Die grossen Investitionen holen Steinach ein
Kim Berenice GeserAnfang Februar nannte Gemeindepräsident Michael Aebisegger die Steuererhöhung noch eine «unattraktive Massnahme», die letztes Mittel zum Zweck sein sollte. Wenige Wochen später verkündet der Steinacher Gemeinderat genau auf dieses Mittel zurückgreifen zu müssen. Er beantragt an der bevorstehenden Bürgerversammlung eine Steuerfuss-Erhöhung von 7 Prozent. Diese Massnahme sei nicht zuletzt aufgrund der hohen Investitionen und eines markanten Rückgangs der Steuererträge unausweichlich. «Bereits in den vergangenen Jahren verzeichnete Steinach operative Defizite in den Jahresrechnungen», hält Aebisegger im neusten «Steinach aktuell» fest. Für das Jahr 2024 resultiert indes erstmals ein grosser Verlust: Die Erfolgsrechnung 2024 schliesst mit einem Aufwandüberschuss von knapp 770 000 Franken ab. Dies ist wohl eine Besserstellung gegenüber dem Budget, das noch mit einem Verlust von 1,42 Mio. Franken rechnete. Zu verdanken ist sie allerdings «zahlreichen Minderausgaben» und nicht etwa einmaliger Ereignisse, wie höherer Steuereinnahmen. Denn diese blieben 2024 aus. «Und die finanziellen Aussichten für die kommenden Jahre sind nicht rosig», prognostiziert der Gemeindepräsident. Dafür gäbe es mehrere Gründe, im Wesentlichen liege es aber daran, dass die Steuereinnahmen nicht mit den grossen Investitionen Schritt gehalten hätten. Ein Umstand, der sich nach dem Abschluss des Neubaus der Sporthalle aufgrund der Abschreibungen und der Kapitalkosten noch akzentuieren wird. Ganz zu schweigen von der geplanten Renaturierung der Steinach, die in den kommenden Jahren ebenfalls zu Buche schlagen wird und den jährlich steigenden Gesundheitskosten. Aebisegger konstatiert: «Die Folge sind Verluste, die man technisch als ‘strukturelles Defizit’ bezeichnet.»
Batteriespeicher als Gewinnbringer
Der Gemeinderat habe einige Anstrengungen zur Entlastung des Budgets unternommen, hält der Gemeindepräsident fest. Diese würden aber nicht ausreichen, langfristig einen ausgeglichenen Finanzhaushalt sicherzustellen. Es sei höchste Zeit, neue Impulse zu setzen. Diese sieht der Gemeinderat etwa beim Kauf eines Batteriespeichers für 2,7 Mio (gehen zu Lasten der Elektrizitätsversorgung Steinach). Mit dieser Investition soll am Energiemarkt partizipiert und in 15 Jahren ein Gewinn von circa 4,5 Mio. Franken generiert werden. So die Prognosen eines von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Gutachtens. Weiter soll mit den getroffenen Massnahmen zur Kostensenkung im «Lebensraum Gartenhof» das Betriebsdefizit sukzessive reduziert werden. Mit dem Ziel, dass der Betrieb selbsttragend wird. Zu guter Letzt erhofft sich der Gemeinderat mit der längst überfälligen Revision der Ortsplanung neue bauliche Entwicklungen, die Steinachs Steuerkraft befeuern. Vorerst gilt es allerdings den Gürtel enger zu schnallen und darauf zu hoffen, dass die Stimmbevölkerung am 25. März der Empfehlung von Gemeinderat und Geschäftsprüfungskommission zur Steuererhöhung auf 122 Prozent nachkommt. Damit liesse sich das budgetierte Defizit um gut eine halbe Million auf 871 380 Franken reduzieren.

Keine Umkleiden für den FC
Noch vor den Steuerzahlern erhielt der FC Steinach eine erste Kostprobe vom Sparkurs des Gemeinderates. Im Dezember teilte dieser dem Vorstand mit, das Budget von knapp einer Million Franken für die vorgesehene Garderobenerweiterung sei abgelehnt worden. Dies nachdem der FC dem Gemeinderat im Herbst Planung samt Finanzierungsvorschlag vorgelegt hatte. Argumentiert wurde, es sei nicht die Aufgabe der Steuerzahler, das Projekt zu finanzieren, zumal im FC mittlerweile viel mehr Auswärtige als Einheimische spielten. An der kürzlich durchgeführten HV des FC Steinachs sorgte dies für hitzige Diskussionen mit dem geladenen Gemeindepräsidenten. Dieser hatte noch an der Bürgerversammlung vor einem Jahr die Wichtigkeit der Investition betont und den zunehmenden Erfolg des Vereins hervorgehoben. Angesichts der Schieflage des Finanzhaushaltes gälte es aktuell jedoch das Notwendige vom Wünschbaren zu trennen, so Aebisegger an der HV des FC Steinachs.

«Der Gemeinderat ist durchaus der Auffassung, dass das Projekt Garderobenerweiterung vernünftig ist. Aber die finanzielle Situation ist düster. In fünf bis zehn Jahren haben wir eine so hohe Verschuldung, dass wir Spitzenreiter im Kanton sein werden», verteidigte er den Entschluss. Andere grosse Projekte stünden an wie die Bachsanierung oder der Bau der Sporthalle. Worauf ein FC-Mitglied die Frage einwarf: «Muss man sich nicht auch fragen, ob es ein Fehler gewesen ist, diese gross angelegten Projekte vor die Bürgerversammlung zu bringen, wenn nun die Verschuldung offenbar so hoch ist, dass nichts mehr realisiert werden kann?» Aebisegger gestand gewisse Fehler bei der Dimensionierung früherer Vorhaben ein. «Wenn wir in fünf bis sieben Jahren den Turnaround schaffen, können wir auch wieder investieren – aber vielleicht nicht mehr so grössenwahnsinnig wie vorher.» Ebenso wenig auf sich sitzen lassen wollten die Fussballer das Argument, dass zwei Drittel der Mitglieder aus auswärtigen Gemeinden kommen. «Ich warne davor, einen Zaun um die eigene Gemeinde zu ziehen und zu unterscheiden zwischen Hiesigen und Auswärtigen. Es funktioniert in unserer Gegend doch alles durch das Miteinander», gab ein Mitglied zu bedenken. Er lieferte auch gleich ein Beispiel: «Ich bin Arboner, aber niemand beklagt sich bei uns darüber, dass wir mit unseren Steuergeldern den Betrieb der Badi zu einem grossen Teil finanzieren. Und dies, obwohl auch jede Menge Steinacher nach Arbon in die Badi gehen.» Wieder ein anderer störte sich daran, dass man den FC Steinach «frischfröhlich hat planen lassen, aber niemand von der Gemeinde auf die Idee gekommen ist, ihn zu stoppen», obwohl die finanziellen Probleme ja schon länger bekannt gewesen seien.
«Ohne die notwendige Infrastruktur fehlen Zukunftsperspektiven»
Aebisegger entgegnete, dass er nach wie vor zuversichtlich sei, dass der Erweiterungsbau mittelfristig realisiert werden kann. «Das ist kein Nein zum Projekt, sondern ein Halten.» Indes kommt für den Vereinspräsidenten Wolfgang Steiger nicht in Frage, fünf bis sieben Jahre auf die Gemeinde zu warten. «Ohne die notwendige Infrastruktur fehlen Zukunftsperspektiven», hielt er schon in seinem Jahresbericht fest. Sofern der Gemeinderat nicht noch umschwenken sollte, ist der FC Steinach wohl gezwungen, den Betrieb teilweise herunterzufahren und Mannschaften im Juniorenbereich zu streichen. Eine Lösung, die für den Verein keineswegs erstrebenswert ist, würde sie doch sowohl den Ruf des FC Steinachs als auch jenen der Gemeinde schädigen. Man werde das Ganze mit Sicherheit weiter vorantreiben, versprach Steiger. Er dankte Aebisegger zum Schluss der Versammlung dennoch, dass er sich der Debatte und den kritischen Voten gestellt habe. «Vielleicht kommen Sie ja nächstes Jahr wieder», sagte er mit einem Augenzwinkern.