Die Politik im Dorf behalten
Laura GansnerMichael Glanzmann, wie kommt man eigentlich auf die Idee, Gemeinderat werden zu wollen?
Ich sah darin eine Gelegenheit, in der Gemeinde etwas zu bewegen. Mir war es ein Anliegen, etwas für die Gesellschaft zu tun.
2013 wurden Sie als parteiloser Kandidat in den Horner Gemeinderat gewählt. Portiert wurden Sie damals von der Ortspartei der FDP. Vor Ihrer Wiederwahl 2019 haben Sie sich der Mitte Horn angeschlossen. Welche Bedeutung hat eine Parteizugehörigkeit auf dieser lokalpolitischen Ebene?
Die Partei spielt im Dorf nicht dieselbe Rolle wie auf kantonaler oder nationaler Ebene. Deshalb ist für mich die zentralere Frage: Welche Aufgabe hat eine Ortspartei? Das ist für mich klar die Förderung des politischen Nachwuchses. Ausserdem sehe ich es als Aufgabe der Parteien, mit der Bevölkerung in einen Dialog zu treten und durch fundierte Informationen die Meinungsbildung zu unterstützen. Ich habe schon von vielen Personen gehört, dass sie Politik nicht interessiere. Dabei wäre das so wichtig, gerade im Lokalen.
Im vergangenen Wahlkampf, den ihre Parteikollegin Karolin Halter für sich entscheiden konnte, hat die SVP Anspruch auf Ihren Sitz erhoben. Scheint so, als ob es für die Parteien durchaus eine Rolle spielt, ob Sie im Gemeinderat vertreten sind.
Dafür muss man kurz anschauen, woher der Anspruch der SVP kommt. Nach dem überraschenden Rücktritt von SVP-Gemeinderat Niels Möller 2021 konnte die SVP keine Nachfolge stellen. Die Mitte Horn hat dann Andreas Bischof portiert, der auch gewählt wurde. Auf meinen Rücktritt hin hat die SVP nun wieder Anspruch auf einen Sitz erhoben. Das geht meiner Meinung nach nicht ganz auf.
Weshalb nicht? Es war ja ehemals schon ihr Sitz.
Man kann als Partei nicht nur dann Verantwortung übernehmen, wenn es einem gerade passt. Aber wie bereits gesagt: Die Parteizugehörigkeit spielt hier eine sekundäre Rolle. Gemeinderatswahlen sind Personenwahlen. Wichtiger ist, dass es innerhalb des Gremiums gut funktioniert. Es gibt zur Zeit genügend Beispiele dafür, was passiert, wenn dies nicht der Fall ist. Ein guter Indikator für eine gute Zusammenarbeit im Gremium ist, wenn man als Gemeinderat immer gerne an die Gemeinderat-Sitzung geht.
War das bei Ihnen der Fall?
(lacht) Ja, ich bin immer gerne gegangen.
Sie haben es bereits angesprochen: Es vergeht zur Zeit kaum eine Woche, in der man nicht von Unruhen in einem Gemeindegremium im Kanton Thurgau liest. Woher kommt dieses politische Chaos?
Neben der menschlichen Komponente, die offenbar vielerorts nicht stimmt, kommt vermutlich auch eine Überforderung mit der Materie hinzu. Behördenarbeit ist in den letzten Jahrzehnten komplizierter geworden. Überall müssen Gutachten eingeholt und juristische Beratungen miteinbezogen werden. Für die Zukunft einer funktionierenden Demokratie ist es wichtig, dass die Bürokratie keine Überhand nimmt.
Wie gelingt das?
Mit pragmatischen Entscheidungen und gesundem Menschenverstand. Nicht nur im Gemeinderat, auch in der Bevölkerung. Am Ende muss das Dorf entscheiden. Deshalb ist ein politischer Dialog zwischen den Parteien und der Bevölkerung so wichtig.
Zuvor erwähnten Sie fehlendes Interesse der Bevölkerung an der Politik. Wie kann man als Partei mit dieser Ausgangslage dennoch Raum für einen Dialog schaffen?
Bei vielen Personen gibt es eine gewisse Blockade, wenn es um Politik geht. Der Versuch meiner Partei ist es deshalb, möglichst niederschwellige Anlässe zu organisieren, die im ersten Moment gar nichts mit der Politik zu tun haben; eine Führung durch ein Unternehmen oder einen Vortrag zu einem gesellschaftlichen Thema.
Wie werden Sie nach ihrem Amtsabtritt am politischen Dialog im Dorf teilnehmen?
Als Vorstandsmitglied der Mitte Horn werde ich mich auch in Zukunft an der Organisation von Anlässen beteiligen und damit den Dialog fördern. Denn bei solchen Veranstaltungen entsteht ganz natürlich ein Austausch. Und die Menschen merken: Dorfpolitik geht alle etwas an.