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Badi unter dem Sparhammer

Steinach muss den Gürtel enger schnallen. Unter dieser Devise prüft der Gemeinderat aktuell diverse Sparmassnahmen. Eine davon könnte Bademeisterin Carol Elser den Job kosten. In der Bevölkerung regt sich Widerstand.

Kim Berenice Geser

Carol Elser ist die gute Seele des Steinacher Seebades. Seit sechs Jahren führt die Bademeisterin den Betrieb mit konsequenter Hand, Herzlichkeit und viel Leidenschaft. Fragt man sie nach ihren täglichen Aufgaben lacht sie und meint: «Ich bin Mädchen für alles.» Hört man sich in Steinach um, bestätigt so mancher diese Aussage. Elser ist Hausabwartin, Rettungsschwimmerin und Sozialpädagogin in Personalunion. Sie hält die Badi in Schuss, weiss, dass der Rasen keine Salatsauce verträgt und die aufblasbare Wippe im See einmal pro Woche zum Pumpen an Land muss – «das Gewebe ist nicht ganz dicht». Sie hält ein wachsames Auge auf die Badenden, erklärt auswärtigen Gästen den Zahlautomat und hat immer ein offenes Ohr für die Besuchenden. «Wenn man einmal erzählen darf, was einen beschäftigt, wird der Rucksack leichter», sagt sie dazu. Es ist unverkennbar: Dieses Engagement ist ihr eine Herzensangelegenheit. Dass es jetzt auf der Kippe steht, ist für Elser umso schwerer. «Ich würde nächste Saison gerne zurückkommen», hält sie fest. Ob sie es kann, ist aktuell noch offen. Der Steinacher Gemeinderat hat im Badi-Betrieb eine mögliche Sparmassnahme eruiert, womit unter anderem die Stelle der Bademeisterin auf dem Prüfstand steht. Für viele Steinacherinnen und Steinacher ein Unding.

350 Unterschriften in einer Woche

«Als wir von den Plänen erfuhren, haben wir uns mit einem offenen Brief an den Gemeinderat gewandt», sagt Barbara Müller. Mit «wir» meint sie eine Gruppe gleichgesinnter Badegäste, die nicht verstehen können, warum die Gemeinde in ihrer «Sparhysterie», wie es Müller nennt, ausgerechnet bei der Badi ansetzen will. «Dem müssen wir Einhalt gebieten.» Weshalb die Gruppe sogleich eine Unterschriftensammlung zum Erhalt von Elsers Stelle lancierte. In nur einer Woche kamen über 350 Unterschriften zusammen und es werden wohl noch mehr, die Frist läuft noch bis Ende Monat. Dann nämlich findet die Klausurtagung des Gemeinderates statt, an der er über die potenziellen Sparmassnahmen befinden will.

Die Bademeisterin bei einer Kontrollfahrt auf dem See.
Die Bademeisterin bei einer Kontrollfahrt auf dem See.
© z.V.g.

«Carol ist beliebt. Sie ist konsequent, macht ihre Arbeit sauber und korrekt und kann es mit allen», sagt Müller und fügt an: «Wir hatten in Steinach schon viele Bademeister, aber nach jemandem wie Carol muss man lange suchen.» Wobei es ihnen längst nicht nur darum gehe, die Stelle aus Sympathie für die Person zu erhalten. «Das Seebad Steinach ist weit herum bekannt und sein guter Ruf trägt zum positiven Image der Gemeinde bei», betont Müller. Die Unterzeichnenden befürchten eine massive Verschlechterung, sollte die Badi künftig ohne Aufsicht geführt werden. Darunter fallen der Verlust der sauberen sanitären Anlagen und die tägliche Komplettreinigung der Badi. Was nicht zuletzt für Familien mit kleinen Kindern von Nachteil wäre, denn darunter fällt auch die tägliche Reinemache des Kinderbades, welche unabdingbar ist, da dieses mit Seewasser ergo ohne Chemikalien betrieben wird. «Die Infrastruktur, in die wir in den letzten Jahren auch investiert haben, muss gepflegt werden», konstatiert Müller. Dasselbe gälte für die familiäre, ruhige Atmosphäre im Seebad. Diese dürfte ohne permanente Präsenz einer Badeaufsicht der Vergangenheit angehören, fürchten die Initianten. Ganz zu schweigen von der Sicherheit. Es könne nicht im Sinne der Gemeinde sein, auf Kosten der Unfallprävention und Sicherheit zu sparen.

Wenn es euch das wert ist

Gemeindepräsident Michael Aebisegger versteht diese Befürchtungen. Und er räumt ein: «Wir müssen in unseren Überlegungen berücksichtigen, dass eventuell Abstriche beim Unterhalt nötig sind.» Auf die Frage, ob der verhältnismässig geringe Betrag von rund 95’000 Franken, der mit einer unbeaufsichtigten Badi jährlich eingespart werden könnten, diese und weitere Abstriche tatsächlich wert seien, antwortet er, dies gälte es zu prüfen. Die finanzielle Lage der Gemeinde sei nach wie vor angespannt. «Wir haben eine Verschuldung von über 30 Millionen Franken und nach der Fertigstellung der Turnhalle und Abschluss der Bachsanierung wird diese noch weiter ansteigen.» Jeder, der an der letzten Gemeindeversammlung anwesend war, wisse, dass der Gemeinderat angehalten wurde, das Sparpotenzial zu prüfen. «Es geht nicht primär darum, Stellen zu streichen, sondern zu überlegen, wo wir sparen oder Mehrerträge generieren können.» Entschieden sei in dieser Sache noch nichts, zumal die Stimmbevölkerung an der Budgetversammlung ohnehin das letzte Wort habe. «Und natürlich werden auch die gesammelten Unterschriften in die Überlegungen unsererseits einfliessen.» Schliesslich sei es gut zu wissen, dass die Badi ein Bedürfnis und der Bevölkerung wert sei, dieses Geld auszugeben.

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