zum Inhalt springen

·

Zur Artikelübersicht

Zum Geschäftsführer herangewachsen

Nach dem tödlichen Unfall seines Vaters im Jahr 2016 stand Jeremy Kaiser vor einer grossen Entscheidung: Übernimmt er den Familienbetrieb oder gibt er diesen auf? Er erzählt, welche Herausforderungen mit diesem Entscheid auf ihn warteten.

Manuela Müller

Vor neun Jahren wurde Ihr Leben auf den Kopf gestellt: Sie verloren Ihren Vater vom einen Tag auf den anderen und mussten in der Folge sein Geschäft übernehmen. Wie kamen Sie mit dieser Situation zurecht?

Jeremy Kaiser: Ich war nicht alleine, meine zwei Schwestern und ich haben uns gegenseitig – wo es ging – unterstützt und zusammen die Situation gemeistert.

Wollten Sie denn überhaupt das Geschäft Ihres Vaters übernehmen?

Nein, ich war damals 26 Jahre alt und wollte eigentlich nie selbstständig werden. Aufgrund von Differenzen mit meinem ehemaligen Chef habe ich es dann doch probiert. Am Anfang war es natürlich ein Sprung ins kalte Wasser. Ich habe jedoch Jahr für Jahr dazugelernt und damit wurden auch die Arbeitsabläufe im Betrieb immer besser.

Hätte auch eine Ihrer Schwestern den Betrieb übernehmen können?

Ich habe mein ganzes Berufsleben im Gartenbau verbracht und auch verschiedene Weiterbildungen absolviert. Da ich schon die Lehre im Betrieb meines Vaters gemacht habe, war es naheliegend, dass ich die Leitung übernehme. Wir führen das Geschäft heute gemeinsam als Aktiengesellschaft. Meine beiden Schwestern sind ebenfalls beteiligt: Eine arbeitet aktiv im Betrieb mit und verantwortet Administration, Löhne und Buchhaltung, die andere ist zwar beteiligt, aber nicht operativ tätig.

«Wir wollten den Familienbetrieb am Leben erhalten»
Jeremy Kaiser

«Kaiser Gartenbau» ist über 100 Jahre alt – gab es während der Übernahme den Gedanken daran aufzuhören?

Die Zeit war schwierig, aber diesen Gedanken hat es nie gegeben. Wir wollten den Familienbetrieb am Leben erhalten und somit auch unseren Vater stolz machen. Der Zusammenhalt mit meinen Schwestern gab mir viel Kraft.

Mit welchen Herausforderungen waren Sie bei der Übernahme konfrontiert?

Ich musste lernen, dass es einfach Zeit braucht, um den Betrieb dorthin zu führen, wo wir ihn gerne hätten. Zudem benötigt es Durchhaltevermögen und Energie. Was sich sicher auch als grosse Schwierigkeit erwiesen hat, ist, dass die Kunden 90 oder sogar 95 Jahre lang die gleiche Dienstleistung erhalten haben. Dann etwas zu ändern, gestaltete sich relativ schwierig. Ausserdem stand der Betrieb nach dem Tod meines Vaters 2016 zwei Jahre lang still, bevor wir mit dem Wiederaufbau begonnen haben. In der Zwischenzeit hatten sich viele einen neuen Gärtner gesucht. 2018 mussten wir also den Kundenstamm wieder aufbauen. Wenn du dann aber auf dem richtigen Weg bist, ist es eine dankbare Sache.

Was haben Sie denn geändert?

Früher führten wir an der St. Gallerstrasse eine Produktionsgärtnerei. Heute konzentrieren wir uns ganz auf den Garten- und Landschaftsbau. Dabei arbeiten wir bewusst nachhaltig und naturnah und gestalten Gärten, die ökologisch wertvoll und zugleich für Menschen erholsam sind.

Ihre Mitarbeiter haben alle bei diesen Veränderungen mitgemacht?

Naja, am Schluss hatte mein Vater noch zwei Mitarbeitende, wovon eine bis heute noch bei mir angestellt ist. Alle anderen kamen erst nach der Übernahme zu unserem Team hinzu.

Mit 26 Jahren übernahm Jeremy Kaiser den Betrieb seines Vaters: Die Kaiser Garten- und Landschaftsbau AG in Arbon.
Mit 26 Jahren übernahm Jeremy Kaiser den Betrieb seines Vaters: Die Kaiser Garten- und Landschaftsbau AG in Arbon.
© z.V.g.

Nach der Umstellung im Betrieb folgte die nächste Hürde. Sie haben das Grundstück an der St.Gallerstrasse im Herbst 2022 verkauft und suchen seither einen neuen Standort.

Nicht mehr. Wir sind mittlerweile im Morgental in Steinach fündig geworden.

Sie ziehen mit dem Betrieb von Arbon weg?

Uns war es immer wichtig, in der Region zu bleiben. Der neue Standort in Steinach, den wir nach ungefähr drei Jahren Suche und 20 Besichtigungen fanden, liegt nur einen Steinwurf von der Arboner Grenze entfernt. Für den Umzug ausschlaggebend waren die passende Infrastruktur und die nötige Fläche – die Verbundenheit zu Arbon bleibt aber bestehen.

Damit schlagen Sie ein neues Kapitel in der Firmengeschichte auf. Was bedeutet das für Sie?

Wir lassen alte Strukturen, die uns im Weg standen, hinter uns und starten mit unserer Philosophie neu. Damit gehen wir mit dem Betrieb in die Richtung, die wir uns vorgestellt haben.

Dieser Beitrag ist in der Wirtschaftsbeilage 2025 erschienen.

Anzeigen