mit dem Hubretter.
Dessen Anschaffung wurde vom Volk genehmigt, obwohl die Gebäudeversicherung sich finanziell nicht daran beteiligt.
Kurtzemann: Genau. Deswegen gab es auch Diskussionen, man hätte ja den Hubretter von Arbon nehmen können. Jetzt ist es aber so, dass auch Horn in die Höhe wächst. Und was ist nun, wenn ein Feuer ausbricht und der Hubretter von Arbon gerade nicht verfügbar ist, es jedoch Menschenleben zu retten gäbe? Dann würde es sofort heissen: Warum hat Horn die alte Anhängeleiter nicht ersetzt? Es ist unsere Verpflichtung Kosten und Verantwortung abzuwägen. Und dann schlucken wir eben manchmal eine finanzielle Kröte.
Tettamanti: Bei all diesen Anschaffungen geht es an erster Stelle um Menschenleben, um die Sicherheit der Angehörigen der Feuerwehr und um den Schutz aller Beteiligten. Die alten Anhängeleitern aus Metall werden beim Kanton noch nicht einmal mehr beübt, weil sie so gefährlich sind. Die einzige Alternative für uns war der Kompakthubretter. Dieser ist für eine Ortsfeuerwehr kantonal jedoch nicht vorgesehen und wird deshalb von der Gebäudeversicherung nicht finanziert. Die Konsequenz wäre folglich, dass Ortsfeuerwehren ohne Leiter agieren müssten. Die erste Aufgabe der Feuerwehr ist es, Leben zu retten und erst an zweiter Stelle den Brand zu löschen. Ich frage mich, wie soll sie die erste Aufgabe ohne Leiter erfüllen?
Bleiben wir beim Finanziellen. Gemeindepräsident Thomas Fehr malte an der letzten Budgetversammlung ein dunkles Bild des Horner Finanzhaushaltes. Die Bevölkerung sah das anders, wie die Ablehnung der Steuerfuss-Erhöhung zeigte. Hand aufs Herz: Für wie prekär halten Sie die Lage?
Kurtzemann: Wir haben die Steuereinnahmen immer sehr zurückhaltend budgetiert. Ich gehe davon aus, dass wir mit den zu erwartenden Zuzügern das strukturelle Defizit wegbringen. Trotzdem gilt es die Finanzen im Auge zu behalten. Und es war gut, haben wir der Bevölkerung an der letzten Versammlung den schlimmstmöglichen Fall aufgezeigt. So hatten sie alle Fakten für die Abstimmung.
Tettamanti: Im Moment haben wir ein strukturelles Defizit. Wie dies in drei Jahren aussehen wird, wird sich zeigen. Ich kann den Entscheid der Bevölkerung gut akzeptieren und bin froh, wurde das Budget nicht zurückgewiesen. Es hätte kaum streichbare Posten gegeben.
Horn ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Dieser Trend wird sich mit der Bautätigkeit in Horn West fortsetzen. Welche Auswirkungen wird das auf die Verwaltung haben?
Tettamanti: Ich gehe von einem Ausbau aus. Wir haben aktuell in der Verwaltung sehr schlanke Strukturen. Das gilt auch für den Gemeinderat. Alle Gemeinderäte sind deshalb auch stark operativ tätig. Ich denke nicht, dass wir das in Zukunft weiterhin so handhaben können. Unsere Gemeindeschreiberin hat beispielsweise kurzfristig eine Praktikantin erhalten, weil der Arbeitsaufwand inzwischen so hoch ist. Es braucht Verstärkung in der Verwaltung.
Kurtzemann: Ich sehe das anders. Wir haben gute Mitarbeitende und müssen diesen auch Sorge tragen. Mein Ziel wäre es jedoch nicht, mehr Personal anzustellen, sondern die internen Abläufe anzupassen. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass es notwendig ist, jede Steuererklärung im Detail zu prüfen, wie wir das aktuell tun. Vieles liesse sich digitalisieren und effizienter gestalten.
Tettamanti: Die Idee, die Verwaltung effizienter zu gestalten, ist gut. Jetzt haben wir aber vorhin gesagt, wir sollten die Kommunikation der Gemeinde verbessern. Jugendarbeit lässt sich nicht digitalisieren, Anfragen von Passanten auf der Gemeinde auch nicht. Ich will keine falschen Versprechungen machen. Die Effizienzsteigerung müssen wir angehen. Aber es gibt Aufgaben, deren Erledigung sich nicht skalieren lässt.
Was werden Sie tun, um Fehler in der Planung und Budgetierung wie sie beim Badi-Projekt entstanden sind, künftig zu vermeiden?
Tettamanti: Wir haben uns mit einem Vorprojekt, das noch nicht detailliert ausgearbeitet war, einen Baukredit abgeholt. Die Kostenungenauigkeit liegt wie bei Vorprojekten üblich bei 20 bis 25 Prozent. Künftig könnten wir also entweder gleich zu Beginn die Reserven bei rund 20 Prozent ansetzen oder ein zweistufiges Verfahren wählen, in dem wir über Planungs- und Baukredit separat abstimmen lassen. Ich muss zum Schutz meines Vorgängers, von dem ich das Projekt übernommen habe, aber auch sagen: Der Patzer mit der Vermessung hat grosse Kosten verursacht. Trotzdem kann so etwas passieren. Das Kinderbädli war hingegen nach bestem Wissen und Gewissen auf der Vorprojektstufe projektiert und das Gesamtbild ergab sich nun einmal erst später in der finalen Ausarbeitung. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Kurtzemann: Mich schmerzt der Vertrauensverlust, der sich aus diesem Projekt ergibt und ich finde es schade für die Personen, die sich involviert haben. Allen voran Vera, die jetzt die Kritik abbekommt. Das ist nicht fair, denn sie ist die falsche Adressatin. Ich nehme als Lehre mit, künftig Expertenaussagen kritischer zu hinterfragen. Wir als Gemeinderat tragen die Verantwortung für ein solches Projekt und können uns nicht hinter Expertenaussagen verstecken. Und ja, vielleicht hätten wir auch mutiger budgetieren sollen.
Herr Kurtzemann, Sie arbeiten 100 Prozent, Frau Tettamanti 70 Prozent. Das Gemeindepräsidium ist ein 20-Prozent-Pensum. Wie vereinen sie Job, Familie und politisches Amt?
Kurtzemann: Meine Kinder sind bereits erwachsen, nur der Junior lebt noch zuhause. Hier wird die Mehrbelastung keinen grossen Einfluss haben. Auf die Beziehung jedoch schon. Deshalb gehören Samstage und Sonntage meiner Frau und mir. Das 20-Prozent-Pensum zwingt einem auch, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.
Tettamanti: Ich bin aktuell bereits auf einem hohen Pensum im Gemeinderat mit dem Badi-Projekt. Für mich wäre es also keine grosse Umstellung. Dank meines 70-Prozent-Pensums kann ich mir die Arbeit im Gemeinderat unter der Woche freier einteilen. Und wenn meine Kinder am Wochenende unterwegs sind, schätze ich es auch, einmal an einem Samstag oder Sonntag einige Stunden durchzuarbeiten.
Sie stellen sich beide sowohl für das Gemeindepräsidium als auch für den Gemeinderat zur Wahl. Voraussichtlich wird einer von Ihnen das Rennen ums Präsidium machen. Wird die Zusammenarbeit nach dem Wahlkampf im Rat noch funktionieren?
Kurtzemann: Auf jeden Fall.
Tettamanti: Die Zusammenarbeit wird gleich gut sein wie bisher. Wie hast du gesagt Thierry? Einer gewinnt das Präsidium, der andere Zeit.