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Arbons Einstieg in die Bodenpolitik

Es war der ausdrückliche Wunsch von Kurt Strauss, dass sein Grundstück an der Romanshornerstrasse dereinst an die Stadt übergeht. Damit diesem Wunsch entsprochen werden kann, braucht es am 18. Mai das Ja der Arboner Stimmbevölkerung zum Kauf. Dieser würde der Stadt ein Filetstück für künftige Entwicklungen sichern.

Kim Berenice Geser

Knapp fünf Fussballfelder ist sie gross, die Strausswiese entlang der Romanshornerstrasse in Arbon. Ganz genau sind es 34 550 Quadratmeter noch kaum bebautes Land, das mit der Zonenplanrevision, die voraussichtlich dieses Jahr in Kraft treten soll, von einer Landwirtschaftszone in eine Wohnzone hoher Baudichte mit Gestaltungsplanpflicht umgezont würde. Unter Berücksichtigung der vorgesehenen Umzonung schätzt die TKB den künftigen Landwert auf 23,69 Mio. Franken. Die Stadt Arbon könnte die Strausswiese indes für 19,5 Mio. Franken erwerben. Vorausgesetzt, die Stimmbevölkerung legitimiert den Kauf mit einem Ja an der Urne. Hinter diesem Deal steht der Wunsch des inzwischen verstorbenen Kurt Strauss, das Land der Stadt und nicht einem privaten Investor vermachen zu wollen. Weshalb er im Juli 2023 einen Vor-Kaufvertrag mit der Stadt abschloss und diesen im Grundbuchamt eintragen liess.

Das sind die Parolen der Arboner Parteien

Bei Redaktionsschluss am Dienstag, 29. April, um 12 Uhr lagen folgende Parolen vor:

Totalrevision Gemeindeordnung
Für die neue Arboner Gemeindeordnung sprechen sich folgende Parteien aus: Die Mitte (einstimmig), die FDP (mit grosser Mehrheit), und die Grünen. Dagegen sind die SVP (einstimmig) und die BFA. Die EVP gibt Stimmfreigabe.

Kauf Strausswiese
Für den Kauf der Strausswiese sprechen sich Die Mitte (einstimmig), die FDP (mit grosser Mehrheit), die EVP und die Grünen aus. Gegen den Kauf sind die BFA und eine Mehrheit der SVP. Im Parlament hat die Fraktion noch für den Kauf votiert.

Die Entwicklung mitbestimmen

Stadtpräsident René Walther hält fest: «Dieses zentral gelegene Grundstück ist für die zukünftige Entwicklung unserer Stadt von grosser Bedeutung.» Durch den Kauf der Parzelle sichere sich die Stadt Arbon die Möglichkeit, an optimaler Lage wichtige städtebauliche Projekte zu realisieren. Denn als Grundeigentümerin habe sie andere Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Entwicklung des Areals, als wenn sie nur über das Mittel des Gestaltungsplans mitwirken könne. Dies sieht auch eine Mehrheit des Parlaments so: Mit 25 Ja-Stimmen gegen 2 Nein-Stimmen wird der Kauf gutgeheissen. Hinter der Vorlage stehen denn auch alle Arboner Parteien mit Ausnahme der BFA und einer Mehrheit der SVP. Sie lehnen es ab, dass die Stadt mit dem Kauf aktive Bodenpolitik betreiben würde. Welche Vorteile aus einer solchen erwachsen können, erörterte derweil der ehemalige Stadtpräsident von Biel, Erich Fehr, letzte Woche im Zuge des neuen SP-Formats «Stadtgespräch». Laut Fehr ist aktive Bodenpolitik die Grundlage für eine aktive Stadtentwicklung: «Es gibt kein wichtigeres und besseres Instrument.» Biel gehört diesbezüglich zu den Schweizer Vorreitern, die Stadt besitzt 30 Prozent ihres Gemeindegebietes. Dies hat es ihr ermöglicht, diverse Projekte zeitnah anzustossen, massgeblich mitzubestimmen und die Siedlungsentwicklung gezielt zum Vorteil der Gemeinde zu steuern. Ausserdem, so Fehr, bringe das Baurecht wiederkehrende Zinserträge und die Gemeinde behalte langfristig die Verfügungsgewalt über den nicht vermehrbaren Produktionsfaktor Boden. Dabei dürfe es der Gemeinde aber nie um eine Gewinnmaximierung gehen, aktive Bodenpolitik sei stets auf Langfristigkeit und Berechenbarkeit auszulegen. Wie René Walther an derselben Veranstaltung ausführte, erlange die Stadt durch den Kauf der Strausswiese als Planungsträger die Möglichkeit, vorzugeben, wie und in welcher Zusammenstellung das Areal künftig genutzt werden soll; die Wirtschaftlichkeit der Stadt verbessere sich mit den Baurechtszinsen und Langsamverkehrskonzepte könnten umgesetzt werden. Was die Stadt allerdings nicht tun werde, sei das Land selbst zu bebauen und zu vermarkten. Für die Planung sollen nebst den städtischen Abteilungen auch externe Fachkräfte hinzugezogen werden.

Eine unverbindliche Vision

Was dereinst auf der Strausswiese entstehen soll, ist noch nicht definiert. Angestrebt wird auf jeden Fall eine gemischte Nutzung aus Wohn- und Gewerbefläche. Neuer Schulraum wäre ebenso möglich wie die Einführung eines Energieverbundes. Im Zuge der Gestaltung eines Richtplans sollen die Behörden, die politischen Akteure, die Schulgemeinden und die Bevölkerung miteinbezogen werden. Zwei, die diesen Prozess kaum abwarten können, sind Damian Aepli und Kevin Fitzi von «Fitzi Architektur», einem in der Region tätigen Architekturbüro. «Wir diskutieren immer wieder über Chancen, Problemfelder und darüber, was in Arbon möglich wäre, wenn man einmal das Baugesetz, Eigentümerverhältnisse und andere kreative Bremsen beiseite schiebt», sagt Fitzi. So entstand aus einem Feierabendbier eine kleine städtebauliche Studie zur Strausswiese (siehe Bilder unten). Sie erzählt die Geschichte von einem autofreien Quartier mit viel Natur und Aufenthaltsraum; einem generationenübergreifenden Konzept, das sowohl für Familien als auch ältere Menschen Wohnraum bietet, sowie Flächen für Gewerbe und Schule. Die Autos verschwinden unter den Boden und eine Brücke über die Gleise verbindet das Quartier mit dem See. Fitzi betont, diese Ideen seien in keinem Auftrag entstanden und hätten absolut keine Verbindlichkeit. Sie seien als Vision und kreative Inputs gedacht. Inputs, die sich das Pro-Komitee zunutze macht, indem es die Visualisierungen für ihre Plakate verwendet.

Der Ist-Zustand der Strausswiese

Die Vision von Damian Aepli und Kevin Fitzi

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