Wenn sich Holz und Beton binden
Kim Berenice GeserSeit Jahrhunderten baut der Mensch mit Holz. Doch mit dem Aufkommen von Stahl und Beton rückte der Baustoff in den Hintergrund. «Bis vor zehn Jahren betrug der Anteil Holz im Hochbau gerade einmal 15 Prozent», weiss Peter Haag. Heute seien es immerhin 20 Prozent, fügt der Inhaber der Leimholz Haag AG an. Dabei handelt es sich bei Holz um einen der nachhaltigsten Baustoffe überhaupt – sofern heimisches Holz verwendet und auf eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder geachtet wird. Denn Holz wächst nach und bindet nachweislich CO₂. Ein Kubikmeter Holz bindet bis zu einer Tonne CO₂. Gebäude aus Holz sind also quasi längerfristige Kohlenstoffspeicher. «Holz ist ein idealer Stoff, um ressourcenschonend zu bauen.» Dass dies auch die Baubranche erkannt habe, lasse sich daraus ableiten, dass immer mehr Projekte mit Holz als Hauptbaustoff umgesetzt würden. «Darunter auch Grossprojekte wie Hochhäuser», fügt Haag an. Kein Wunder: Der Gebäudesektor ist laut UNO für rund einen Drittel der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. So kommt es im Zuge der angestrebten Dekarbonisierung der Bauwirtschaft zu einer Renaissance für den Baustoff Holz. Und damit verbunden auch zu neuen Konstruktionslösungen. Eine davon führt auch die Leimholz Haag AG in ihrem Portfolio: die Holz-Beton-Verbundsdecken (HBV).
Nur noch halb so viel Beton
Zugegebenermassen muss man an dieser Stelle festhalten, dass diese alternative Tragekonstruktion bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Damals aufgrund eines Mangels an Bewehrungsstahl, der für den Bau von Betondecken notwendig ist. Als dessen Verfügbarkeit wieder zunahm, verschwanden die HBVs wieder von der Bildfläche. Im Bestreben klimafreundlicher zu bauen, erleben sie heute ein Revival. Konkret werden dabei sogenannte Schubverbinder, circa 50 Zentimeter lange Metallgitter-Elemente, mit den Holzdecken-Platten verleimt. Nach der Montage auf der Baustelle wird der Beton direkt auf die Plattendecken gegossen. «Das Holz dient somit als Schalung für den Betonbau und übernimmt auch gleich die Funktion des Bewehrungsstahls», erläutert Haag den Prozess. Denn Beton kann zwar sehr gut Druckkräfte aufnehmen, doch bei Zugkräften ist er auf die üblicherweise verbauten Stahleinlagen angewiesen, da er bei Zug schnell reisst. Holz hat in dieser Hinsicht ähnliche Eigenschaften wie Stahl. «Mit der Kombination der beiden Materialien kann der Beton-Anteil im Deckenbau halbiert und der Einsatz von Stahl auf ein Minimum beschränkt werden», hält Haag fest. Einziges Problem: Dieses Verfahren geht mit einem grossen Wasserverbrauch für den Flüssigbeton einher. Das ist sowohl schädlich für das Holz, als auch wenig ökologisch, weil zum Trocknen der Konstruktionen viel Energie benötigt wird. Doch Peter Haag hat hierfür bereits eine Lösung in der Hinterhand. «Wir befinden uns mit unserem Deutschen Partner aktuell im Zulassungsverfahren für ein neues System.» Dabei sollen künftig die Betonplatten vorgefertigt und dann in trockenem Zustand im Werk in Steinach mit den Holzelementen verklebt werden.
Nachhaltigkeit gefordert
Die HBV-Plattendecke sind indes «nur» eine der betrieblichen Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit im Bau. Das Unternehmen hat erst letzte Woche sein firmeninternes Nachhaltigkeits-Konzept fertiggestellt. Die treibende Kraft dahinter war Nadja Haag, die im Betrieb für das Marketing zuständig ist. «Ziel des Konzepts ist es, Nachhaltigkeit als zentrales Thema in die gesamte Geschäftstätigkeit zu integrieren», sagt sie. Im Konzept finden sich die gängigen Massnahmen wie die eigene PV-Anlage, der Umstieg auf LED-Leuchten, der Bau der Firmenliegenschaften nach dem Minergie P Standard und der Ersatz von Diesel-Fahrzeugen mit Elektro. Die Leimholz Haag AG geht in vielen Bereichen aber noch weiter. So wird beispielsweise bei Kapitalanlagen nur in Werte investiert, welche die Prinzipien für nachhaltige Investitionen der Vereinten Nationen erfüllen. Das Verpackungsmaterial der angelieferten Produkte wird konsequent weiterverwendet, um die eigenen Waren zu verpacken. Dadurch werden jährlich 9000 Kilogramm Verpackungsmaterial gespart. Und das Unternehmen arbeitet ausschliesslich mit Lieferanten zusammen, welche die Nachhaltigkeitsstandards der Firma teilen.