«Plastik ist das ehrlichste Produkt»
Kim Berenice GeserJährlich gelangen laut Bund 14 000 Tonnen Plastik in Schweizer Böden und Gewässer. Ein Teil davon ist Mikroplastik. Rund 15 Tonnen der kleinen Partikel landen jährlich in den Schweizer Flüssen und Seen. «felix.» wollte deshalb mit Remo Buchegger, Inhaber der «Vacopack», über die ökologische Verantwortung seines Unternehmens sprechen und von ihm wissen, welche Anstrengungen er – nebst der hauseigenen PV-Anlage – unternimmt, um den Fussabdruck seiner Firma zu verringern. Doch dieses Gespräch verlief anders als gedacht. Denn für Remo Buchegger ist klar: Nicht der Kunststoff ist der Umweltsünder, sondern der Mensch.
Das Bedürfnis der Branche
«Vacopack» stellt Vakuum- und Schrumpfbeutel für die Verpackung von Fleisch-, Wurst- und Käsewaren her. Diese machen rund 90 Prozent des Produktionsvolumens aus. Darüber hinaus fertigt das Unternehmen aber auch Beutel für Anwendungen in der chemisch-technischen Industrie an. Vertrieben werden die Artikel hauptsächlich über Grossanbieter für den Warenbedarf in besagten Branchen. Die Kunststoffverpackungen seien immer noch die bevorzugte Lösung für die Branchenbedürfnisse, weiss Buchegger aus Erfahrung. «Plastik ist immer noch das beste Material, um Lebensmittel langfristig haltbar zu lagern.» Das Produkt habe sich über Jahrzehnte bewährt und sei mit der richtigen Abfallbewirtschaftung überdies «ein super Brennstoff». Es zum Feindbild zu stilisieren, sei zu kurz gegriffen. «Es ist ein gesamtheitliches Problem, das unter anderem auch mit unserem Kaufverhalten zusammenhängt.» Heute wolle der Kunde möglichst sämtliche Lebensmittel jederzeit verfügbar haben. Das bedinge, eine längere Haltbarkeit einzelner Produkte. «Wir waren vor einiger Zeit für einen namhaften Hersteller in den Entwicklungsprozess einer Alternative für dessen Aluminiumverpackung involviert», berichtet Buchegger. Das sei auch gelungen. Allerdings mit dem Ergebnis, dass das darin enthaltenen Lebensmittel neu nur noch neun Monate statt 24 Monaten haltbar war. «Dies hätte Auswirkungen auf die gesamte Lieferkette gehabt und zu erheblichen Mehrkosten geführt. Ganz abgesehen vom ‹Foodwaste›, den wir ja alle ebenfalls zu verhindern versuchen.» Also blieb der Hersteller bei der ökologisch wesentlich problematischeren Aluverpackung. «Alternative Verpackungen sind oft keine wirklichen Alternativen», bestätigt Michael Aebli. Er ist Geschäftsführer der Genossenschaft Metzgermeister St. Gallen, die ihr Verpackungsmaterial unter anderem bei «Vacopack» bezieht. Heute wolle der Kunde nur noch einmal pro Woche einkaufen und erwarte deshalb, dass die Lebensmittel entsprechend lange haltbar seien. Das sei in der Lebensmittelbranche derzeit nur mit Plastikverpackungen zu bewerkstelligen. «Dabei ist es nicht so, dass es keine Innovationen gäbe. Doch die kosten mehr.» Und die Mehrkosten für nachhaltige Verpackungen sei der Kunde heute noch nicht bereit zu bezahlen. Das sieht auch Buchegger so, zumal der Preiskampf auch bei den Standardprodukten gross sei. Er habe vor einigen Jahren eine Ausschreibung bei einem grossen Detailhändler verloren, «weil wir 1,5 Prozent teurer waren». Der Auftrag ging dann an eine Firma in Polen. «Ob das dann nachhaltig ist, stelle ich in Frage.»
In den Schwanz gebissen
«Die ökologischen Bestrebungen der Verpackungsindustrie sind eine Gratwanderung und am Ende müssen wir aufpassen, dass sich diese nicht selbst in den Schwanz beissen.» Deshalb hält Buchegger auch wenig von sogenannten biobasierten Kunststoffen. «Der Kunde weiss am Ende des Tages nicht mehr, was er eigentlich für ein Produkt in Händen hält.» Das führe dazu, dass dieses falsch entsorgt werde. «Es gibt beispielsweise kompostierbaren Kunststoff. Doch der Hauskompost erzeugt zu wenig Hitze, um diesen Plastik zu zersetzen.» Ein anderes Problem sei das «Greenwashing» (Grünwaschen) der Branche. Er greift nach einem Beutel im Regal und reicht ihn seinem Besuch. Der Beutel fühlt sich an wie Papier. «Dabei ist er genauso mit Plastik beschichtet, wie all unsere anderen Produkte auch», hält der Firmenchef fest. Der Kundschaft werde jedoch mit geschicktem Marketing vorgegaukelt, ihr Fondue in einer klimafreundlichen Verpackung zu kaufen. «Und am Schluss landen die Verpackungen nicht im Kehricht, sondern im Kompost oder dem Altpapier.» Für ihn bleibt Plastik deshalb das ehrlichste Produkt. «Wir leben in einer Welt, in der wir immer Ressourcen brauchen und auch die Alternativen gehen zu Lasten von etwas.»