Die Jugend braucht Roboter
Laura GansnerLeises Surren begrüsst einen beim Betreten vom Technik-Labor (RoboTech Lab). Fast wie ein Bienennest, nur dass das Nest ein Raum im Untergeschoss des Bildungszentrums Arbon ist und die Bienen Roboter sind. Zwischen ihnen Niklaus Vogel, der gerade an einem der Roboter hantiert. Seit 2018 ist er Leiter von verschiedenen Kursen im Rahmen der Begabtenförderung Thurgau, in welchen er Kindern und Jugendlichen von der 3. bis 7. Klasse Robotik, 3D-Druck, Nanotechnologie und Bionik näher bringt. Eigentlich hätte er schon vor Jahren in Pension gehen können. «Aber ich durfte bei dieser Arbeit schon so ergreifende Erlebnisse machen, dass ich unbedingt weitermachen wollte», berichtet Vogel. Er erzählt die Geschichte von einem Jungen, der es aufgrund seiner Legasthenie eher schwer hatte in der Schule. «Im RoboTech Lab blühte er förmlich auf, konnte Zeit und Raum vergessen», erinnert sich Vogel. Der Junge fasste darauf hin den Entschluss, Elektroniker zu werden, verbesserte seine Leistungen in der Schule und absolviert nun die Lehre in seinem Traumberuf, mit begleitender Berufsmaturität. «Dieses hautnahe Erleben und Tüfteln kann eine Begeisterung wecken, die ein Leben lang anhält.»
Das Roboter-Herz entrissen
Diese Begeisterung hat Niklaus Vogel als Berufsschullehrer fast 40 Jahre lang Lernenden weitergegeben. Die Spuren davon sind im gesamten RoboTech Lab zu finden. «Diese Roboterapplikation haben die Lernenden von A bis Z selbst realisiert», erzählt er über mehr als eine der Gerätschaften.
Letztes Jahr wurden dann die Lehrgänge für Polymechaniker und Konstrukteure an die Berufsschule in Frauenfeld verlegt. «Mit den Lehrgängen wechselte auch das Robotik-Herzstück seinen Standort», berichtet Vogel. Im Rahmen der Begabtenförderung, welche weiterhin den Raum in der Berufsschule Arbon nutzen kann, wollte er jedoch nach wie vor auch die Robotik in seinem Kursprogramm anbieten. «Die Kinder sind mir ans Herz gewachsen, ich wollte sie nicht hängen lassen.»
Familienbande für eine Lösung
Auf der Suche nach einer Lösung für sein Anliegen tauschte er sich mit seinem Sohn Manuel Vogel aus, der in der Technologie-Branche tätig ist. Und fand eine: «Manuel und seine Partnerin Eva Polozun gründeten das Start-up Birdypol, um ein Robotik-Labor vorzufinanzieren und dann in dessen Namen Sponsoren zu suchen.» Gesagt, getan. Anfangs planten das Vater-Sohn-Gespann auf diese Art die Anschaffung dreier Industrieroboter für das RoboTech Lab, am Ende konnten sie Sponsoren für doppelt so viele finden. Für die Industriepartner «Kybun» aus Roggwil, «Variosystems» aus Steinach und «Aerne Engineering» aus Arbon ist klar: Ihre Investition in dieses Projekt ist eine Investition in den Nachwuchs. «Das RoboTech Lab kann zu einer kleinen Talentschmiede werden», bringt es Claudio Minder der Kybun AG auf den Punkt.
Freude eine Generation weitergeben
Industrieroboter für Kinder – ist das nicht überfordernd? Niklaus Vogel schüttelt lachend den Kopf: «Die machen das mit Leichtigkeit.» Das Wichtigste sei, dass er bei seinem Unterricht den Kindern auf Augenhöhe begegne und mit Spass an die Sache herangehe. So dürfen seine Schülerinnen und Schüler in den 3D-Kursen Geschenke für ihre Familien und Freunde entwerfen, drucken und mit nach Hause nehmen. In der Nanotechnik zerlegen sie Handys und in der Robotik setzen sie einen kleinen Ferrari zusammen – natürlich aus dem 3D-Drucker. «Wenn ich so nur eines der Kinder für die Technik begeistern kann, bin ich mehr als glücklich.»