Ein neues Image für einen alten Verein
Kim Berenice Geser«Ja, über eine Namensänderung könnte man einmal diskutieren», lacht Adrian Straub. Der 34-Jährige war gerade dabei, an einem seiner Traktoren einen Service durchzuführen und legt nun mit seinem Besuch eine Pause auf der Terrasse vor seinem Hof in Rüti ein. Den heutigen Mutterkuh- und Mostobst-Betrieb hat er 2019 von seinen Eltern übernommen. Seit wenigen Monaten präsidiert er zudem den Landwirtschaftlichen Verein der Region und löst damit Ruedi Daepp nach über zwanzig Jahren ab. «Es war sicherlich eine gute Zeit für einen Generationswechsel», sagt Straub. Doch den Laden auf den Kopf stellen will er deshalb nicht. «Ruedi hat einen super Job gemacht und der Verein leistet seit über hundert Jahren wichtige Arbeit im Bereich der Wissensvermittlung und Weiterbildung der Landwirte», hält er fest. Diese sind schweizweit dazu verpflichtet, sich einem entsprechenden Verein anzuschliessen, da diese die obligatorischen Weiterbildungskurse anbieten, welche jährlich besucht werden müssen. Der Stellenwert der Landwirtschaftlichen Vereine sei angesichts der sich wandelnden Technologie aber auch im Hinblick auf die immer komplexer werdenden Auflagen und Regulierungen in der Landwirtschaft nicht zu unterschätzen, betont Straub. Dann fügt er an: «Bei uns spielt aber auch die Geselligkeit eine grosse Rolle.» Darum auch die Kultur im Namen. Denn das gesellige Beisammensein komme im strengen Alltag der Landwirtinnen und Landwirte leider oft zu kurz. «Deshalb organisieren wir jedes Jahr rund vier Anlässe für unsere Mitglieder, vom Grillfest bis zu Ausflügen.» Die Vernetzung untereinander ist auch der Grund, warum vor 75 Jahren der Landfrauenverein als eigenständige Kommission gegründet wurde. «Ziel war es, die Bäuerinnen aus den Häusern zu holen, miteinander in Austausch zu bringen und weiterzubilden», erklärt deren Präsidentin Barbara Scherrer, später auf Anfrage. Noch heute organisieren die Landfrauen den Pausenmilchtag, der im Herbst auch in Arbon stattfindet. «So wollen wir auch in der Bevölkerung auf unser Wirken aufmerksam machen.»
Mehr Verständnis schaffen
Der Landwirtschaft Gehör verschaffen und in den Dialog mit der Bevölkerung treten, das strebt auch Adrian Straub an. «Weniger als fünf Prozent der Bevölkerung sind Landwirte, aber 95 Prozent denken, sie verstehen, worum es geht», sagt er schmunzelnd. Dabei stelle er immer wieder fest, dass gerade dieses Verständnis in Teilen der Bevölkerung fehle und bisweilen ein falsches Bild der Landwirtschaft vorherrsche. «Wir überlegen uns beispielsweise sehr wohl, wann und wo wir welche Pflanzenschutzmittel einsetzen, wann wir düngen und so weiter.» Hier sieht er das Potenzial des Vereins, Aufklärungsarbeit zu betreiben. Wie genau sich diese ausgestalten soll, will er in den kommenden Monaten gemeinsam mit dem Vorstand erarbeiten. Denn für ihn steht fest: «Landwirt ist ein spannender, vielseitiger und herausfordernder Beruf, der mehr Anerkennung verdient.» Dass das für Straub nicht nur eine Floskel ist, wird beim Gang durch den Stall klar, wo er stolz die Mitglieder seiner Herde vorstellt – namentlich natürlich.