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So baut Arbon in Zukunft

Die Ortsplanungsrevision ist derzeit in Arbon ein Dauerthema. Nicht zuletzt wegen der Causa Riva. Doch worum handelt es sich eigentlich bei dieser Vorlage? Und was sind die wichtigsten Änderungen dieser Revision?

Kim Berenice Geser

«Wollen Sie dem Zonenplan und dem Baureglement inkl. Konzept zur Anordnung höherer Häuser und Hochhäuser zustimmen?» So lautet die Abstimmungsfrage, welche die Arboner Stimmbevölkerung am 18. Juni beantworten soll. Was nach trockener Materie und reichlich Beamtendeutsch klingt, erhitzt derzeit in Arbon die Gemüter. Zu Recht, ist man gewillt zu sagen. Beeinflussen die Arbonerinnen und Arboner mit ihrem Votum doch die Zukunft der städtebaulichen Entwicklung auf die nächsten 10 bis 15 Jahre hinaus. Denn die Ortsplanung bestimmt, wo was wie hoch gebaut werden darf, und wo es Freiräume auszusparen gilt. Sie setzt sich zusammen aus der behördenverbindlichen Richtplanung sowie der Rahmennutzungsplanung. Letztere beinhaltet den Zonenplan und das Baureglement – inklusive dem Konzept zur Anordnung höherer Häuser und Hochhäuser.

Wie kam es zur Revision?

Notwendig wurde die Revision aus diversen Gründen. So gilt es in der Regel, die Ortsplanung circa alle 15 Jahre den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Die letzte Revision in Arbon fand 1999 statt. Seitdem hat die reelle Entwicklung die Planung in diversen Gebieten längst überholt. Als Beispiel: Im Bereich der Industrie- und der Amriswilerstrasse gibt es Parzellen, die im geltenden Zonenplan noch als Wohn- und Gewerbezone ausgewiesen sind, faktisch aber nur als Wohnzone genutzt werden. In der Ortsplanungsrevision (OPR) werden diese Zonen bereinigt und den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Ebenfalls bereinigt werden in der OPR die Begrifflichkeiten. Denn das Baurecht ist in der Schweiz kantonal geregelt. Das kann zu unbefriedigenden Situationen führen. Dann nämlich, wenn die Gebäudehöhe 26 mal unterschiedlich definiert wird. Deshalb wurde 2010 die «interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe», kurz IVHB, in Kraft gesetzt. Diese gilt es bis Ende 2023 einzuführen, damit künftig kantonsübergreifend dieselben Begriffe und Definitionen gelten.

Arbons städtebauliche Entwicklung hängt von der Ortsplanungsrevision ab.
Arbons städtebauliche Entwicklung hängt von der Ortsplanungsrevision ab.
© Kevin Fitzi

Dann ist da natürlich noch die Revision des Raumplanungsgesetzes. Diese wurde von der Schweizer Stimmbevölkerung mit über 60 Prozent angenommen und im Mai 2014 in Kraft gesetzt. Die Ziele der Revision:

• ein sorgsamer Umgang mit dem Boden

• Bauzonen massvoll festlegen

• kompakte Siedlungen

Die Quintessenz: Dörfer und Städte sollen nach innen weiter entwickelt werden. Dies kann beispielsweise durch verdichtetes Bauen, das Schliessen von Baulücken oder die Umnutzung von Brachen erreicht werden. Für die Umsetzung der Revision zeichnen die einzelnen Kantone und in einem nächsten Schritt die Gemeinden verantwortlich. Für Arbon hatte die übergeordnete Gesetzgebung zur Folge, dass die damals bereits laufende Ortsplanungsrevision neu überarbeitet werden musste. Nach einer Vorprüfung beim Kanton und einem Mitwirkungsverfahren der Bevölkerung im Herbst 2017 lagen die revidierten Planungsinstrumente zwischen 2019 und 2022 dreimal auf. Insgesamt gingen 144 Einsprachen ein, die vom Stadtrat diskutiert und bearbeitet wurden.

Was sind Zonenplan und Baureglement?

Der Zonenplan unterteilt die einzelnen Parzellen einer Gemeinde oder Stadt in verschiedene Zonen und Nutzungsarten – zum Beispiel Wohnzonen oder Gewerbezonen. So legt der Zonenplan auch fest, welche Vorgaben Bauten und Anlagen einhalten müssen und welche Ausmasse maximal zulässig sind, zum Beispiel bezüglich Grenz- und Gebäudeabständen, Gebäudehöhen, Geschosszahl oder Ausnützungsziffer. Das Baureglement wiederum ordnet in Verbindung mit dem Zonenplan (und unter Beachtung der Vorschriften des Bundes und des Kantons) das Planungs- und Bauwesen einer Stadt oder Gemeinde.

Was ändert sich im Zonenplan?

Zu den wichtigsten Änderungen im Zonenplan gehören, nebst den im Kasten unten aufgeführten Um- und Einzonungen, unter anderem folgende Punkte:

• Bestehende reine Wohnüberbauungen werden statt Mischzonen reine Wohnzonen.

• Zur besseren Lesbarkeit wird der Zonenplan neu in zwei Pläne gegliedert: die Grundnutzung und die Zonenplan-Überlagerungen (darin aufgeführt sind beispielsweise Ortsbild- und Umgebungsschutzzonen, gestaltungsplanpflichtige Zonen, Gefahrenzonen, etc.).

• Neu wird die Touristik- und Freizeitzone eingeführt. Diese umfasst den Hafendamm und die Quaianlage bis zur Wetterstation, einen seeseitigen, dem ZIK-Areal vorgelagerten Bereich sowie das Buchhorn.

Dies soll, so die Stadt, «eine zweckmässige Weiterentwicklung dieser Gebiete ermöglichen».

Drei wichtige Änderungen im Zonenplan

Umzonung Rietli
In Stachen wird das Gebiet rund ums «Rietli» zur reinen Arbeitszone Gewerbe. Bisher war dieses der Wohn- und Gewerbezone zugeteilt. Die Stadt will mit dieser Umzonung zur Sicherung der bestehenden Gewerbebetriebe beitragen und die Neuansiedlung von Betrieben fördern. Die Umzonung ist auch im Hinblick auf eine mögliche Erschliessung durch die «Spange Süd» strategisch wichtig.
Ausweitung der Kernzone
Die Kernzone an der unteren Brühlstrasse wird ausgeweitet. Damit will die Stadt die Verbindung der Altstadt zur St. Gallerstrasse stärken. Ebenfalls in die Kernzone integriert wird das «Stadthof»-Areal zwischen «Hamel» und «Novaseta». In diesem Zuge wird auch die Chaletstrasse aufgehoben, die derzeit noch die Parkplätze auf diesem Areal erschliesst.
Einzonung der Strausswiese
Die Strausswiese wird von der Landwirtschaftszone neu der Wohnzone beziehungsweise der Wohn- und Arbeitszone mit Gestaltungsplanpflicht zugeführt. Da das Planungs- und Baugesetz die Innenverdichtung vorschreibt, ist eine solche Einzonung noch möglich.

Was ändert sich im Baureglement?

Im Baureglement kommt es, nebst den Anpassungen an das neue Planungs- und Baugesetz sowie die zugehörigen Verordnungen, zur Einführung der Geschossflächenziffer und einer Erhöhung der maximal zulässigen Fassadenhöhe über alle Zonen hinweg (dies aufgrund neuer Messweisen und der Einführung der Gesamthöhe für First- und Attikageschosse). Zudem wird mit dem revidierten Baureglement neu eine Planungs- und Baukommission eingeführt. Diese wird künftig anstelle des Stadtrates erstinstanzlich über Baugesuche entscheiden. Einsprachen wird weiterhin der Stadtrat behandeln. Und nicht zuletzt ist im Baureglement neu das Konzept zur Anordnung höherer Häuser und Hochhäuser enthalten. Dieses wird vom Amt für Raumentwicklung verlangt und soll die rechtliche Möglichkeit für den Bau solcher Gebäudetypen schaffen. Im Konzept aufgenommen sind sowohl bereits bestehende höhere Häuser und Hochhäuser, wie das UBS-Gebäude, die «Novaseta», das Grossenbacherhaus oder das Saurer Hochhaus, als auch mögliche neue Standorte. Dazu gehören nebst der «Metropol»-Parzelle auch die Schützenwiese und das Seegarten-Areal, auf dem bereits Teile der Überbauung Seemoosholz realisiert sind. Das Konzept legitimiere Grundeigentümer aber nicht automatisch zum Bau von höheren Häusern oder gar Hochhäusern, schrieb die Stadt letzte Woche in einer Medienmitteilung (siehe «felix.» vom 12. Mai). Solche Projekte würden künftig immer einen Gestaltungsplan erfordern und dieser sei dem fakultativen Referendum unterstellt.

Was passiert bei einem Nein?

Stadtpräsident René Walther rechnet bei einem Nein zur OPR mit einer Verzögerung von bis zur vier Jahren, bis eine erneut revidierte Ortsplanung rechtskräftig werden könnte. Bis dahin herrsche Rechtsunsicherheit und es generiere Mehraufwand, sowohl für die Bauherren als auch für die Stadtverwaltung. Für die derzeit rund sieben laufenden Gestaltungsplan-Projekte würde ein Nein Stillstand bedeuten, so Walther. Die Kosten für die seit zehn Jahren laufende Revision schätzt die Stadt auf eine Million Franken. Bei einem Nein sei von Zusatzkosten in Höhe von rund 300 000 bis 400 000 Franken zu rechnen.

Warum fordern die «Riva»-Gegner 2 x Nein?

Die IG Seeufer ohne Hochhäuser will an der Abstimmung vom 18. Juni ein zweifaches Nein erwirken. Will heissen: Sowohl der Gestaltungsplan Riva als auch die Ortsplanungsrevision sollen vom Stimmvolk abgelehnt werden. Dabei stehen die beiden Vorlagen nur einseitig in einem direkten Bezug: Damit der Gestaltungsplan Riva dereinst vom Kanton bewilligt werden könnte, braucht es nebst dem Ja zu besagtem Gestaltungsplan auch ein Ja zur Ortsplanungsrevision. Dies, weil das Projekt Riva zwingend auf eine Annahme des in der Rahmennutzungsplanung enthaltenen Konzepts zur Anordnung höherer Häuser und Hochhäuser angewiesen ist. Darin wird die Parzelle als möglicher Hochhaus-Standort definiert. Die Annahme der OPR steht indes in keiner Abhängigkeit vom Gestaltunsplan Riva. Und auch seitens der Gegner wird die Arbeit an der OPR gelobt (siehe Interview auf Seite 7). Mit einer Ausnahme: die Ausweisung der «Metropol»-Parzelle als möglicher Hochhaus-Standort. Sie erachten diese Standortwahl als einen groben Planungsfehler. Mit der Ablehnung der OPR wollen sie – ungeachtet des «Riva» – die Streichung dieses Gebiets aus dem Konzept zur Anordnung höherer Häuser und Hochhäuser erwirken.

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