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Initiative ohne Chance

Nach einer angeregten Diskussion entschied das Stadtparlament Arbon, die Initiative «Beschränkung der Amtsdauer von Parlamentsmitgliedern» für ungültig zu erklären. Dies, da sie gegen übergeordnetes Recht verstosse. Dem Initiativkomitee bleibt der Rechtsweg offen.

Diego Müggler

Volksinitiativen auf Gemeindeebene sind eine kleine Seltenheit. Schliesslich ist die letzte Arboner Initiative neun Jahre her. Mit der Initiative, die eine Amtszeitbeschränkung für Mitglieder des Arboner Stadtparlaments auf maximal zwölf aufeinanderfolgende Jahre fordert, reichte die Bürger Fraktion Arbon (BFA) vergangenen Dezember wieder einmal ein solches Volksbegehren ein. Doch seit der Sitzung des Stadtparlamentes am Dienstag ist klar: Darüber wird wohl nie abgestimmt. Denn Initiativen müssen in Arbon vor der Volksabstimmung vom Stadtparlament als gültig befunden werden. Dieses hatte aber andere Pläne, was sich bereits im Bericht der vorberatenden Kommission abzeichnete. Schliesslich stellte diese den Antrag an das Parlament: «Ungültigerklären der Initiative».

Hitzige Debatte

Eine hitzige Diskussion war damit vorprogrammiert. Riquet Heller (FDP) eröffnete als Kommissionspräsident den 12-Voten-langen Schlagabtausch mit einer Zusammenfassung der Kommissionsargumente, weshalb die Initiative für ungültig zu erklären sei (siehe Kasten unten) und warnte vor einem Szenario, in dem das Arboner Stimmvolk die Initiative annimmt, diese aber aufgrund von übergeordnetem Recht gar nicht umsetzbar ist. Nachdem sich auch die anderen Fraktionen hinter den Kommissionsantrag stellten, holte Mitinitiant Reto Gmür (BFA) zum Gegenangriff aus. Dabei bezeichnete er das Parlament als «voreingenommen» und «unfähig zur Selbstreflektion», warf dem Gremium vor, nach dem Vorsatz «Was uns nicht passt, erklären wir für ungültig» zu handeln und beschrieb den Kommissionsbericht als «sehr einseitig und bewusst irreführend,» dessen Argumentation für ihn auch beim wiederholten Durchlesen schwammig und nicht nachvollziehbar sei. Folgend mahnte Michael Zwahlen (SP), dass persönliche Anfeindungen, Entwertungen und Quasi-Drohungen hier keinen Platz hätten. Als Teil der vorberatenden Kommission könne er versichern, dass sie die Initiative unvoreingenommen diskutiert hätten und nach sorgfältiger Prüfung zum Schluss kamen, dass sie übergeordnetes Recht verletze. «Dann hat die Kommission – und aus meiner persönlichen Sicht schweren Herzens – die Aufgabe, diesen Antrag hier zu stellen,» so Zwahlen.

Rechtsweg steht offen

Doch Reto Gmür war nicht ganz alleine mit seiner Kritik an der Ungültigkeitserklärung: Elia Eccher (SP), der gemeinsam mit Samra Ibric (FDP) seine erste Sitzung als Stadtparlamentarier erlebte, warnte in einem energischen Votum davor, voreilige Entscheidungen zu treffen und plädierte dafür, zuerst ein juristisches Gutachten dazu in Auftrag zu geben. Der 20-Jährige erhielt dafür wenig Zustimmung von Silke Sutter Heer (FDP), für die ein Gutachten nichts brächte: «Drei Anwälte – fünf Meinungen und das Gericht liefere mit dem Entscheid die sechste.» Trotz hitziger Debatte fiel das Abstimmungsresultat am Schluss klar aus: 24 Stimmen hiessen den Antrag der Kommission gut und erklärten die Initiative für ungültig, während 5 Parlamentsmitglieder zuerst ein Gutachten in Auftrag geben wollen und Reto Gmür (BFA) als Einziger für die Gültigkeit stimmte. Reto Gmür gab sich nach der Abstimmung weder enttäuscht noch überrascht: «Es war bereits im Vorhinein klar, dass es so rauskommen wird.» Selbst sei er aber nach wie vor überzeugt, dass die Initiative mit übergeordnetem Recht vereinbar ist. Darum wird das Initiativkomitee in den kommenden Tagen prüfen, ob sie den Entscheid des Parlaments anfechten wird. 

Deshalb sei die Initiative ungültig

Die vorberatende Kommission kam in ihrem Bericht einstimmig zur Einschätzung, dass das Initiativbegehren gegen übergeordnetes Recht verstösst und somit für ungültig erklärt werden müsse. Die Kommission argumentiert, dass die Thurgauer Kantonsverfassung allen Stimmberechtigten das passive Wahlrecht garantiert. In keinem Gesetz werde den Gemeinden die Kompetenz gegeben, das passive Wahlrecht einzuschränken. Die Kommission zitiert dabei das Zürcher Verwaltungsgericht, das 2023 entschied, dass Gemeinden ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage durch den Kanton keine Amtszeitbeschränkung einführen dürfen. 

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