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Entwicklung bringt mehr

SVP und BFA fordern eine Steuersenkung von zwei Prozent. Geschlossen gegen diese Forderung stellen sich die übrigen sechs Arboner Parteien. Sie warnen vor einem Schnellschuss und werfen den Gegnern Augenwischerei vor.

Kim Berenice Geser

«Wir sind alle froh, dass es der Stadt heute besser geht als früher. Dass wir trotzdem gegen eine Steuerfuss-Senkung sind, ist deshalb nicht ganz leicht zu erklären.» So lauten die einleitenden Worte von Mischa Vonlanthen (Die Mitte). Gemeinsam mit den weiteren Vertretenden des Pro-Komitees setzt er sich für die Annahme des Budgets 2026 ein – einem Budget, das mit einem gleichbleibenden Steuerfuss von 72 Prozent rechnet. Für das Komitee – bestehend aus den Parteien Die Mitte, SP, Grüne, FDP (mit Ausnahme von Riquet Heller, der sich dem Nein-Komitee angeschlossen hat), XMV und EVP – ist dieser Steuerfuss ein Schlüssel für die Weiterentwicklung der Stadt.

Mit Eigenkapital wird nichts gekauft

«In Arbon stehen wichtige Investitionen an und die kommenden Rechnungen werden aufgrund dessen und aufgrund struktureller und konjunktureller Ereignisse stark belastet», hält Vonlanthen fest. Er kennt den städtischen Finanzhaushalt besser, als kaum ein anderer Parlamentarier, war er doch jahrelang Finanzchef der Stadt Arbon. Die Ereignisse, von denen er spricht: der Wegfall der Liegenschaftensteuer ab 2029 von über einer Million Franken, die Erhöhung der individuellen Prämienverbilligung, die Sparbemühungen des Kantons. «Aufgrund dieser Effekte ist eine Steuerfuss-Senkung nicht nachhaltig», warnt er. Viel mehr drohten dadurch in den nächsten sieben Jahren deutlich schlechtere Rechnungsergebnisse. Denn auch ohne Steuersenkung werde Arbon gemäss Finanzplan spätestens ab 2030 statt einem Nettovermögen pro Einwohner eine Nettoschuld ausweisen.

Myrta Lehmann, Gerri Hagspiel, Cornelia Wetzel, Christine Schuhwerk, Mischa Vonlanthen und Jakob Auer (v.l.) sehen in einem Nein zum Budget 2026 einen Rückschritt und die Untergrabung der parlamentarischen Prozesse.
Myrta Lehmann, Gerri Hagspiel, Cornelia Wetzel, Christine Schuhwerk, Mischa Vonlanthen und Jakob Auer (v.l.) sehen in einem Nein zum Budget 2026 einen Rückschritt und die Untergrabung der parlamentarischen Prozesse.
© Kim Berenice Geser

Die Gegner argumentieren diesbezüglich, dass es sich um Panikmache handle und das Eigenkapital der Stadt (derzeit rund 75 Mio. Franken) eine Steuersenkung ohne grössere Auswirkungen zulasse. Darin sieht das Komitee eine irreführende Aussage. «Mit dem Eigenkapital kann sich eine Gemeinde nichts kaufen», stellt Vonlanthen klar. «Das Eigenkapital ist vor allem auch Vermögen, zum Beispiel in Form von Grundstücken, Liegenschaften, Strassen, etc. Damit werden keine Projekte bezahlt.» Um den laufenden Unterhalt und die anstehenden Investitionen tätigen zu können, brauche die Stadt Liquidität. «Das hat auch bei einem hohen Eigenkapital zur Folge, dass bei grossen Projekten Kredite aufgenommen werden müssen.» Wodurch wiederum die Verschuldung steigt. Diese liegt in Arbon derzeit bei 40 Mio. Franken und konnte in den letzten Jahren nur aus einem Grund abgebaut werden: Weil nicht investiert wurde. Genau das soll sich in Zukunft ändern.

Wenn senken, dann richtig

In den nächsten vier Jahren sind notwendige Investitionen in Höhe von über 60 Mio. Franken vorgesehen. Diese Investitionen sieht das Komitee bei einer Steuersenkung gefährdet. «Wir sehen ja aktuell beim Kanton, welche Auswirkungen eine kurzsichtige Steuersenkung hat», konstatiert Gerri Hagspiel (Die Mitte). Projekte würden gestoppt, Sparmassnahmen ausgebaut. Jakob Auer (SP) ergänzt: «Wir haben heute einen soliden Finanzplan, der klar aufzeigt, was ansteht und wie viel es uns kosten wird.» Darin enthalten sind auch die liegen gebliebenen Projekte der letzten Jahre. «Und ja, hätten wir keinen Investitionsstau, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, die Steuern zu senken», fügt Vonlanthen an. Die Realität sehe indes anders aus. Cornelia Wetzel (Grüne) fährt fort: «Zwei Prozent weniger Steuern sind für den einzelnen Bürger kaum spürbar. Damit werden wir nicht attraktiver. Mit den Projekten, die jetzt in der Pipeline sind schon.» Dazu gehören unter anderem die Aufwertung der Altstadt, die Sanierung des Sportplatzes Stacherholz und des Seeufers sowie diverse Strassensanierungen. «Diese Projekte bringen uns viel mehr als die Steuersenkung», votiert Christine Schuhwerk (FDP). «Wir befinden uns in einer starken Entwicklungs-Phase», fasst Myrta Lehmann (Die Mitte) zusammen. Der richtige Zeitpunkt für eine Steuersenkung sei deshalb noch nicht gekommen. «Sobald es der Finanzplan zulässt, sind aber auch wir dafür und dann richtig mit vier bis fünf Prozent, damit es für den Einzelnen auch einschenkt.»

Mini-Serie zum Budget 2026

Dieser Text ist der zweite Beitrag zur Berichterstattung im Vorfeld der Abstimmung vom 30. November. Letzte Woche äusserte sich das Nein-Komitee bestehend aus der SVP und Riquet Heller (FDP) zur Debatte. Am 14. November folgt zum Abschluss ein Interview mit Stadtpräsident René Walther.

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