Ein Heimspiel für den Thurgau
Laura GansnerEs surrt und rattert im Treppenhaus an der Textilstrasse 6 in Arbon, welches hinauf zur Ausstellung «Der Stoff, aus dem die Gegenwart besteht» führt. Beim Betreten der Halle wird klar, wo die Quelle der Geräuschkulisse herkommt. Links vom Eingang befindet sich eine Videoinstallation der ukrainischen Künstlerin Elena Corvaglia, die seit 2006 in der Schweiz lebt und ihr Atelier in Balterswil hat. Auf dem hochkant aufgestellten Bildschirm sind Webschiffchen zu sehen, die aufeinander zu rasseln. Im Schlepptau haben sie weisse Fäden, die sich bei den unzähligen Zusammenstössen verheddern, bis die Stränge nicht mehr einzeln wahrgenommen werden sondern untrennbar verknotet erscheinen. «Die Installation deutet bereits an, was der Schwerpunkt dieser Ausstellung sein soll: Wie die grossen Themen unserer Zeit miteinander verwoben sind», erklärt Kuratorin Stefanie Hoch vom Kunstmuseum Thurgau. Die ausgestellten Kunstobjekte hat sie mit einem spezifischen Fokus ausgewählt.
Eine verwobene Angelegenheit
Stefanie Hoch ist eine der fünf Kuratorinnen und Kuratoren, die im Rahmen des «Heimspiels» aus den knapp 480 eingereichten Dossiers von Kunstschaffenden aus der definierten Region (siehe Kasten) jeweils eine Ausstellung konzipiert hat. «Mir war es wichtig, die Geschichte der Webmaschinenhalle aufzugreifen», so Hoch. Dies materiell – an einer Wand hängen bestickte Tischdecken, vor einem Fenster vom Regen gezeichnete Stofftücher – aber auch symbolisch. «Es geht ganz grundsätzlich um Netzwerke, sozial und global; um Verknüpfungen, die sich nicht mehr so leicht trennen lassen.» Ausserdem müssen die Kunstobjekte die Kälte in der ehemaligen Webmaschinenhalle aushalten können. Der Ausstellungsraum ist weder isoliert noch geheizt. «Das gehört halt zur Halle dazu, die ansonsten mit ihrem industriellen Charakter eine einzigartige Ausstellungsmöglichkeit bietet.»
Eröffnet wird die Ausstellung diesen Sonntag, 15. Dezember, um 14 Uhr mit Musik des Arboner Künstlers Nihat Akdemir und mit einer Ansprache der Regierungsrätin Denise Neuweiler sowie der Kuratorin Stefanie Hoch. Anschliessend wird eine Live-Performance der Videokünstlerin Sarah Hugentobler zu sehen sein. In der Darbietung mit dem Namen «Floating Knights» – zu Deutsch in etwa: schwebende Ritter – zupft die Künstlerin an den Vorstellungen der Zuschauenden und webt mit den losen Fäden des Unerwarteten neue Erfahrungen.
Ab Sonntag, 15. Dezember, hat die Ausstellung «Der Stoff, aus dem die Gegenwart besteht» im WerkZwei an der Textilstrasse 6 bis am 2. März 2025 jeweils donnerstags und freitags von 17 bis 20 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Eine Kunstausstellung, fünf Ausstellungsorte
Alle drei Jahre findet die länderübergreifende Kunstausstellung «Heimspiel» statt, welche den Künstlerinnen und Künstlern aus den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Glarus, St. Gallen und Thurgau, sowie aus dem Fürstentum Liechtenstein und dem Vorarlberg eine Plattform bieten soll. So gross die Auswahl, so gross auch der Ausstellungsradius. Neben dem WerkZwei im Arbon werden der Kunstraum Dornbirn, das Kunsthaus Glarus, die Kunst Halle Sankt Gallen und das Kunstmuseum St. Gallen zu Austragungsorten des «Heimspiels», wobei jeder mit einem eigenen Schwerpunkt kuratiert wurde. Insgesamt werden Werke von 75 Kunstschaffenden gezeigt. Einzelheiten zu den Anlässen in den fünf Ausstellungen, dem Barbetrieb in Arbon, Bustouren zwischen den Museen und weitere Angaben sind unter heimspiel.ch zu finden. Der Eintritt zu den Ausstellungen und Veranstaltungen ist frei.