«Vorwärts, das machen wir jetzt!»
Kim Berenice GeserDaniel Eugster, Sie haben bereits die Spezialkommission im Grossen Rat präsidiert, nun das Ja-Komitee. Warum setzen Sie sich so für diese Vorlage ein?
Dieses Projekt ist eine Chance und ein Geschenk für den Thurgau. Denn mit diesen Geldern lösen wir viel mehr aus als nur den tatsächlichen Gegenwert von 127,2 Mio. Franken. Wir investieren in die Innovation und die Zukunft des ganzen Kantons, in die Bildung, das Gewerbe, den Tourismus, die Kultur und in die Gesellschaft. Es ist eine einmalige Chance, die nicht jeder Kanton hat.
Können Sie unserer Leserschaft noch einmal erläutern, wie die Auswahl der Projekte zustande kam?
Die interdisziplinäre Projektgruppe des Kantons – bestehend aus Vertretern aller Departemente – hatte die eingegangenen Projekte im Vorfeld der Kommissionsarbeit geprüft und anhand einer Liste von Kriterien bewertet. Dazu gehörten unter anderem die Bedeutung und die Ausstrahlung der Projektidee für den Kanton und die Region sowie die laufenden Kosten und das Einbringen von Mitteln Dritter aus weiteren Quellen. Anhand der Bewertungskriterien erhielt jedes Projekt eine Punktzahl. In der Kommission haben wir dann überprüft, ob die Bewertung sowie die Kriterien nachvollziehbar sind, ob es Kriterien gibt, die stärker gewichtet werden müssten und ob Ausschlusskriterien vorhanden sind.
Die da wären?
Ein ungenügender Reife- oder Realisierungsgrad war ein Ausschlusskriterium. Ebenso die Projektfinanzierung durch den Staatshaushalt. Mit den TKB-Millionen sollen ausdrücklich keine Projekte gefördert werden, die vom Staat finanziert werden.
Tatsächlich gab es Kriterien, welche die Kommission stärker gewichtete. Welche waren das?
Die Zukunftsfähigkeit, die Innovation und die Selbstfinanzierung der Projekte. Wir haben ausserdem die maximale Fördersumme für Grossprojekte auf 20 Mio. Franken beschränkt. Das war ein wichtiger Schritt, um auch kleinere Projekte und alle Regionen berücksichtigen zu können. Der Self-Controlled City Liner in Arbon ist beispielsweise ein solches Kleinprojekt, das es dank der Anpassungen ins finale Paket geschafft hat.
Der Oberthurgau – mit fünf Kleinprojekten im Paket vertreten – erhält nur knapp zehn Prozent der Födermittel. Die übrigen Regionen mit je mindestens einem Grossprojekt deutlich mehr. Sie sprachen deshalb kürzlich an einer Veranstaltung davon, dass das neue Historische Museum in Arbon als Grossprojekt im Geiste mitgedacht werden muss. Im Chancenpaket ist es aufgrund der staatlichen Finanzierung nicht. Diese erfordert aber eine erneute Volksabstimmung. Wie ist Ihre Prognose: Wird die Thurgauer Bevölkerung für Arbon in die Bresche springen, wenn es so weit ist?
Man will dieses Museum in Arbon. Das ist derzeit aus politischer Sicht unbestritten und ich werde mich sehr dafür einsetzen. Arbon ist nicht zuletzt wegen seiner Industriegeschichte der prädestinierte Standort. Alle Signale sind auf go.
Nimmt das Volk die Vorlage zur Verwendung der TKB-Millionen an, wie wird überprüft, ob die gesprochenen Gelder auch ihrem Bestimmungszweck zufliessen?
Nach der Abstimmung gründet die Regierung eigens hierfür eine Geschäftsstelle. Die jeweiligen Projektgelder werden schrittweise freigegeben. Die Projektverantwortlichen müssen der Geschäftsstelle einen Investitionsplan mit den vorgesehenen Meilensteinen einreichen. Kommt ein Projekt nicht voran, gibt es auch keine Gelder mehr.
Wer finanziert die Geschäfsstelle?
Für die ersten fünf Jahre übernimmt die TKB diese Kosten.
Was passiert mit den vorgesehenen Geldern, wenn ein Projekt unterwegs auf der Strecke bleibt?
Das ist eine Frage, die wir in der Kommission intensiv diskutiert und entschieden haben. Denn es ist durchaus möglich, dass Gelder aufgrund Nichterreichung der Meilensteine nicht ausbezahlt und damit frei werden. Sicher ist, dass diese Gelder weiterhin für die Unterstützung zukunftsgerichteter Projekte eingesetzt werden. Denkbar wäre zum Beispiel die Gründung eines Innovationsfonds. Eine solche Idee müsste jedoch der Regierungsrat oder das Parlament anstossen und es käme in jedem Fall zu einem erneuten politischen Prozess.
Und wohin fliessen die 127,2 Mio. Franken, wenn das Stimmvolk die Vorlage ablehnt?
Es gibt keinen Plan B. Wenn das Stimmvolk Nein sagt, fliessen die Gelder als ausserordentlicher Ertrag in den Staatshaushalt.
Dorthin flossen auch die Zinsen seit 2014. Hätten mit diesen nicht noch mehr Projekte unterstützt werden können?
(schmunzelt) Wollen wir nicht einfach zufrieden sein mit den 127,2 Mio Franken? Sie sind ein grosses Geschenk. Das Geld ist da, beeinflusst weder den Staatshaushalt noch die Steuern. Eine rollende Planung hätte den Prozess deutlich verlängert und verkompliziert. Und man darf nicht vergessen, die Arbeit bis hierhin hat auch gekostet. Wir sollten die Chance nutzen und diese ausserordentlichen Erträge auch ausserordentlich in die Zukunft investieren. Der Grosse Rat trägt das Chancenpaket mit 113:7 sehr klar mit. Ich hoffe es gelingt uns die nächsten Wochen, die Vorlage zu erklären und in der Bevölkerung eine positive Stimmung und ein «Vorwärts, das machen wir jetzt» auszulösen.