zum Inhalt springen

·

Zur Artikelübersicht

Je naturnaher umso günstiger

Vor 150 Jahren wurde in den natürlichen Verlauf der Steinach eingegriffen. Mit gravierenden Folgen für die Ökologie und den Hochwasserschutz, wie sich heute herausstellt. Nun soll der Bach wieder in eine natürlichere Form zurückgeführt werden.

Kim Berenice Geser

«Ein Generationenprojekt» nennt Gemeindepräsident Michael Aebisegger die Sanierung der Steinach. Diesen Mittwoch präsentierte er gemeinsam mit den zuständigen Fachkräften in einem gut besuchten Gemeindesaal zum ersten Mal einen Entwurf des Auflageprojekts «Bachsanierung Steinach» – zusammen mit einem ambitionierten Zeitplan. Offensichtlich will man die Fehler aus der Vergangenheit bei diesem Mammutprojekt vermeiden. Immer wieder wird im Laufe des Abends betont, dass es das erklärte Ziel sei, ein bewilligungsfähiges Projekt auszuarbeiten, dass auch im Falle einer Anfechtung vor Gericht standhalten würde. Deshalb soll die Bevölkerung frühzeitig informiert, abgeholt und einbezogen werden. Tatsächlich kann nämlich bei der Bachsanierung von verschiedenen Seiten mit Widerstand und Einwänden gerechnet werden. Denn diese hat nicht nur Auswirkungen auf verschiedene Anstösser und Inhaber der Familiengärten. Sie wird auch zu einem grossen Teil von Bund und Kanton mitfinanziert und ruft überdies weitere Interessensgruppen auf den Plan. So haben sich beispielsweise die Umweltverbände bereits aus der Diskussion in der Begleitgruppe zurückgezogen, weil ihnen die Sanierungsmassnahmen zu wenig weit gehen.

Der Kampf Natur vs. Kultur

Die Sanierung der Steinach ist indes unbestritten. Der Verlauf des Baches wurde ursprünglich vor 150 Jahren aus dem Dorf in die Landwirtschaftszone verlegt, um den Hochwasserschutz zu gewährleisten. In den letzten 60 Jahren entwickelte sich das Siedlungsgebiet Steinachs jedoch so, dass inzwischen stellenweise beidseitig des Baches gewohnt oder gearbeitet wird. Die Folgen sind klar und vielen Einwohnern mit den Hochwassern von 2011 und 2018 auch noch in bester Erinnerung.

Die Sanierung der Steinach betrifft den gesamten Bachverlauf von der Seemündung bis zum Gallussteg im Wald oberhalb von Steinach. Das Delta in der Mündung zum Bodensee soll jedoch weitestgehend unberührt bleiben.
Die Sanierung der Steinach betrifft den gesamten Bachverlauf von der Seemündung bis zum Gallussteg im Wald oberhalb von Steinach. Das Delta in der Mündung zum Bodensee soll jedoch weitestgehend unberührt bleiben.
© Laura Gansner

Hinzu kommt, dass das künstliche Bachbett die Lebensbedingungen für diverse Tierarten – allen voran der Seeforelle – enorm erschweren (siehe auch «Tote Fische in der Steinach keine Ausnahme»). «Was bisher gemacht wurde, hat weder dem Hochwasserschutz noch der Gewässerökologie genützt», fasst Michael Aebisegger zusammen. Ziel sei es nun, mit dem geplanten Bauprojekt beides zu verbessern, immer unter der Prämisse, möglichst wenig Kulturland zu beanspruchen. Ein Interessenskonflikt, der zu lösen für die Gemeinde eine Herausforderung sein wird.

Schatten für die Fische

Zu den drei Hauptmassnahmen der Sanierung gehören die Verbreiterung des Gerinnes, der Neubau der SBB-Brücke und das Anbringen eines Schwemmholz-Rückhalts im Abschnitt Gallussteg bis Obersteinach. Die Gerinnebreite auf dem ganzen Sanierungsabschnitt soll verdoppelt und renaturiert werden. Das breitere Flussbett ist darauf ausgelegt, bis zu einem 100-jährigen Hochwasser auffangen zu können. Die SBB-Brücke, welche aktuell bei Hochwasser ein gefährliches Nadelöhr darstellt, soll durch eine breitere Konstruktion ersetzt und das Ufer unterhalb der Brücke beidseitig erhöht werden. Erste Gespräche mit der SBB bezüglich des Neubaus laufen bereits, informiert Aebisegger. Auch die Schuppis- und die Aachbrücke werden ersetzt. Die bisherigen Wegnetze bleiben bestehen. Die für Fische unpassierbaren Schwellen werden durch naturnahe Rampen ersetzt und die Uferabschnitte mit Bepflanzungen beschattet.

Ein sportlicher Zeitplan

Die Kosten für die Sanierung sind noch nicht bekannt. Im Vorprojekt war von einer Summe von 17,4 Mio. Franken die Rede. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich Bund und Kanton mit rund 60 Prozent daran beteiligen. Wie die Fachleute erklären, werde das Projekt günstiger, je naturnaher gebaut werde. In einem nächsten Schritt startet Mitte April das Mitwirkungsverfahren für die Bevölkerung. Im Juni soll das Projekt zur Vorprüfung dem Kanton vorgelegt werden. Die kommunale Abstimmung über den Baukredit ist derzeit auf Februar 2024 angesetzt, die Auflage des Bauprojekts auf Herbst 2024.

Anzeigen