Unerwarteter Solar-Förderer
Laura GansnerIn der grossen Eingangshalle der Trunz Holding AG in Steinach steht seit neustem zwischen Pflanze und Ledersessel eine Anzeigetafel, auf welcher verschiedenfarbige Balken den Stromverbrauch des Unternehmens darstellen. Einer der Balken steht für die erzeugte Solarenergie auf dem Dach des Firmengebäudes, erklärt Franz Zwick, Geschäftsführer der Trunz Metalltechnik AG: «Am Morgen ist der Anteil des selbstproduzierten Stroms noch klein, aber er steigt im Verlaufe des Tages stetig an.» So weit, bis der gesamte Strombedarf des Unternehmens eine Zeit lang komplett von der neu angebrachten Photovoltaik-Anlage abgedeckt werden kann. Rund 2500 Solar-Panels wurden im August auf 8000 von insgesamt 10 000 Quadratmetern Fläche installiert. Pro Jahr könne die Anlage etwa 1,1 Mio. Kilowattstunden Strom produzieren, wovon 750 000 Kilowattstunden für den Eigenverbrauch genutzt werden. Das entspricht rund einem Drittel des jährlichen Strombedarfs des Unternehmens, der Rest werde wie bisher vom lokalen Energieversorger bezogen. «Was wir selbst nicht verwerten können, speisen wir ins Stromnetz ein», fügt Zwick an. Mit diesem Reststrom können rund 130 Haushalte versorgt werden. «Wir tragen damit unseren Beitrag zur Energiestrategie 2050 des Bundes bei», so Zwick. Die Trunz Holding AG aufgrund dieser Anschaffung jetzt als «grünes Unternehmen» zu bezeichnen, sei jedoch falsch.
Ein wirtschaftlicher Entscheid
Hinter der Installation der Solar-Anlage stecke vor allem ein unternehmerischer Gedanke, wie Zwick sagt. Auslöser waren die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die Strompreise sowie eine drohende Energiemangellage im vergangenen Jahr. Würde eine solche eintreffen, wären rund 150 Arbeitsplätze der Trunz Holding AG gefährdet. «Wenn wir keinen Strom haben, dann können wir auch nicht produzieren.» Mit einer dezentralen Stromquelle auf dem Dach könne dieses Risiko minimiert werden. Hinzu kommt der nach wie vor steigende Strompreis. «Während wir vor wenigen Jahren noch etwa 6 Rappen pro Kilowattstunde bezahlten, hat sich der Strom seit letztem Jahr vermehrfacht.» In Steinach steigt der Strompreis für Unternehmen in der Grösse der Trunz Holding AG im nächsten Jahr auf 25.19 Rappen pro Kilowattstunde, was rund ein Viertel mehr ist als noch in diesem Jahr. Bei einem Jahresverbrauch von rund 2 Mio. Kilowattstunden stelle dies ein beachtlicher Kostenanstieg dar, so Zwick: «Und das für das genau gleiche Produkt.»
Krieg wiegt schwerer als Klima
Durch den Bezug des Solarstroms könne «Trunz» die Stromkosten um über 60 Prozent senken, ordnet Michael Escher, CEO von «Solar21», ein. «Trunz» hat sich das Unternehmen für die Planung und Installation der Solar-Anlage an Bord geholt. Die «unabhängige Schweizer Strompartnerin», wie sich «Solar21» selbst bezeichnet, ist auch in Zukunft für die Wartung der Anlage zuständig: «Wir sind für den Betrieb zuständig, wodurch wir der Trunz Holding AG den Strom zur Verfügung stellen können.» Während sich «Solar21» bewusst die Bemühungen um eine grüne Zukunft auf die Fahne schreibt, kurble zur Zeit der bereits erwähnte Kriegsfaktor das Geschäft merklich an, berichtet Escher: «Die Anfragen sind im letzten Jahr massiv gestiegen.» Auch in der Produktionshalle der «Trunz Holding AG» ist das Kriegsgeschehen in Form von militärgrünen Panzeranfertigungen präsent. Der Empfänger dieser Stücke ist bereits seit 20 Jahren Kunde bei der Trunz Holding AG. Dass die Anfertigungen aktuell in ebenjenem Krieg zum Einsatz kommen, welcher indirekt für die Solar-Anlage auf dem Firmengebäude der Trunz Holding AG verantwortlich ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.