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Es drohte ein Rechtsstreit

Nach lauten Protesten und einem Dutzend Rekurse gibt der Arboner Stadtrat klein bei: Er zieht das Projekt Kappung Bahnhofstrasse Süd zurück. Untätig will er in dieser Sache aber trotzdem nicht bleiben.

Kim Berenice Geser

Die Reaktionen fielen heftig aus, als der Stadtrat Ende August seine Pläne für eine temporäre Kappung der Bahnhofstrasse Süd veröffentlichte. In unzähligen Leserbriefen und den Kommentarspalten in den Sozialen Medien taten Teile der Arboner Bevölkerung ihren Unmut über das Projekt kund. Unverhältnismässig, zu teuer und eine Bevorzugung der Anwohnenden der Bahnhofstrasse lauteten nur einige der Kritikpunkte. Die negativen Rückmeldungen gipfelten nun in zwölf Rekursen, die während der Auflagefrist des einjährigen Versuchsbetriebs beim kantonalen Departement für Bau und Umwelt (DBU) eingingen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Stadtrat diese Woche entschieden, das Projekt zurückzuziehen.

Relevante Rekursinhalte

Mit dem Projekt «Kappung Bahnhofstrasse Süd» verfolgte der Stadtrat zwei Hauptziele: Die Bahnhofstrasse Süd sollte entlastet werden, indem der Verkehr konsequenter über die NLK gelenkt würde. Gleichzeitig hätte eine Aufwertung des öffentlichen Raums rund um den Bahnhof stattfinden und die Verkehrssicherheit für den Langsamverkehr erhöht werden sollen. Kostenpunkt: Rund 160 00 Franken. Die in den Rekursen geäusserte Kritik am Projekt habe sich hauptsächlich gegen den Zeitpunkt, die Verhältnismässigkeit der Sperrung und die unausgewogene Berücksichtigung verschiedener Interessen gerichtet, schreibt der Stadtrat diese Woche in einer Medienmitteilung. Desweiteren bestünden seitens der Rekurenten Befürchtungen «negativer Begleiterscheinungen», etwa die Zunahme des Durchgangsverkehrs in der Altstadt. Dies sind zum aktuellen Zeitpunkt zwar nur Mutmassungen, mit dem Versuchsbetrieb hätten die effektiven Auswirkungen einer Kappung getestet werden können. Dennoch stuft der Stadtrat einige der Rekursinhalte als relevant ein und hat sich deshalb entschieden, «noch einmal über die Bücher zu gehen», wie Stadtpräsident René Walther an einem Mediengespräch anlässlich des stadträtlichen Entscheids sagt. «Würden wir den Testlauf ‹durchboxen› wollen, bestünde die Chance, dass daraus ein Rechtsstreit erwächst.» Für einen einjährigen Testbetrieb ein langwieriges und kostenintensives Rechtsmittelverfahren zu riskieren, sei nicht verhältnismässig. Vielmehr wolle man sich nun darum bemühen, eine mehrheitsfähige Lösung zu finden.

Die Bahnhofstrasse bleibt vorerst von beiden Seiten her durchgängig befahrbar.
Die Bahnhofstrasse bleibt vorerst von beiden Seiten her durchgängig befahrbar.
© Laura Gansner

Stadtrat räumt Fehler ein

Eine solche hatte der Stadtrat bei diesem Projekt allerdings schon im Vorfeld angestrebt. In einem Workshop mit rund 35 Anwohnenden der Bahnhofstrasse Süd und einem darauf aufbauenden Online-Mitwirkungsverfahren, in welchem sich etwa 70 Personen äusserten, sollten die Bedürfnisse aus der Bevölkerung abgeholt werden. Zur Auswahl standen drei Vorschläge: Verschmälerung der Fahrbahn, Kappung oder Tempo 30. Die Auswertung ergab eine Favorisierung der Kappung. Mit dem aktuellen Rückzug drängt sich allerdings die Frage auf, ob es der Stadtrat verpasst hat, alle nötigen Interessengruppen ins Boot zu holen. «Wir haben in der Kommunikation sicher Fehler gemacht», räumt Walther ein, aber die Erfahrung zeige, dass gerade bei Entscheiden zu Geschäften dieser Art die Reaktionen mitunter anders ausfielen, als sich dies aus den vorangegangenen Prozessen hätte ableiten lassen. Er betont, dass es nebst den zahlreichen kritischen Rückmeldungen auch Zustimmung gab. Die Aufwertung des Bahnhofplatzes und die Verkehrsberuhigung seien im Grundsatz unbestritten. Deshalb plane der Stadtrat zeitnah einen neuen Vorschlag auszuarbeiten. Und auch die bisher angefallenen Aufwendungen zwischen 5000 und 10 000 Franken seien nicht verloren, da die getätigte Planung in mögliche Alternativen einfliesse. Parallel dazu will der Stadtrat die Entwicklung eines Betriebs- und Gestaltungskonzepts (BGK) für die gesamte Bahnhofstrasse zeitnah anstossen – unabhängig von temporären und peripheren Massnahmen. Das BGK ist im Aggloprogramm 4 aufgenommen und soll als Grundlage für die Gesamtentwicklung der Bahnhofstrasse, für Neusignalisierungen sowie für den verkehrlichen Umgang mit einem möglichen «Fenster zum See» und einem Parkierungskonzept dienen.

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