Im Auge des Betrachters
Alice Hofer
Der grosse Raum an der Seestrasse 123 in Horn ist ausgestattet mit zahlreichen, teilweise futuristisch anmutenden, schwarzen Gerätschaften. Die Fenster sind mit schwarzen Vorhängen verhüllt. Der Bodenbelag besticht durch hübsche Ornamente auf schwarzem Grund. Eine Ecke wurde fix eingerichtet für effiziente Pass- und Bewerbungsfotos, man braucht sich da nur noch hinzusetzen und im Blitzlichtgewitter zu lächeln. «Fotografiert werden will oder muss man immer wieder, für verschiedene Zwecke», weiss Jeremy Harzenmoser, weshalb auch die klassischen Porträts in Zeiten von «Selfies» stets gefragt sind. «In Bewerbungsunterlagen machen professionelle Bilder immer noch den besten Eindruck», erklärt er. Er selber braucht diese allerdings sobald nicht wieder, da der 22-Jährige vor rund 18 Monaten sein eigenes Unternehmen Harzenmoser Foto&Film gegründet hat.
Eine Herzensangelegenheit
Diese geschäftliche Herausforderung hat Harzenmoser aus lauter Leidenschaft gewählt: «Es war eine Entscheidung des Herzens, dieser Freude zu folgen, solange das noch geht und ich mich weiterentwickeln kann.» Er wollte nicht warten, bis es zu spät sei – oder er zu alt – und er dann mit dem Gefühl der Reue würde leben müssen. Der Jungunternehmer ist seit seiner Kindheit mit einer seltenen, vererbten Muskelkrankheit konfrontiert. Davon einschränken lässt er sich allerdings nicht. Wo nötig macht er Modifikationen: So stehen etwa die schweren Geräte auf Rollen, damit er sie ohne Anstrengung verschieben kann. Und die berufliche Selbstständigkeit gibt ihm die Freiheit, seine Arbeitszeiten flexibel zu gestalten – «so kann ich meine Arbeit an meine persönlichen Bedürfnisse anpassen und stets mein volles Engagement sicherstellen», sagt er und ergänzt: «Das wiegt für mich die Unberechenbarkeiten in meinem selbstständigen Berufsalltag allemal auf.» Dazu gehören die nur bedingt planbare Auftragslage, finanzielle Aspekte wie Teuerung, steigende Strompreise, hohe Kosten und Abnutzung des Equipments. Und nicht zuletzt auch der Umstand, dass die Berufsbezeichnung «Fotograf» nicht geschützt ist.
«Fotographie ist die Übersetzung der Wirklichkeit in eine Bildsprache. Ich traue Worten nicht. Ich vertraue Bildern.»
Hohe Ansprüche an Professionalität
«Jeder kann sich Fotograf nennen und auf dem Markt mitmischen», bemängelt Harzenmoser. Er hingegen hat eine fundierte Ausbildung zum Fotomedienfachmann absolviert, mit breit gefächerter, mehrjähriger Berufserfahrung als Mediamatiker. «So positioniere ich mich, indem ich professionelle Qualität auf höchstem Niveau anbiete», meint er selbstbewusst, «meine Arbeit geht weit über Studioaufnahmen hinaus. Ich biete eine breite Palette an Dienstleistungen, von Videoproduktionen bis zu Drohnenvermessungen.» Mit diesem Angebot bedient Harzenmoser Photovoltaik-Unternehmen zum Ausloten von Dächern, sowie Gemeinden, Feuerwehren, Architekturbüros. «Das erspart die risikoreichen Klettereien und liefert präzise, detaillierte Ansichten.» Auf Wunsch gibt es diese auch dreidimensional und in 360-Grad-Rundsicht, was inzwischen sehr populär geworden ist. Während er spricht, ist die Überzeugung für sein Handwerk spürbar und glaubhaft. Harzenmoser bringt es folgerichtig auf den Punkt: «Fotografie ist für mich die Übersetzung der Wirklichkeit in eine Bildsprache. Ich traue Worten nicht. Ich vertraue Bildern.» Und ja, natürlich verwendet er auch neue Technologien wie KI, die er keineswegs nur als mögliche «Bedrohung» betrachtet, sondern eben auch als «eine riesige Bereicherung», wie er sich ausdrückt: «Ich nutze sie zur Beschleunigung meiner Bildbearbeitungsschritte. So bleibt mir mehr Zeit für Kreativität und individuelle Beratung.» Und was ist Plan B für den Fall, dass Harzenmoser sein Unternehmen eines Tages nicht mehr stemmen könnte, sei es aus wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Gründen? Da gibt er sich recht gelassen: «Meine Freelancer und Geschäftspartner sind ein wichtiger Bestandteil meines Erfolgs, denn ohne diese Zusammenarbeit wäre das aktuelle Ergebnis nicht möglich.» Man werde künftig noch weitere Bereiche erschliessen, wie etwa die vollständige, individuelle Bewirtschaftung der Social-Media-Inhalte für Firmen, Drohnen Inspektionen von Solaranlagen und Windrädern, Baustellen Zeitraffer mit Drohnen sowie die Immobilienfotografie und -videografie für Vermarkter.
Dieser Beitrag ist im Rahmen der Wirtschaftsbeilage 2025 erschienen.